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Der Müller ist des Teufels Freund

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Foto z.V.g. vom Museum für Müllerei und Landwirtschaft

Heute nur noch selten zu sehen, früher vergöttert. Wovon ist die Rede? Von Windmühlen! Und obwohl ihre Blütezeit schon längst vorbei ist, erwecken sie weiterhin Erstaunen und Respekt. Es scheint, als ob jede von ihnen gleich ist, doch der Direktor des Museums für Müllerei und Landwirtschaft (poln. Muzeum Młynarstwa i Rolnictwa) in Storchnest/Osieczna Jarosław Jankowski überzeugt, dass es nur ein Mythos ist und man sich am besten davon selber überzeugen sollte.

Derzeit werden Windmühlen vor allem mit den Niederlanden verbunden. Doch nicht nur dort wurden diese Holzobjekte gebaut. In Polen gab es zur Wende des 17. zum 18. Jahrhundert ca. 20 000 Mühlen und Windmühlen. Die meisten davon, nämlich 14 000, befanden sich in Großpolen/Wielkopolska. Daher wundert es keinen, dass man die Region als das Windmühlenland bezeichnet hat. Einfluss auf ihre Lokalisation hatte die Nähe zur deutsch-polnischen Grenze. “Die Einführung der Verordnung über das Mahlen und hohe Preise in Deutschland führten dazu, dass ein Teil der Bevölkerung, der an der Grenze lebte, insbesondere Müller, die gute Konjunktur nutzten, da in Polen sehr niedrige Mahlpreise gezahlt wurden“, erzählt der Kustos des Museums für Müllerei und Landwirtschaft in Storchnest/Osieczna Jarosław Jankowski. Da Not einen erfinderisch macht und man in Deutschland keine riesigen Summen für die Produktion von Mehl zahlen wollte, begann man das Getreide in die polnische Mühlen zu transportieren. Nachdem es gemahlen wurde, hat man das Mehl wieder über die Grenze ausgeführt. So waren beide Seiten zufrieden. Diese Tätigkeiten hatten einen nicht unbedeutenden Einfluss auf die Entwicklung der Müllerei in Polen.

 

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Der Müller ist des Teufels Freund

Die Arbeit eines Müllers zählte nicht zu den einfachsten, ganz im Gegenteil. Die Mehlherstellung brauchte viel Anstrengung. Obwohl die Arbeit eigentlich eher unkompliziert erscheint, waren in Wirklichkeit die Personen, die in einer Mühle arbeiteten, die gebildetsten Menschen im Dorf. Ein Müller hatte neun Berufe. Diese beeindruckende Zahl ergibt sich daraus, dass bei Problemen der Müller selber die Schäden reparierte und die Wartung übernahm. In so einem Moment schlüpfte er in die Rolle eines Tischlers, Zimmermanns, Schmieds oder Schlossers hinein. Das ist aber nicht alles. Um sein Mehl zu verkaufen, musste er sich in einen Händler und Verkäufer umwandeln. Jedoch um zu dieser Etappe zu gelangen, hatte er erst einmal die Rolle eines Bauern und Landwirts einzunehmen. Schließlich nimmt das Korn auf dem Feld den Weg auf, der beim Mehl endet. Oft wurden neben Windmühlen Bäckereien gebaut, wo man frisches, duftendes Brot kaufen konnte. Und hier haben wir den neunten Beruf eines Müllers – den Bäcker. Die Mühe, die er in seine Arbeit steckte, wurde mit Geld belohnt, was ihn zum reichsten Einwohner der Gegend machte. Aus diesem Grund waren viele Leute eifersüchtig, weswegen sie glaubten, dass Müller krumme Geschäfte mit dem Teufel machen. Natürlich war das nur ein Mythos, dass durch die Dörfer die Runde machte, dass aber den Bewohnern zusätzlich Angst einjagte.

Dank der Müllerei veränderte und entwickelte sich nicht nur die Wirtschaft des Landes, sondern vor allem der Ortschaften, wo sich die Mühlen befanden. “Der Müller war die einzige Person aus dem Dorf, die reiste und verschiedene Informationen und Samen, die er pflanzte, mit sich brachte. Bauersleute begannen damit, sein Handeln zu beobachten, und als sie die Ernte und das verdiente Geld sahen, begannen sie selber zu pflanzen“, erzählt Jarosław Jankowski. Dank dessen konnten sich die Dörfer weiterentwickeln. Das nicht gerade kleine Geld, was Müller verdienten, hatte auch Einfluss auf das Leben seiner Kinder. Müllerstöchter hatten viele Verehrer. Die Müllerstochter, die als Ehefrau genommen wurde, war wegen ihrer Position und manchmal wegen des Wohlstandes ihrer Familie als ein gewonnener Lotterielos angesehen.


Foto z.V.g. vom Museum für Müllerei und Landwirtschaft 

Sterbende Zeugen der Geschichte

Im Laufe der Zeit sind die Blütejahre der Windmühlen vorbeigegangen und die Müllerstöchter hatten auch nicht mehr so viele Verehrer, wie zuvor. Die grausame Geschichte des Landes hinterließ auch ihre Spuren an diesen Konstruktionen. Die Kriegstätigkeiten vernichteten enorm viele Holzobjekte. Diese Zeit überstanden in Großpolen/Wielkopolska nur 2500 Windmühlen. Leider brachten die späteren Jahre weitere Schäden und Vernichtungen. In den 90er Jahren gab es in Polen 950 Mühlen. Derzeit sind nur noch 135 davon erhalten worden. Einen Einfluss darauf hatte vor allem das ihnen zugeschriebene Etikett ehemals deutschen Guts. Dies rechtfertigte die komplette Devastation dieser Objekte und Relikte der polnischen Kultur aus dem 16. und 17. Jahrhundert. Wenn man heutzutage eine Windmühle sieht, sollte man sie vor allem schätzen. Die Tatsache, dass sie diese schwierigen Zeiten überstanden hat, ist quasi ein Wunder.

Leidenschaft über Generationen

Die verzweifelte Rettungsaktion von Mühlen begann Jarosław Jankowski vor fast 30 Jahren. Er rettete nicht nur viele Objekte, sondern klärte auch die Menschen darüber auf, wie wichtig Mühlen sind. Heutzutage muss man keinem mehr erklären, dass Windmühlen Denkmäler sind und man sie retten muss. Alle Handlungen in dieser Richtung sind mit der Leidenschaft des Kustos diktiert. Einer Leidenschaft, die eine Familientradition aus dem 15. Jahrhundert, genauer gesagt dem Jahr 1425 ist. “Mein Urgroßvater wollte nicht, dass ein weiterer in der Familie Müller wird und so wurde sein Sohn zur Kavallerie geschickt, wo er eine militärische Karriere machen sollte. Tatsächlich wurde er dort Rittmeister. Leider wurden ihm im polnisch-sowjetischen Krieg zwei Finger abgeschnitten, weshalb er in den Ruhestand ging. Mein Großvater kam in die Mühle zurück, fing an, dort zu arbeiten, und nach dem Krieg baute er eine neue industrielle Windmühle für 50 Tonnen auf. Dank diesen Ereignissen erwachte unsere Familientradition der Müllerei wieder“, erwähnt Jarosław Jankowski. Nach einigen Jahren musste das Familienoberhaupt zusammen mit seiner Tochter fliehen, um am Leben zu bleiben. Erst nach zehn Jahren durfte er wieder zu seinen Mühlen zurückkehren, doch dort gab es nichts mehr. Alles wurde zerstört und ausgeplündert.

Am Anfang seiner Tätigkeit wurde Jarosław Jankowski eher ausgelacht als bewundert. Er erhielt sogar der Kosenamen “Herr Windmühle“. Er ließ sich aber nicht unterkriegen, im Gegenteil. Mit ganzem Herzen widmete er sich seiner Leidenschaft, die er bis heute mit großem Erfolg ausübt. Derzeit ist er einer von drei Menschen in Polen, die im Stande sind, eine Mühle zu bauen. Er ist auch Gutachter des Konservatorverbandes in der Kategorie „Historische Mühlen und Windmühlen und kleine Architektur“. Zudem hat er als Einziger in Polen die Befugnis zur Aufsicht und Herausgabe von Entscheidungen, die mit diesem Objekt zusammenhängen. In dem Kampf, so viele Windmühlen wie möglich zu retten, steht ihm sein Sohn, der einen Masterabschluss im Kulturschutz hat, zur Hilfe. Zusammen haben sie schon fast 80 Denkmäler gerettet. Darunter sind viele nicht industrielle Objekte, die aber eine große historische Bedeutung haben. Eines davon ist die Kreuzrittermühle in der Hohen Burg/Ordensburger Marienburg in Marienburg/Malbork. Dank der zweijährigen Wiederaufbauarbeiten wird das Objekt heute täglich von mehreren Tausend Touristen besucht. Es fällt nicht schwer, den Worten des Direktors, die er bei der Eröffnung der Mühle sagte, zuzustimmen – „Die Mühle wurde von den besten Spezialisten des Landes gebaut“.

 

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Großpolnisches Windmühlenland

In der Woiwodschaft Großpolen/Wielkopolska in Storchnest/Osieczna befindet sich ein Museum, wo man drei antike Windmühlen aus dem 18. Jahrhundert sehen kann. Es sind die Relikte einer Flotte, die früher 12 Objekte zählte, die nebeneinander standen. Leider war die Geschichte nicht gerade zu ihnen gnädig und somit sind nur noch drei von ihnen übrig geblieben. Das sind die einzigen erhaltenen Windmühlen in Polen, die aus dem 18. Jahrhundert stammen. Sie wurden 1761, 1763 und 1789 errichtet. Heute sind es schon Relikte aus der Vergangenheit, wobei eines von ihnen noch bis 1981 in Betrieb war. Obwohl diese Bauobjekte hier schon seit vielen Jahren stehen, haben die meisten Einheimischen erst vor 15 Jahren von ihem Dasein erfahren. Bis zu dieser Zeit war das Grundstück bewaldet. Für 60 Jahre verschwanden sie komplett aus dem Blickfeld. Nur die wenigsten erinnerten sich an sie. Oft wurde hier Holz gestohlen, weshalb es noch vor einigen Jahren nur versteckte Ruinen im Wald waren. Um diese Denkmäler zu retten, bat der Bürgermeister Stanisław Kaczmarka, Jarosław Jankowski um Hilfe. Zuerst wurden 3,5 ha des wilden Waldes gefällt. Danach wurden die Windmühlen renoviert. Leider standen die Objekte die nächsten zwei Jahre nutzlos und ohne Überwachung da. Dies ermutigte Vandalen sofort dazu, einige Teile abzureißen oder etwas auf die Denkmäler zu schreiben. Die Windmühlen fingen wieder an zu verfallen. Die einzige Hoffnung, das Schicksal dieser Objekte zu ändern, war Jarosław Jankowski, der zum Eigentümer dieses Ortes wurde. Im Laufe der Zeit erschuf er auf dem Gelände das Museum für Müllerei und Landwirtschaft. Doch das ist nicht alles. Er verbessert ständig die Einrichtungen und erweitert das Angebot der Besichtigungen. Vor Kurzem gelang es ihm, die Arbeiten des Bildungsteils des Museums für Kinder und Jugendliche abzuschließen. Das sprichwörtliche Sahnehäubchen ist eine komplett funktionsfähige Windmühle, die bei den Besuchern Bewunderung hervorruft. Hinzu hat er zusammen mit seiner Familie einen Schuppen mit Tischen gebaut, wo über 40 Menschen Teig für Brot kneten können, der danach im Brotbackofen gebacken wird. “Den Jüngsten wird der Workshop «Vom Körnchen zum Brot» angeboten. Die Kinder werden von Grundsteinen eine Windmühle aufstellen. Eine weitere Aufgabe ist das Mahlen. Dann werden wir auf magische Weise ihr Mehl gegen Lebensmittelmehl, aber unseres, nicht aus dem Laden, tauschen. Am Ende können die Kinder ihre Brötchen, Brot selber kneten und wir werden sie dann backen“. Solche Erfahrungen hinterlassen einen gewaltigen Eindruck, nicht nur bei den Jüngsten, sondern auch bei Erwachsenen.

Nach einer interessanten Reise durch die Mühlenwelt kann sich jeder Besucher im Café ausruhen. Hier werden nicht nur Kaffee und Kuchen serviert, sondern auch Eis und kalte Getränke. Es ist der perfekte Ort, um nachzudenken. Natürlich darf auch die Souvenir-Ecke nicht fehlen, wo jeder Besucher für sich etwas finden kann. Das außergewöhnlichste, was man hier kaufen kann und was es sich lohnt mitzunehmen, ist Mehl. Eins ist sicher, in diesem Mehl werden wir bestimmt nicht das ganze Periodensystem vorfinden und beim Brotbacken wird sich im Haus ein einzigartiger Duft erheben.

Im Museum werden oft verschiedene Veranstaltungen organisiert, die Menschenmassen anziehen. Das Themenbereich ist kunterbunt. In Storchnest/Osieczna fand schon ein Oldtimer-Treffen statt, und vor Kurzem auch die Handwerkermesse „Geschmack und Tradition“. Die Familie Jankowski will sich einem größeren Publikum öffnen. Die Besichtigung der Windmühlen ist nicht nur ein Vergnügen für Geschichtsliebhaber, sondern für jeden Touristen.


Foto z.V.g. vom Museum für Müllerei und Landwirtschaft 

Franciszek und Józef-Adam

Die Windmühlen, die man in Storchnest/Osieczna sehen kann, sind mehr als nur Holzgebäude. Das sind vor allem historische Objekte, die eine Seele haben. Jede von ihnen hat einen Namen. “Windmühlen sind die einzigen Objekte, die einen Namen haben. Wir benennen keine Garagen oder Häuser, eine Windmühle aber schon. Sie ist der beste Freund des Müllers, der auch während der Rente hierher kommt und mit ihm redet. Das zeigt, wie sehr ihnen der Arbeitsplatz ans Herz gewachsen ist und wie schwer es für sie ist, sich von ihnen zu trennen“, erzählt der Kustos Jankowski. Windmühlen sind wie Menschen, sie haben auch ihre Launen, wovon sich der Besitzer des Museums oft selbst überzeugt. “Wenn wir in einer Mühle arbeiten, dann merke ich selber, dass einige Windmühlen bockig oder sauer sind und andere ganz im Gegenteil, sie sind nett, angenehm und dort kann man wirklich gut arbeiten. In diesen Objekten bleibt der Müllergeist – ein guter oder schlechter“. In Storchnest/Osieczna gibt es auch eine «gruselige Windmühle». Vor langer Zeit verstarb hier ein Müller. Seitdem glaubt man, dass es in dem Objekt spukt. Jedes Mal, wenn es einen anderen Besitzer hatte, wurde sie wieder schnell verkauft, weil jeder dachte, dass an der Geschichte tatsächlich etwas dran ist und man wollte sie so schnell wie möglich loswerden.

Die antiken Gebäude im Museum für Müllerei und Landwirtschaft verstecken in sich die ganze Wahrheit über ihr Dasein. Die industrielle Windmühle Józef-Adam war bis 1981 in Betrieb. Das 300-jährige Objekt ist technisch gesehen noch auf dem höchsten Stand. Die Produktion könnte man problemlos wieder aufnehmen. Die Schicksalswege von Franciszek sind hingegen etwas komplizierter. Die Mühle wurde mehrmals ausgeraubt und zerstört. Damit sie aber nicht noch mehr verfällt, wurde hier eine sog. Zeitkapsel eingerichtet. In ihr befinden sich um die 3000 verschiedenen Exponate, die mit Landwirtschaft verbunden sind, und Gegenstände des täglichen Gebrauchs, die zeigen, wie die Menschen früher gelebt und welche Werkzeuge sie benutzt haben. Darüber hinaus gibt es auf dem Gelände des Museums ein kleines Freilichtmuseum und eine Wassermühle, die der Eigentümer einschaltet.

Fremdes lobt ihr und schätzt das Eigene nicht

Der Traum vieler Menschen ist es, Urlaub im Ausland am rauschenden Meer oder wunderschönem Strand zu machen. Doch nur wenige wissen zu schätzen, wie viele Attraktionen es in ihrem Heimatland gibt. Dies trifft auch auf das Museum in Storchnest/Osieczna zu. Der größte Teil der Besucher sind Ausländer. Auch ausländische Medien interessieren sich für diesen Ort. Letztens hat ein Team vom Discovery Channel hier Material über die alte Müllerei aufgenommen. Und obwohl man in Polen nur wenig über das Museum hört, erfreut es sich in der Welt großer Popularität.

Eine schöne Überraschung für viele ausländische Gäste ist die Tatsache, dass sie durch das Museum nicht von einem fremdsprachigen Begleiter geführt werden, sondern von dem Besitzer und seinem Sohn. Zusammen sind sie ein gut eingespieltes Team, das sowohl englisch- als auch deutschsprachige Gruppen problemlos durch die historischen Gebäude herumführt.

Um das Museum zu besichtigen, muss man sich nicht vorher anmelden. Bis Ende September kann man hier jeden Tag zwischen 10 und 16 Uhr vorbeikommen. Ab Oktober ist das Museum nur an Wochenenden geöffnet.


Foto z.V.g. vom Museum für Müllerei und Landwirtschaft 

Wozu soll man alte Windmühlen retten?

“Es lohnt sich deshalb, weil dies das unglaubliche technische Wissen unserer Vorfahren ist, die uns dieses Erbe hinterlassen haben. Das ist unsere nationale Tradition. Die Windmühle ist das Symbol Großpolens, das seit Jahrhunderten ein Teil unseres Landes ist, es wäre schwierig, sie loszuwerden. Die Wahrheit sollte sich verteidigen, deshalb habe ich angefangen zu handeln. So entstand der Großpolnische Mühlenweg, welcher der größte Weg in Europa ist“. Damit die Windmühlen nicht in Vergessenheit geraten, renoviert der Kustos des Museums für Müllerei und Landwirtschaft in Storchnest/Osieczna Jarosław Jankowski und sein Sohn weitere Mühlen, welche die alte Geschichte widerspiegeln. Für die beiden ist es keine Arbeit, sondern vor allem eine Leidenschaft, der sie sich mit ganzem Herzen widmen.

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