Der Kulturzug Berlin–Wrocław / Breslau steht vor dem Aus. Das Projekt, das seit 2016 die niederschlesische Metropole mit der deutschen Hauptstadt verbindet, soll am 28. Dezember 2025 eingestellt werden. Damit endet eines der bekanntesten deutsch-polnischen Kulturprojekte der letzten Jahre – ein Symbol für Nähe und Austausch zwischen beiden Ländern.
Bestätigt wurde die Entscheidung von der Berliner Verkehrsverwaltung und dem Verkehrsministerium Brandenburg gegenüber dem rbb.
Der Grund? Steigende Kosten und geplante Einsparungen im Regionalverkehr. Der Zug gilt als wirtschaftlich nicht mehr rentabel.
Wrocław / Breslau verliert eine kulturelle Brücke nach Deutschland
Für Wrocław / Breslau bedeutet das Ende des Kulturzugs einen herben Verlust. Die Verbindung war nicht nur ein Transportmittel, sondern auch eine mobile Bühne für Kunst, Literatur und Musik.
Während der Fahrt fanden Lesungen, Ausstellungen und Konzerte statt, an denen regelmäßig polnische Künstlerinnen und Künstler teilnahmen. So entstand ein Ort des Dialogs zwischen den Kulturen – weit über die Grenzen Niederschlesiens hinaus.
Nach Angaben des Verkehrsverbunds Berlin-Brandenburg (VBB) war der Kulturzug „ein einzigartiges europäisches Kulturfestival auf Rädern“.
Keine finanzielle Unterstützung aus Polen – doch großes Interesse
Laut der deutschen Presse erhielt das Projekt keine finanzielle Förderung aus Polen. Trotzdem zeigte sich auf polnischer Seite großes Interesse: Die Tickets des Kulturzugs galten im städtischen Nahverkehr Wrocław (MPK) als Tageskarte, was den Zugang erleichterte.
Etwa 90 Prozent der Fahrgäste starteten ihre Reise in Deutschland, doch die kulturellen Beiträge an Bord kamen häufig aus Polen. Viele Veranstaltungen beschäftigten sich mit polnischer Geschichte, Sprache und Kunst, wodurch das Projekt in beiden Ländern Aufmerksamkeit fand.
Geringe Auslastung und hohe Kosten als Gründe für das Aus
Nach der Corona-Pandemie sank die Zahl der Reisenden deutlich. Laut Berliner Verkehrsverwaltung nutzten im Durchschnitt nur etwa 330 Personen pro Wochenende den Zug – 2019 waren es noch rund 420 Fahrgäste. Die Auslastung lag zuletzt unter 50 Prozent.
Der Kulturzug fuhr nur zwischen Freitag und Sonntag, was seine Nutzung für den Berufsverkehr unmöglich machte. Gleichzeitig verteuerten sich Wartung und Betrieb. Berlin und Brandenburg teilten sich die Kosten zu gleichen Teilen, unabhängig von der gefahrenen Strecke – ein Modell, das sich langfristig als zu teuer erwiesen hat.
Diskussion über Nachfolgeprojekt
Ein mögliches Nachfolgeprojekt ist in Vorbereitung. Die Berliner Senatskanzlei für Europaangelegenheiten prüft, ob kulturelle Angebote künftig in den regulären Direktverbindungen Berlin–Wrocław integriert werden können.
Derzeit bestehen drei tägliche Zugverbindungen, ab Dezember wird eine vierte hinzukommen. Auch neue Linien der Deutschen Bahn und der polnischen Bahn PKP sollen ab Mitte Dezember Leipzig, Wrocław / Breslau und Kraków / Krakau verbinden. Ob dabei erneut Kulturveranstaltungen an Bord stattfinden, bleibt offen.
Symbol des europäischen Zusammenhalts
Der Kulturzug war ein sichtbares Zeichen der Freundschaft zwischen Deutschland und Polen. Er verband Menschen aus beiden Ländern, präsentierte zeitgenössische Kunst und förderte gegenseitiges Verständnis.
Sein Ende wird in Polen als Verlust einer europäischen Idee wahrgenommen. Viele hoffen, dass ein neues Format entstehen wird, das die kulturelle Brücke über die Oder weiterhin lebendig hält.
Quelle: rbb24
Foto: facebook / @Kulturzug / Pociąg do kultury