Viele ausländische Unternehmen entdecken den polnischen Markt für sich. Da die Mehrheit der Unternehmen ohne Arbeitskräfte nicht funktionieren kann, werden auch viele Arbeitsverträge abgeschlossen. In Polen wie in Deutschland herrscht grds. die Vertragsfreiheit, auch im Arbeitsrecht. Dies bedeutet aber nicht, dass ein Arbeitsvertrag frei gestaltet werden kann. Um keinen negativen Konsequenzen ausgesetzt zu werden, sollen die Arbeitgeber zumindest einige Aspekte beim Arbeitsvertragsabschluss beachten.
Arbeitsrecht in Polen
Die wichtigsten Vorschriften über das polnische Arbeitsrecht befinden sich im polnischen Arbeitsgesetzbuch. Das Arbeitsgesetzbuch beinhaltet insbesondere die Vorschriften, die die Grundzüge des Arbeitsverhältnisses zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer regeln.
Aufgrund des Arbeitsverhältnisses verpflichtet sich der Arbeitnehmer persönlich eine bestimmte Arbeitsleistung zugunsten des Arbeitgebers und unter dessen Leitung, an dem durch ihn vorgegebenen Ort und in der durch ihn bestimmten Zeit, zu leisten. Der Arbeitgeber hingegen verpflichtet sich zur Beschäftigung des Arbeitnehmers gegen Entgelt.
Ist eine der oben genannten Voraussetzungen des Arbeitsverhältnisses nicht erfüllt, so muss man davon ausgehen, dass kein Arbeitsvertrag, sondern lediglich ein zivilrechtliches Beschäftigungsverhältnis abgeschlossen wurde. Meistens ist dann mit einem Werkvertrag oder Auftragsvertrag zu rechnen. Im Falle von solchen Verträgen stehen dem Arbeitnehmer z.B. kein Recht auf Urlaub und auf Mutterschutz sowie keine Kündigungsschutzrechte zu. Auf der anderen Seite, wenn alle oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind, schließt der Arbeitgeber aber mit seinem Untergebenen den Arbeitsvertrag nicht ab, so ist der Letztere berechtigt, doch alle arbeitsrechtlichen Rechte zu verlangen.
Der Arbeitsvertrag
Jeder Arbeitsvertrag soll in schriftlicher Form abgeschlossen werden. Er soll die Vertragsparteien, die Art des Vertrages, das Abschlussdatum und das Datum des Arbeitsbeginns sowie die Arbeits- und Vergütungskonditionen, insbesondere die Angaben zur Arbeitszeit, umfassen.
Ist der Arbeitsvertrag nicht schriftlich abgeschlossen worden, so ist der Arbeitgeber verpflichtet, spätestens am Tage der Arbeitsaufnahme durch den Arbeitnehmer, ihm die Vereinbarungen bezüglich der Vertragsart, der Vertragsparteien und der Vertragsbedingungen schriftlich zu bestätigen. Es ist wichtig dies zu beachten, denn im Streitfall entscheidet das Gericht über den Vertragsinhalt.
Man muss auch beachten, dass die Bestimmungen der Arbeitsverträge und der sonstigen Akte, auf deren Grundlage ein Arbeitsverhältnis besteht, nicht von den Vorschriften des Arbeitsrechts zum Nachteil des Arbeitnehmers abweichen dürfen. An Stelle solcher Bestimmungen treten die entsprechenden Vorschriften des Arbeitsrechts in den Vordergrund.
Arten der Arbeitsverträge
Das Arbeitsgesetzbuch unterscheidet folgende Arten der Arbeitsverträge: Arbeitsvertrag auf Probe, befristeter Arbeitsvertrag und unbefristeter Arbeitsvertrag.
Im Gegensatz zum deutschen Arbeitsrecht, welches die Vereinbarung einer Probezeit in einem „normalen“ Arbeitsvertrag zulässt, handelt es sich beim polnischen Arbeitsvertrag auf Probe um einen selbständigen Vertrag. In einem solchen Vertrag kann keine längere Probezeit als bis zu maximal 3 Monaten vereinbart werden. In dieser Zeit hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, sich ein Bild über die Kompetenzen des Arbeitnehmers zu machen. Der erneute Abschluss eines Arbeitsvertrags auf Probe ist daher grds. unzulässig. Die Ausnahmen hierzu sind, dass der Arbeitnehmer zur Erfüllung einer anderen Art der Arbeit eingestellt wird oder dass das vorherige Arbeitsverhältnis mit dem Arbeitnehmer vor mehr als 3 Jahren beendet wurde.
Der polnische Gesetzgeber sieht auch die Möglichkeit vor, einen befristeten Arbeitsvertrag abzuschließen. Die maximale Dauer des Arbeitsverhältnisses aufgrund eines oder mehrerer befristeten Arbeitsverträge darf nicht 33 Monate überschreiten. Der Arbeitgeber darf auch nur 3 befristete Arbeitsverträge mit demselben Arbeitnehmer abschließen. Nach Ablauf von 33 Monaten oder nach dem Abschluss eines 4. Arbeitsvertrages auf befristete Zeit, wandelt sich solch ein Vertrag in einen unbefristeten Arbeitsvertrag um. Diese Folge tritt nur dann nicht ein, wenn der befristete Arbeitsvertrag zu folgenden Zwecken abgeschlossen wird:
1) Vertretung eines Arbeitnehmers während seiner entschuldigten Abwesenheit,
2) Ausübung von Gelegenheits- und Saisonarbeit,
3) Ausübung von Arbeit während einer Amtszeit,
sowie: wenn objektive Gründe bestehen, die darauf schließen lassen, dass der Vertrag zwecks der Erfüllung einer periodischen Aufgabe abgeschlossen wurde.
Alle anderen Arbeitsverträge gelten als unbefristete Arbeitsverträge.
Kündigungsfristen
Jeder Arbeitsvertrag kann durch eine Erklärung jeder Partei unter Einhaltung der Kündigungsfrist gekündigt werden. Das polnische Arbeitsgesetzbuch sieht folgende Kündigungsfristen für Arbeitsverträge auf Probe vor:
1) 3 Werktage, wenn die Probezeit nicht 2 Wochen überschreitet,
2) 1 Woche, wenn die Probezeit mehr als 2 Wochen beträgt,
3) 2 Wochen, wenn die Probezeit 3 Monate beträgt.
Für befristete und unbefristete Arbeitsverträge beträgt die Kündigunsfrist:
1) 2 Wochen, wenn der Arbeitnehmer kürzer als 6 Monate beschäftigt war,
2) 1 Monat, wenn der Arbeitnehmer mindestens 6 Monate beschäftigt war,
3) 3 Monate, wenn der Arbeitnehmer mindestens 3 Jahre beschäftigt war.
Jede Partei kann den Vertrag auch ohne Einhaltung der Kündigungsfrist kündigen. Insbesondere darf der Arbeitgeber den Arbeitsvertrag wegen Verschuldens des Arbeitnehmers auch ohne Einhaltung der Kündigungsfrist auflösen. Wichtig dabei ist, dass die Auflösung des Arbeitsvertrages ohne Einhaltung der Kündigungsfrist nicht nach Ablauf eines Monats ab dem Zeitpunkt erfolgen kann, in dem der Arbeitgeber von den Umständen erfahren hat, die diese Auflösung rechtfertigen. Davon abgesehen, kann der Vertrag auch aufgrund einer Vereinbarung der Parteien aufgelöst werden.
Konditionen des Arbeitsverhältnisses
In Polen beträgt die Arbeitszeit 8 Stunden täglich bzw. durchschnittlich 40 Stunden wöchentlich bei einer fünftägigen Arbeitswoche. Die wöchentliche Arbeitszeit, samt Überstunden, darf durchschnittlich nicht 48 Stunden überschreiten. Die maximale Zahl der Überstunden im Jahr darf nicht 150 Stunden überschreiten. Jedem Arbeitnehmer müssen täglich elf Stunden bzw. wöchentlich 35 Stunden zur ununterbrochenen Erholung gewährt werden. Bei einer durchgehenden Arbeit von 6 Stunden steht dem Arbeitnehmer auch einen Anspruch auf eine 15-minutige bezahlte Pause zu. Die Dauer des Erholungsurlaubs eines vollzeitbeschäftigten Arbeitnehmers beträgt im Jahr 20 Tage, soweit der Arbeitnehmer insgesamt kürzer als 10 Jahre aufgrund eines Arbeitsvertrages gearbeitet hat, und 26 Tage, soweit der Arbeitnehmer mindestens 10 Jahre gearbeitet hat.
Oben wurden die wichtigsten Informationen über das polnische Arbeitsrecht aufgezählt. Die Beachtung dieser Regelungen sollte den Arbeitgebern ermöglichen, negativen Konsequenzen die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben können, aus dem Weg zu gehen. Das Arbeitsrecht ist aber eine sehr umfangreiche und schwierige Materie. Bei komplexen Fragestellungen lohnt es sich daher, an einen anwaltlichen Berater zu wenden.
Zum Autor:
Aleksander Giehsmann, in Polen als Rechtsanwalt zugelassen. Er führt eine Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Wrocław und Kędzierzyn-Koźle, die kleine und mittlere Unternehmen bei der Unternehmensführung rechtlich begleitet.