Die Ausstellung „Rubens in Schlesien“ kann bis zum 30. November 2025 in Breslau/Wrocław besichtigt werden. Zum ersten Mal in der Geschichte wird die Faszination für die Kunst des genialen Peter Paul Rubens auf dem historischen Gebiet Schlesiens thematisiert.
Etwa 200 Exponate werden präsentiert, darunter erstmals in Polen gezeigte Zeichnungen von Michael Willmann sowie Rubens-Grafiken aus der ehemaligen Breslauer Sammlungen. Für die Ausstellung wurden Werke Rubens und seiner Werkstatt aus polnischen und internationalen Sammlungen zusammengetragen.
Die ersten schlesischen Kontakte mit Rubens
Bereits zu Lebzeiten Rubens begann das schlesische Interesse an seinem Werk. Der Breslauer Maler Johann Lichtenstein besuchte im Jahr 1636 während einer Europa-Reise Rubens’ Werkstatt in Antwerpen, setzte sich mit dessen Malerei auseinander und kehrte anschließend nach Breslau/Wrocław zurück.
Schon Anfang 1635 hatten zwei weitere Mitglieder der Breslauer Malergilde – Martin Fest und Georg Scholtz der Ältere – denselben Weg eingeschlagen. Ihr Kontakt mit Rubens bezog sich zwar nicht direkt auf die künstlerische Zusammenarbeit, jedoch versuchten sie gemeinsam, ein Dokument über den aus Breslau/Wrocław stammenden Maler Balthasar (Balzer) Steinmann zu erhalten, der um 1625 in Antwerpen verstarb. Rubens selbst bestätigte mit seiner Unterschrift gegenüber den Schöffen von Antwerpen den Tod dieses ihm bekannten Malers.

Schlesische Rubens-Verehrer im 17. und 18. Jahrhundert
Ein weiterer schlesischer Künstler, Ezechiel Paritius (1622–1671), sammelte Werke Rubens’, während der herausragende Architekt und leidenschaftliche Kunstsammler Albrecht von Sebisch (1610–1688) sich als besonderer Bewunderer Rubens’ hervortat.
Im 18. Jahrhundert fanden sich in fast allen bedeutenden Privatsammlungen Schlesiens Werke, die als Arbeiten Rubens galten. Zwar handelte es sich oft eher um Ausdruck sammlerischer Träume als um gesicherte Originale, doch die Tatsache, dass die Besitzer diese Werke stolz präsentierten, zeigt die hohe Wertschätzung des Künstlers, wie der Ausstellungskurator Dr. habil. Piotr Oszczanowski, Direktor des Nationalmuseums in Breslau, betont.
Jahre der Forschung – die Entstehung der Ausstellung
Der Ausstellung gingen jahrelange Forschungsarbeiten und intensive Recherchen der Kuratoren in Archiven, Quellen und vor Ort voraus. Die Untersuchungen zeigten, dass sich auf schlesischem Boden eine große Zahl von Kunstwerken und kunsthandwerklichen Objekten mit Bezug zu Rubens befand. Von einem Originalgemälde in Besitz der gräflichen Familie von Kospoth bis hin zu Zeichnungen und Kupferstichen aus Rubens’ Schule in Antwerpen, zu Kopien und Nachahmungen in staatlichen, kirchlichen und privaten Sammlungen sowie zu Textilien, Kelchen und Prunkgefäßen.
Höhepunkte der Ausstellung
Zu den wertvollsten Exponaten zählen Gemälde Rubens’ und seiner Werkstatt, Zeichnungen aus Albrecht von Sebischs Sammlung, erstmals in Polen präsentierte Werke von Michael Willmann aus dem Museum der Schönen Künste in Budapest sowie zahlreiche Rubens-Grafiken, die einst zu Breslauer Sammlungen gehörten und nach 1945 nach Krakau / Kraków und Warschau / Warszawa gelangten.

Schlesische Künstler im Schatten Rubens’
Lokale Künstler wie der Kupferstecher David Tscherning oder die Maler Martin Lauterbach und Georg Lichtenfels der Ältere adaptierten Rubens’ Vorlagen bereits im 17. Jahrhundert. Auch Werke von Michael Willmann, dem wohl klügsten schlesischen Nachfolger Rubens’, wurden in die Ausstellung aufgenommen.
Neue Entdeckungen und restaurierte Werke
Während der Vorbereitungen entdeckten Fachleute neue Fakten. Bei der Restaurierung des Gemäldes „Vision des hl. Aloysius“ aus der Kirche St. Anna in Gleiwitz-Laband / Gliwice-Łabędy kam die Signatur von P. H. Franck ans Licht, einem Künstler aus Rubens’ Werkstatt, tätig um 1650.
Neuzugänge für das Nationalmuseum
Die Ausstellung bot auch Gelegenheit zum Ankauf neuer Werke für die Sammlung des Nationalmuseums. So gelangten zwei von Rubens selbst geschaffene Druckplatten – eine Seltenheit – in den Besitz des Museums: „Alte Frau mit Kerze und Jüngling“ sowie „Krönung der hl. Katharina“.
Das Erbe schlesischer Kunstsammlungen
Ein weiterer Fokus liegt auf der komplexen Geschichte der schlesischen Kunstsammlungen. Die Besucher erfahren etwa vom Schicksal des Schlosses Brzezinka bei Oels / Oleśnica, das heute nur noch als Ruine existiert. Vor dem Zweiten Weltkrieg gehörte es der Familie von Kospoth, deren Sammlung auch Rubens’ „Heilige Familie mit Taube“ umfasste. Eine Reproduktion dieses Werkes – heute im County Museum of Art in Los Angeles – ziert das Werbematerial zur Ausstellung.
Das bedeutendste Werk aus Brzezinka, ein barockes Deckenbild mit Apollo und den Musen von Johann Franz de Backer – ein Künstler aus Antwerpen und großer Rubens-Verehrer – wurde nach dem Krieg gerettet und gelangte in sehr schlechtem Zustand in die Sammlung des Nationalmuseums, wo es bald restauriert und öffentlich gezeigt werden soll.
Verlorene Werke und internationale Leihgaben
Auch Dokumentationen über verlorene oder verschollene Werke kann man in der Ausstellung bewundern. Die gezeigten Objekte stammen aus den eigenen Beständen des Nationalmuseums sowie aus weiteren kirchlichen und musealen Sammlungen, auch aus dem Ausland. Darunter sind Werke, die in Polen noch nie zu sehen waren. Sie belegen den enormen Einfluss der Rubens-Schule auf schlesische Künstler.
Quelle: gazetawroclawska
Foto: Facebook/@Muzeum Narodowe we Wrocławiu