Das „Nein“ der Britten zum Verbleib in der EU, wird wahrscheinlich polnische Möbelhersteller, Milch- und Süßigkeitsproduzenten sowie Transportunternehmen treffen.
Ein Austritt der Briten aus der EU zieht weitgehende Konsequenzen für die polnische Wirtschaft. Das Vereinte Königreich zählt neben Deutschland zu den strategischen Handelspartnern Polens – 2015 war der polnische Export nach Großbritannien 12,8 Mrd. Euro wert mit einem Anteil von 6,8% an gesamten Ausfuhren Polens. Zusätzlich brachte das vergangene Jahr ein sehr hohes Plussaldo im bilateralen Umsatz – sage und schreibe 7,4 Mrd. Euro.
Der Brexit könnte diesen Zustand verändern. Die Verluste im Export polnischer Lebensmittel können bis zu 700 Mio. Euro erreichen – dies geht zumindest aus den Analysen von Euler Hermes hervor. Für die Wirtschaft wäre es ein herber Rückschlag, wenn man bedenkt das die polnischen Ausfuhren in dieser Richtung ununterbrochen seit 2002 steigen.
Noch vor einiger Zeit waren polnische Lebensmittel nur unter Migranten beliebt, mittlerweile hat sich auch dies verändert – immer mehr Briten greifen nach den Spezialitäten aus Polen. Nach dem Brexit könnte es dazu kommen, dass die Engländer ihren Lebensmittelmarkt vor anderen, ausländischen Lieferanten schützen.
Für die Fleischindustrie wäre das jedoch kein Grund zur Sorge. Da Produzenten auf der Insel eher andere Produkte anbieten, würde die Branche wohl die wenigsten Verluste einfahren. Mit wesentlich höheren Einbusen müssten polnische Exporteure von Milchprodukten, Süßigkeiten sowie anderen Schnelldrehenden Produkten (sog. Fast Moving Consumer Goods – FMCG) rechnen.
Der Brexit könnte großen Einfluss auf die Exporte von polnischen Möbeln haben. 2015 erreichte der Absatz auf dem britischen Markt 700 Mio. Euro – berichten Analytiker von B+R Studio. In den letzten 7 Jahren stiegen die Exporte nach Großbritannien um 380 Mio. Euro, so ist das Land bereits jetzt zweitgrößter Kontrahent der polnischen Hersteller (nach Deutschland). Die Handelsabteilung der polnischen Botschaft in London bezeichnet den Markt als weiterhin aufnahmefähig und verfügt über neue Absatzreserven. Das „Nein“ zu EU könnte es womöglich ändern.
Umfragen mit überwiegender Mehrheit der Austrittbefürworter bereiteten auch den polnischen Transportunternehmen Sorgen, die sie viele Aufträge verlieren könnten. Beförderungen nach und von England stellen im Moment ein Fünftel aller Kurse, die realisiert werden dar. Vieles würde jedoch von den Austrittsbedingungen abhängen. Michael Dembinski, der Hauptberater der Britisch-Polnischen Handelskammer, sagte dem polnischen Blatt Rzeczpospolita, dass sich 2016 und 2017 nicht viel verändern würde doch Firmen aus Risikogründen auf langjährige Aufträge verzichten könnten.
Paradox könnte der Brexit dazu beitragen, dass auch mehr ausländische Unternehmen, darunter auch britische in Polen investieren.
Firmen, die auf dem britischen Markt aktiv sind, würden wahrscheinlich ihre Absatzmöglichkeiten innerhalb der EU ausbauen wollen und die Produktion innerhalb der EU auslegen. Polen könnte dank niedriger Arbeitskosten und hoher Qualität ein attraktiver Standort für sie werden – sagte gegenüber Rzeczpospolita Piotr Soroczynski von KUKE.
Quelle: RP