“Ein guter Reisender hat keine festen Pläne und denkt nicht ans Ankommen”, sagte mal Laotse. Wieso lohnt es sich manchmal nicht zu planen und sich einfach auf den Weg so weit wie die Füße tragen zu begeben? Im Interview mit PolenJournal.de erklärte dies Piotr Śliwiński, der zwölfmal die Erde umkreiste, acht Gipfel und den Mount Everest bezwang, wo er die Todeszone überlebte.
Robert Dethloff [PolenJournal.de]: Wo fing Ihr Reiseabenteuer an? Woher kam die Idee für die erste Weltreise?
Piotr Śliwiński: Als ich meine erste Reise antrat, plante ich nicht, die ganze Welt zu umkreisen. Im Jahr 2006 schloss ich mein Studium an der Technischen Universität Krakau ab. Einen Monat nach der Verteidigung meines Titels habe ich alles, was ich besaß, verkauft und brach über den Atlantik vor mir ins Unbekannte auf. Ich besuchte 50 Bundesstaaten der USA. Danach hat mich ein Amerikaner darauf aufmerksam gemacht, dass es nicht alle Staaten sind, weil noch Hawaii fehlte. Dann habe ich bemerkt, dass der Staat sich in der Mitte der Erde befindet und ich von hier aus viel näher an Australien bin als an Polen. Ich wollte nicht auf demselben Weg durch Amerika nach Hause zurückkehren, weil mich immer neue Orten faszinierten. Das Interesse an der Erkundung der Welt trieb mich dazu an, hinter den Horizont zu reisen und zu sehen, was sich dort verbirgt. So wurde die spontane, nicht geplante erste Reise, die ein Jahr lang dauerte, geboren.
Was grub sich in Ihr Gedächtnis während der ersten Reise ein?
In Nordindien in Punjab hat ein Hindu, den ich traf und welcher eine Baufirma hatte, nach einem Tag unserer Bekanntschaft beim Frühstück mir seine Tochter als Ehefrau angeboten. Die interessanteste Episode meiner ersten Reise war aber die Fahrt mit einem Motorrad von Indien bis nach Krakau/Kraków durch Pakistan, Iran und die Türkei – 6 Tsd. km in 40 Tagen auf einer Royal Enfield «Bullet 350». Dabei erlebte ich mein gefährlichstes Abenteuer, weil ich an der Grenze zu Afghanistan einen Entführungsversuch erlebte. Mir wurden Drogen verabreicht, aber zum Glück gelang es mir zu fliehen.
War es schwer die Sprachbarrieren zu durchbrechen?
Ja, es war schwer, weil ich die Sprachen nicht vorher gelernt habe. Während der ersten Reise nach Nordamerika konnte ich nicht einmal Englisch sprechen. Da ich die Sprachen nicht kannte, war ich gezwungen, einfache Wörter auf Englisch, Spanisch oder Chinesisch zu lernen, dank derer ich ein Ticket und Essen kaufen, eine Übernachtung finden, oder die Grundbedürfnisse während der Reise befriedigen konnte. Schnell habe ich gelernt, dass sogar die richtigen Worte in manchen Regionen nichts bringen. Weil da die Grundsprachkenntnisse wenig halfen, habe ich die Body-Language-Kommunikation erlernt, also die Kommunikation durch Mimik, Gestik, Zeigen auf Gegenstände, Zeichnen auf Papier, Zeigen mit dem Finger auf der Karte. Eine Kamera mit Bildschirm erwies sich dabei als sehr hilfreich. Ich habe chinesische Zeichen fotografiert und zeigte Bilder von Orten, wo ich hin wollte. Beispielsweise ein Bild von chinesischen Zeichen, welche Toilette bedeuten.
Foto z.V.g. von Piotr Śliwiński
Wie viele Länder haben Sie bisher besichtigt? Haben Sie Länder auf ihrer Liste aus der Must-See-Kategorie?
Ich habe ungefähr 100 Länder bereist. Ich führe keine Liste mit besseren oder schlechteren Orten. Überall ist es wunderschön, und am interessantesten ist es dort, wo ich noch nicht war, weswegen jede Reise an neue Orte führt. Jede Reise verläuft anders, mit anderen Transportmitteln, also reise ich nicht so, damit ich bestimmte Länder oder Sehenswürdigkeiten besuche. Ich teile die Welt nicht in Länder ein, sondern in größere Regionen oder überlegte, welchen Kontinent ich entlang, quer bereisen oder umkreisen will. Auf jedem Kontinent bin ich per Anhalter gefahren, um einen Vergleich machen zu können. In manche Länder kehrte ich mehrmals zurück, wenn sie groß waren oder auf meinem Weg lagen. Meine Reisen waren spontan, ohne Plan, weswegen ich oftmals in Regionen reiste, wo Einwohner noch nie einen weißen Menschen gesehen haben oder ich traf an Orten ein, wo Touristen und Reisende normalerweise nicht hingelangen. Diese Freiheit, also kein Plan, keine Fahrkarte oder Hotelreservierung und immer nur mit einem One-Way-Ticket zu reisen, verursachte, dass ich keinen Zeitdruck verspürte. Als ich zu der Meinung kam, dass meine innere Neugier befriedigt war, weil ich das besuchte, was ich wollte oder ich mich irgendwo unbehaglich fühlte, die Stimmung mies war, mir Gefahr drohte usw., bin ich weitergezogen. Oder ein anderes Extrem: wenn es zu nett und gastfreundlich war und die Menschen mich drängten, eine Woche, einen Monat länger zu bleiben, bin ich geflohen, um Zeit zu haben, die Welt zu bereisen. Ich fand auf meinen Reisen so viele wunderschöne Orte und großartige Menschen, dass wenn ich irgendwo länger Wurzeln schlagen lassen würde, könnte ich ein Problem mit dem Weiterziehen bekommen. In Extremfällen blieb ich an einem Ort einen Monat.
Mit welchen Kosten ist so eine monatelange Reise verbunden?
Die Kosten hängen von verschiedenen Faktoren ab: der Länge der Reise, dem Reisestandard, also welche Transportmittel man nutzt, wo man schläft, was man isst und natürlich der Route – durch welche Länder sie verläuft. In manchen Staaten ist es günstiger, in anderen teurer, was natürlich Einfluss auf das Budget hat. Auf verschiedenen Reisen sind mir verschiedene Situationen passiert. Manchmal verfügte ich über sehr viel Bargeld und ich musste mich nicht einschränken, und manchmal hatte ich sehr wenig oder gar kein Geld. Für manche Reisen gab ich zigtausende Złoty aus, es gab auch solche, wo ich Dutzend tausend Złoty ausgab. Einmal habe ich mich selbst übertroffen und habe für ein paar Tausend Złoty die Welt umkreist.
Die Welt zu bereisen ist zweifellos ein wunderschönes Abenteuer, voll mit außergewöhnlichen Erlebnissen. Doch sie bringt auch verschiedene Gefahren mit sich. Sie haben die Entführung an der Grenze mit Afghanistan erwähnt. Sind ihnen auf anderen Reisen vielleicht weitere Momente von Beunruhigung, Angst oder sogar Entsetzen zugestoßen?
Natürlich. Auf jeder Reise gab es Krisen-, Müdigkeit, Entmutigungs-, Angst- oder Gefahrenmomente. Ich bin vor wilden Tieren, überfallenden Menschen, vulkanischer Lava usw. geflohen. Und wie man weiß, kommt bei einer Extremsituation Stress, Entsetzen und Panik schnell auf. In Asien, Afrika, Nord- und Südamerika kam es zu Diebstählen und Überfällen, aber ich wurde auch in Polen bestohlen, Europa ist also in dieser Hinsicht nicht viel besser.
Während meiner Expedition zum Mount Everest im Jahr 2018 musste ich ums Überleben kämpfen. Ich war für eine Nacht in der Todeszone auf der Höhe von ungefähr 8 Tsd. m gefangen. Ich habe es nicht geschafft, rechtzeitig zum Lager auf der Höhe von 6400 Metern hinab zu gehen, weil es bei mir zu einem Hirnödem kam, weswegen ich keine Kraft hatte und meine Reaktionen verlangsamt waren. Ich konnte nicht laufen, mir fehlten die Kräfte, Sauerstoff, Wasser, Essen, das Radio, Gas um Schnee zu schmelzen. Zu allem Übel war ich komplett alleine, weil meine Kollegen vorher Unfälle erlitten, welche sie von der Gipfelbezwingung ausgeschlossen haben. Bevor ich den Mount Everest hinaufstieg, fällte ich die Entscheidung, es ohne die Hilfe eines Sherpas als Bergführer zu versuchen. Ich könnte jetzt lange aufzählen, was ich alles in diesem Moment nicht dabei hatte und es gebraucht hätte… Jede Stunde in der Todeszone ist ein langsames Absterben des Organismus, weswegen man schnell von dort fliehen sollte. Ich musste dort übernachten, ohne eine Laborausrüstung, Schlafsack, Zelt und dazu bei Extremfrost. Eine kritische Krisensituation aus der kaum jemand lebend rauskommt. Die ganze Nacht war ein Kampf ums Überleben. In den Bergen bin ich bereits mehrmals dem Tod entkommen, ein paar Mal kämpfte ich um mein Leben und ein paar Mal rettete ich das Leben von anderen Menschen.
Foto z.V.g. von Piotr Śliwiński
Sie nahmen teil am Experiment «Oswajamy mróz» (dt. Wir zähmen den Frost), während dessen Sie 100 Stunden in einer Thermoklimatischen-Kammer an der Technischen Universität Krakau bei Temperaturen von -50 Grad Celsius verbracht haben. Erleichterte ihnen dieses Erlebnis die Bezwingung des Mount Everests?
Bevor ich in die Frostkammer ging, wiederholte ich in den Medien, dass ich die Möglichkeiten meines Körpers testen möchte, die Widerstandsfähigkeit meiner Ausrüstung und meiner Kleidung, die ich in den Himalaja mitnehmen werde. Erst nachdem ich den Mount Everest herunterging und die Todeszone überlebt hatte, verstand ich, wie wichtig in diesem Experiment die Abhärtung zu einer starken Psyche gegenüber Extremsituationen mit Lebensgefährdung war. Als ich die ganze Nacht bei -40 Grad Celsius verbringen musste, gab ich nicht auf, ich habe keine Panik bekommen, weil ich wusste, dass ich bei einer viel größeren Kälte viel länger aushalten kann. Angst paralysiert und dann trifft man unkluge Entscheidungen, welche zu einer Tragödie führen können. Mich hat die Kälte nicht entsetzt, also konzentrierte ich mich auf die Höhenkrankheit und das Hirnödem, welche meine Hauptfeinde im Kampf ums Leben waren.
Während des Projektes «Oswajamy mróz» bewältigte ich in der Thermoklimatischen-Kammer noch vor dem Mount Everest eine Krisensituation. Am dritten Tag verlor ich das Gefühl in meinem linken Bein. Ich konnte aufgeben und schnell herausgehen, aber ich entschied mich, in der Kammer drinnen zu bleiben, weil ich in Laborbedingungen testen konnte, wie ich mich verhalten muss, um den Kreislauf wiederherzustellen. Ich war mir im Klaren, dass es im Himalaja diesen Komfort nicht mehr geben wird und es die perfekten Bedingungen waren, um Krisensituationen zu üben. Nach einem halbstündigen Kampf ist es mir gelungen, meinen Kreislauf wiederherzustellen und ich hielt bis zum Ende durch.
Man sagt, dass Reisen bilden. Was hat sie das Reisen gelehrt?
Ich lernte andere Kulturen und die wundervolle, ganze Welt kennen. Während der Reisen erlernte ich die Anpassungsfähigkeit, Verständnis für andere Menschen und Kulturen, Beachtung der Natur, sowohl Stillleben, wie auch der lebenden Natur, Demut zur Welt und den Menschen, Geduld, Entschlossenheit in der Zielverfolgung, Ausdauer und Planmäßigkeit.
Kann man sagen, dass die Reisen Sie als Menschen verändert haben?
Auf jeder Reise fühlte ich, dass ich ein anderer, besserer Mensch bin. Ich entwickelte positive Charaktereigenschaften. Jede weitere Reise ermunterte mich die Grenzen der Herausforderung weiter zu setzen. Reisen bilden nicht nur, sie entwickeln den Charakter. Ich absolvierte Bauwesen an der Technischen Universität in Krakau/Kraków, wo alles vorgeplant war: Projekte, Zahlen, Physik, Mathematik. Während der Reisen lernte ich das Gegenteil kennen, eine andere Denkweise, spontan, ohne Planung. An der Ostküste in den USA hörte ich in der Gegend von New York meine Lieblingsredewendung “Play by ear”, und in Kalifornien etwas Ähnliches – “Go with the flow” – also schwimme mit dem Strom. Es heißt, sich an das anzupassen, was um uns herum passiert, also eine Flexibilität ohne Aufdrängen von Plänen.
Ich finde, dass beide Herangehensweisen ihre Vor- und Nachteile haben. Deswegen empfehle ich, beide kennenzulernen und zu erkunden. Nach einem Plan funktionieren, aber sich auch spontan verhalten können. Je nach Situation sollte man eine Wahl zwischen ihnen treffen. Sich nicht über etwas hinwegsetzen, wenn mal alles außer Kontrolle gerät und von unserem Plan abweicht, sondern mit einem Lächeln feiern. Aktuelle Zeiten zeigen uns ausdrücklich, dass sogar die besten Pläne manchmal nicht möglich zu verwirklichen sind.
Foto z.V.g. von Piotr Śliwiński
Was meinen Sie?
Ich plante letztens eine Reise, weil ich jemanden vom Punkt A bis zum Punkt B herüberfahren musste und ohne Plan wäre das nicht gelungen. Jemand hat ein bestimmtes Budget, Datum, also musste ich manchmal als Reiseführer manche Sachen gut durchdenken, organisieren, aber ich konnte mich in diese Reisen hinreißen lassen – sehen, was der Tag bringt. Ich wusste nicht, was ich essen, wo ich schlafen oder womit ich fahren werde. Nach einer Übernachtung suchte ich erst, nachdem es dunkel geworden ist, was zu extremen Situationen führte, wie z. B. dass ich unter freiem Himmel schlief oder die ganze Nacht an gefährlichen Orten herumspazierte, in Transportmittel einstieg, um zumindest etwas im Bus oder Zug zu schlafen. Auf der anderen Seite traf ich beim Herumlaufen Menschen, die sagten – “Hey, hast du keinen Platz zum Schlafen? Wie kann das sein? Komm mit mir nach Hause”. Ich lernte viele, großartige Menschen kennen, es öffneten sich vor mir Abenteuer, die normalerweise für Menschen unerreichbar sind, weil jeder alles genau geplant hat. So kann man nicht die raue Wirklichkeit loswerden.
Die ganze Kunst besteht darin, dies und das zu versuchen und sich dazwischen bewegen zu können, also die eigenen Randbedingungen von beiden Seiten zu finden und diese mit Vernunft zu verwalten. In manchen Situationen lohnt es sich auf eine Art und Weise zu handeln, und in anderen ganz anders.
Haben Sie Lieblingsgegenstände, ohne welche Sie sich das Reisen nicht vorstellen können?
Ja, zwei Gegenstände, ohne welche ich mir nicht vorstellen kann, zu reisen sind: mein Reisepass und meine Kreditkarte.
Wie reagierten Bewohner aus anderen Ländern, als sie die polnische Fahne sahen?
Ich schäme mich nicht, dass ich Pole bin. Ich wanderte oft mit der Fahne angesteckt an meinen Rucksack von Lagerplatz zu Lagerplatz, ich hängte sie an Zelten auf und habe sie in Bergspitzen eingeschlagen. Polen freuen sich, wenn sie mich treffen. Ausländer klatschen. Ich hörte mehrmals den Ausdruck «polish power». Darauf bin ich stolz. Eine gewisse Vorstellung, wie schön die polnische Flagge im Wind wehend, aussieht, verleiht das Video “Denali” auf meinem YouTube-Kanal und bei p82.pl.
In Brasilien am Strand in der Ortschaft Natal, sagten die Menschen, als sie hörten, dass ich aus Polen komme “Boniek, Boniek…”. Sofort kamen Kinder, die mich umkreist haben und schrien “Ich habe Boniek angefasst!” Ein anderes Mal, als ich mit dem Zug in Vietnam aus dem Bergdorf Sapa zur Hauptstadt mit einem Politiker reiste, hat er sofort, als er hörte, dass ich Pole bin, zu mir gesagt: “Lech Wałęsa, Lech Wałęsa”. Die Sherpa im Himalaja verbinden Polen mit Jerzy Kukuczka. An anderen Orten war die erste Assoziation Papst Johannes Paul II. oder Robert Lewandowski.
Fühlen Sie sich im Ausland wie ein Botschafter Polens?
Ich nenne das Glokalismus, also global und lokal. Wenn ich die Welt bereise, was ich ein Mal jährlich mache, versuche ich so viel über Polen zu erzählen wie möglich, es anderen positiv zu vermitteln, zum Besuch einzuladen. Viele Menschen kamen dank mir ins Land an der Weichsel, um es zu sehen, besser kennenzulernen. Oft war es im Leben dieser Menschen die erste Reise nach Europa. Auf der anderen Seite, wenn ich schon in Polen bin, promote und zeige ich alles, was ich erlebt habe, auf wen und was ich in anderen Ländern und Kulturen traf. Deswegen habe ich vor einigen Jahren das Unternehmen Buszek gegründet. Im Jahr 2008 eröffnete ich 12 Geschäfte in 12 Monaten. Ich habe eine Kette von Läden und Shishabars. Mein Ziel ist es, dass Menschen Geschmäcker und Produkte von verschiedenen Seiten der Welt verkosten. Ich importiere und verkaufe Yerba Matte aus Lateinamerika, Tee aus Asien, Kaffee aus Afrika, Shishatabak aus arabischen Ländern. Seit vielen Jahren sind das die vier Grundprodukte meines Unternehmens, aber seit einiger Zeit biete ich auch mongolische Jurten, indische Motorräder, indische Andenken und polnische Kräuter an.
Ich bringe die Produkte und das Klima näher, welches ich in meinen Restaurants und Shishabars schaffen möchte, angefangen bei Musik aus aller Welt, durch Andenken und Deko bis zu Gerüchen, Räucherstäbchen und schaffe ein besonderes Ambiente. All diese Dinge kann man bei mir nicht nur kaufen, sondern auch ausprobieren.
Das sind meine Lieblingsweisen, um den Polen die Welt näherzubringen, nicht nur in der Businesszone als Unternehmer und Firmeneigentümer, sondern auch durch Bildung, weil ich viele Vorträge halte, Interviews gebe, in verschiedenen Institutionen, Hochschulen, Schulen, Kulturhäusern, Organisationen, Unternehmen über das Bekämpfen der eigenen Grenzen, Business, Firmengründung, die Verbindung von allem, also der Reise-, Berg- und Businesswelt rede. Dazu führe ich Motivations- und Entwicklungskurse.
Ich lehne Interviews, welche zeitaufwendig sind, nicht ab, weil ich weiß, dass sie in kürzester Zeit viele Empfänger erreichen können, die sich auch für die weite Welt interessieren und wenn ich dabei helfen kann, habe ich in alle dem eine Zufriedenheit und Freude. Für Personen, welche aktuell nicht so die Welt kennenlernen können wie ich, erschuf ich eine private Internetseite www.p82.pl, wo ich die wichtigsten Informationen in Form von Interviews, Bildern, Videos, Artikeln und Sendungen abspeichere.
Wie finden Sie für das alles Zeit?
Ich versuche alles zu verbinden und keinem ‘Nein’ zu sagen. Ich suche nach Möglichkeiten, das alles unter einen Hut zu bringen, also mache ich oftmals ein paar Sachen gleichzeitig. Ich habe gerade aufgehört, mich mit einem Kunden zu unterhalten und jetzt gebe ich ein Interview, aber gleich werde ich mich wieder entschuldigen müssen und unser Gespräch für ein Moment unterbrechen, weil ich ein Vorstellungsgespräch führen werde. Von Januar bis März gab ich 37 Interviews. Und den ganzen Januar und Februar lang trat ich tagtäglich in Radio, TV oder Zeitungen auf. Ich dachte, dass ich an Wochenenden etwas entspannen werde, doch an einem Samstag um 9.00 Uhr weckte mich mein Handy auf. Wie sich herausstellte, rief eine Redakteurin von einem Fernsehsender an und fragte, ob sie in zwei Stunden mit einer Kamera bei mir sein können. Damals spürte ich zum ersten Mal große Erschöpfung und empfand Medienauftritte als schwere Arbeit. Die Verbindung vieler Termine gleichzeitig hat vieles mit einem Plan gemeinsam. Wenn ich alles genau planen würde, würde ich bestimmt viele andere Sachen nicht machen. Ich mag es nicht, mich an steife Zeitpläne zu halten und möchte flexibel bleiben, um sich an die Situation anpassen zu können. Ich finde es besser, wenn jemand anruft und kommt, wenn ich Zeit habe. Sogar mit Gästen sieht es so aus, dass sie gleichzeitig zu mir kommen, weil ich keinem sage, dass ich keine Zeit habe. Wenn allenfalls ein paar Personen gleichzeitig kommen, haben sie die Chance, sich kennenzulernen. Manchmal finden gleichzeitig drei oder vier Treffen statt. Jedes von ihnen generiert weitere Aktionen, Events, Vorführungen und bereitet allen viel Freude.
Äußerst wichtig ist die Wahl der eigenen Prioritäten, weil es das Erledigen von mehreren Sachen gleichzeitig ermöglicht. Man muss nur bestimmen, was am wichtigsten ist, und was als Nächstes gemacht werden muss oder warten kann. Danach kommt Flexibilität, Engagement, die Ausführung davon, was man mag. Wenn ich nämlich den ganzen Tag das mache, was ich liebe, fühle ich mich nicht müde. Manche sagen, dass ich “wahrscheinlich gar nicht arbeite” und andere finden – “wie kann ein Mensch vom Morgen bis zum Abend arbeiten”. Alles hängt von der Sichtweise und dem Bezugspunkt ab.
In Zeiten der Pandemie haben Sie zum wiederholten Mal überrascht, als sie eine mongolische Jurte bewohnt haben, jedoch nicht auf dem Gebiet der Mongolei, sondern in Krakau/Kraków. Woher kam diese Idee?
Zum ersten Mal bin ich mit einer mongolischen Jurte während meiner dritten Weltreise in Kontakt gekommen. Ich fuhr durch Sibirien von einer Beobachtung der Sonnenfinsternis ins Altai nach China zur Eröffnungszeremonie der Olympiade in Peking im Jahr 2008. Als ich durch die Mongolei reiste, wohnte ich ein paar Mal bei Einheimischen in Jurten. Mich faszinierte ihre Lebensweise. Ich mochte die Gastfreundschaft und, dass die ganze Familie in einem rundem Zimmer lebte. Das Fehlen von Wänden schaffte eine Atmosphäre der Offenheit und das Fehlen der Ecken erweckte nicht das Gefühl von vergeudetem Raum. Die Idee in einer Jurte zu wohnen, kam mir ganz natürlich, als die Welt letztes Jahr anhielt und das Reisen erschwert oder sogar unmöglich wurde. Am Tag meines Geburtstags am 19. Mai lud ich Freunde zu der Jurte im Wohnungsviertel Czerwony Prądnik beim Sportzentrum TCFHUB ein und kam auf die Idee, dass ich lernen werde, in der Jurte an vier Jahreszeiten zu wohnen, um sich zu überzeugen, wie man in polnischen Verhältnissen, in der Mitte einer Stadt und vielleicht irgendwo in der Wildnis überlebt. Ich interessierte mich für die Konstruktion, weil ich ein Bauingenieur bin, und da meine Leidenschaft Reisen, die Erkundung der Welt und anderer Kulturen ist, war also die Jurte auf eine gewisse Weise die Verbindung meiner Leidenschaft mit meiner Ausbildung. Mir gefiel auch, dass man eine traditionelle Jurte schnell aufbauen, und dann noch schneller abbauen und an einen beliebigen Ort transportieren kann. In der Mongolei wechselt man den Lebensort durchschnittlich 3-4 Mal im Jahr und ungefähr 40% der Einwohner leben in solchen Konstruktionen, ohne über die Unbequemlichkeiten zu klagen.
Ich kam auf die Idee der mongolischen Jurte, welche im Wohnungsviertel Czyżyny an der Fakultät für Maschinenwesen der Technischen Universität Krakau aufgestellt wurde, als ich Kurse für die polnisch-amerikanische Wirtschaftsschule durchführte. Ich hielt damals Lesungen für MBA-Studenten. Auf einer Präsenzveranstaltung zum Thema Kommunikation und Rhetorik brachte ich “die Kultur und Bräuche Asiens” näher. Die Hauptattraktion war die neben der Aula erbaute Jurte, in der ich meine Vorträge hielt. Sie erfüllte also als Erstes eine didaktische Funktion, danach war sie eine Attraktion für viele Studenten während der Eröffnungsfeier und zu Beginndes akademischen Jahres. Ab Jahresanfang fand sie Verwendung bei der Durchführung von verschiedenen interdisziplinären Untersuchungen, zu denen ich von der Fakultät für Bauingenieurwesen eingeladen wurde.
Foto z.V.g. von Piotr Śliwiński
Wie sieht das alltägliche Leben in solchen Verhältnissen aus, besonders im Herbst und Winter?
Als ich in der Jurte lebte, brachte jede Jahreszeit Schwierigkeiten und Herausforderungen mit sich. Natürlich war der Zeitraum mit den meisten Herausforderungen und der Zeitraum, vor dem ich etwas Angst hatte, der Winter. Während des letztjährigen Herbstes habe ich mit der Fakultät für Bauingenieurwesen Untersuchungen durchgeführt, um die besten Materialien und Arten der Isolierung der Jurte zu finden, und sie so gut wie möglich an polnische Klimabedingungen anzupassen. Früher hatte ich solche Herausforderungen wie die eigenen Grenzen zu überwinden, Gipfel zu bezwingen und jetzt kam die Zeit für eine Forschungs-Kognitive-Herausforderung. Es stellte sich heraus, dass traditionelle Jurten sich in Polen wegen des Klimas nicht wirklich bewähren. Im Frühling und Herbst konzentrierte ich mich auf der Absicherung des Inneren vor Wasser. Im Sommer kämpfte ich mit hohen Temperaturen. Hingegen im Winter suchte ich nach Lösungen, um sich vor Frost zu schützen und endlich ist es mir gelungen.
Den Boden isolierte ich mit polnischem Styropor Termo Organika, hingegen die Wände und die Decke mit einer belgischen reflektierenden Folie Aluthermo Quatto, was mir erlaubte, die Temperatur drinnen bei ungefähr 20 Grad Celsius zu halten, wenn es draußen -20 Grad Celsius war. Ich habe alle Jahreszeiten bezwungen, was ich als einen riesigen Erfolg ansehe. Im darauffolgenden Frühling führte ich ein weiteres Experiment durch. Mit hilfe des Unternehmens PanBitcoin installierte ich in der Jurte als Wärmequelle einen Kryptowährung-Bagger, welcher als Nebenprodukt Wärme erzeugt. Es stellte sich heraus, dass dieser an kalten Frühlingstagen genügt, um die gesamte Konstruktion zu erwärmen.
Wollten Sie schon immer reisen?
Ich habe in meine Kindheit nicht ausdrücklich meine Träume übers Reisen durch die Welt artikuliert. Ich war neugierig und gut möglich, dass tief in meinem Unterbewusstsein solche Reisen versteckt waren. Ich hatte keinen Traum, in der Zukunft ein Globetrotter zu werden und zu reisen. Als kleiner Junge zeichnete ich mit Malstiften Flaggen aller Länder der Welt aus einer Enzyklopädie in mein Heft ab. In der Grundschule und in der Oberschule nahm ich oftmals an Geografie- und Mathematik-Olympiaden teil, bei denen ich als Preisträger gekürt wurde und ziemlich große Erfolge erzielte. Ich mochte schon immer Geografie und Mathematik, das war in der Schule meine starke Seite. Im mathematischen Studium verwandelte sich diese Stärke in ein Interesse an Bauingenieurwesen und Bauwesen, hingegen die Geografie in den Willen, die Welt kennenzulernen und zu reisen. Meine zwei Lieblingsgebiete haben sich nach Jahren endlich überkreuzten und in Krakau/Kraków in einer mongolischen Jurte getroffen.
Denken Sie über eine weitere Reise nach? Oder übers Schreiben eines Buches zum Thema Reisen und dem Projekt Seven Summits?
Das Reisen ist immer noch wegen der geltenden Maßnahmen erschwert. Deswegen anstatt in der Welt zu sein, konzentrierte ich mich auf den Bau weiterer Jurten. Im Mai erbaute ich im Rahmen des Projektes Taskforcome noch eine Jurte, doch diesmal auf dem Gebiet der Wirtschaftsuniversität Krakau bei der Rakowicka-Straße, wo ich als Berater im Businessberatungspunkt für Ausländer (poln. Biznesowy Punkt Konsultacyjny dla Cudzoziemców) arbeite. Im Juni erbaute ich eine Jurte in der Nähe von Posen/Poznań für die entstehende Stiftung der Staatlichen Münze (poln. Fundacja Mennicy Skarbowej), mit der ich bei verschiedenen Projekten und Bildungskursen für Kinder arbeite.
Auch in den nächsten Monaten werde ich Jurten bauen. Ich habe nie erwartet, dass mein Abenteuer mit der mongolischen Konstruktion in Polen so ein breites Echo finden, und so beliebt wird.
Es geschieht in meinem Leben immer etwas Interessantes, weswegen ich wenig Zeit habe, ein Buch zu schreiben. Es ist mir gelungen bereits ein paar Kapitel zu schreiben. Zum Glück hetzt mich mein Verlag nicht und ich bin aktuell auf der Suche nach einem neuen Chefredakteur.
Wenn ich noch irgendwohin aufbrechen könnte, wäre ich an der Antarktis interessiert, um ihren höchsten Gipfel zu bezwingen. Wenn ich einen Hauptsponsor finde und einen Partner für so eine Reise, beende ich gerne das Projekt der Bezwingung von Seven Summits.
Vielen Dank für das Gespräch!
Danke.