Nach der knappen Niederlage von Rafał Trzaskowski in der zweiten Runde der Präsidentschaftswahlen hat der polnische Premierminister Donald Tusk am Montagabend eine Fernsehansprache gehalten. Er gratulierte dem Wahlsieger Karol Nawrocki und kündigte gleichzeitig an, dass er in den kommenden Tagen im Parlament eine Vertrauensfrage für seine Regierung stellt. Dies soll als Test für die Geschlossenheit der Regierungskoalition dienen.
Tusk reagiert auf das Ergebnis der Präsidentschaftswahlen in Polen
Die Niederlage von Rafał Trzaskowski – Kandidat der von Tusk geführten Bürgerkoalition (Koalicja Obywatelska) – fiel knapp aus. Trzaskowski erhielt 49,11 Prozent der Stimmen, während Nawrocki, der von der konservativen Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS) unterstützt wurde, 50,89 Prozent erreichte.
„Wir werden mit dem neuen Präsidenten dort zusammenarbeiten, wo es notwendig und möglich ist“, sagte Tusk in der Fernsehansprache. Zugleich betonte er, dass sein Kabinett nicht vorhabe, sich zurückzuziehen, sondern entschlossen weiterregieren werde.
Vertrauensvotum als Signal der Stabilität
Donald Tusk kündigte an, dass er sich bald an das polnische Parlament wendet, um das Vertrauen für sein Kabinett offiziell bestätigen zu lassen. „Es wird ein Test für die Einheit und den Mut der sog. Koalition vom 15. Oktober“, erklärte er (Koalicja 15 października – Koalition vom 15. Oktober ist eube Anspielung auf das Datum der letzten Parlamentswahl).
Laut der polnischen Verfassung kann ein Premierminister jederzeit ein solches Vertrauensvotum beantragen. Kommt keine Mehrheit zustande, muss der Premier seinen Rücktritt beim Präsidenten einreichen.
„Wir müssen zeigen – auch unseren Gegnern im In- und Ausland –, dass wir bereit für diese Situation sind, dass wir den Ernst der Lage verstehen, aber nicht im Geringsten zurückweichen werden“, so Donald Tusk.
Politische Agenda und Zusammenarbeit mit dem Präsidenten
Der Premier kündigte an, dass seine Regierung wichtige Reformprojekte weiter vorantreibt – auch unter einem Präsidenten, der das möglicherweise kritisch sieht. „Wir haben Erfahrung damit”, so der Ministerpräsident in Bezug auf die Zusammenarbeit mit dem noch amtierenden Präsidenten Andrzej Duda.
Zu den politischen Prioritäten zählen laut Tusk:
- Stärkung der nationalen Sicherheit
- Ausbau der Streitkräfte
- Repolonisierung der Industrie
- soziale Sicherheit und staatliche Dienstleistungen
- Bekämpfung der Kriminalität und Abrechnung mit Korruption
Ministerpräsident gratulierte Nawrocki
Tusk nutzte die Gelegenheit, um Karol Nawrocki zum Wahlsieg zu gratulieren und den Wählerinnen und Wählern für ihre hohe Beteiligung zu danken. „Mehr als 20 Millionen Bürgerinnen und Bürger haben ihre Stimme abgegeben – ein starkes Zeichen für die Demokratie“, sagte er.
Seinem unterlegenen Kandidaten Rafał Trzaskowski dankte er ausdrücklich für „Entschlossenheit und Kampf bis zur letzten Stimme“.
Präsidentschaftswahl in Polen – offizielles Ergebnis
In der zweiten Runde der Präsidentschaftswahl 2025 erreichte Karol Nawrocki 10.606.628 Stimmen (50,89 %), Rafał Trzaskowski 10.237.177 Stimmen (49,11 %). Die Differenz von rund 370.000 Stimmen war die geringste in der Geschichte polnischer Präsidentschaftswahlen.
Die Wahlbeteiligung lag bei rekordverdächtigen 71,63 %.
Foto: Flickr / KPRM
[…] Ein Premierminister kann dem Sejm jederzeit einen Antrag auf ein Vertrauensvotum für den Ministerra…. Es genügt die einfache Mehrheit bei Anwesenheit von mindestens der Hälfte der gesetzlich vorgesehenen Abgeordneten. Wird das Vertrauen nicht ausgesprochen, ist der Premier verpflichtet, dem Präsidenten seinen Rücktritt anzubieten. […]