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Polnischer Cider

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2013 als der Cider in Polen in Mode kam, wurde dem Getränk ein spektakulärer Erfolg vorausgesagt. Viele glaubten, dass der Trunk gar zur Nationalspezialität wird. Heute ist wiederum die Rede von nachlassender Produktion und Verkauf. Warum ist es so gekommen? Welche Zukunft erwartet den polnischen Cider?

 

Geschichte, die Spuren hinterlassen hat

Die Geschichte des Ciders reicht bis in die Zeit des Römischen Reichs, welches die Herstellung des Getränks von den keltischen Völkern übernahm, nachdem es von den Römern bezwungen wurde. Laut den historischen Überlieferungen der Crescentier werden erste Versuche den Trunk in Polen herzustellen, auf das Jahr 1571 datiert. Interessanterweise begann die Massenproduktion viel später, denn erst im 19. Jahrhundert. Bis dahin galt der Cider als ein Getränk der niedrig geborenen Plebejer. Dies ist insofern erstaunlich, dass in vielen Regionen Europas der Apfelwein immer beliebter wurde. Durch verschiedene historische Bedingtheiten probierte man die Produktion an der Weichsel erst in den 80er Jahren in Gang zu setzen. Dies kann man jedoch kaum damit vergleichen, was im 21. Jahrhundert geschah. “2011 wurde eine Cider-Definition in die nationalen Regelungen aufgenommen. 2013 kam wiederum ein echter Impuls, der durch die Entscheidung über die Anwendung eines ermäßigten Verbrauchsteuersatzes den heimischen Produzenten erst richtig die Herstellung ermöglichte”, erklärt Magdalena Zielińska, die Vorstandsvorsitzende des Polnischen Weinrates.

 

Geltende Rechtsvorschriften als Heil und Fluch zugleich

Polen gilt als eine führende Kraft beim Obstbau in Europa. So könnte man zum Entschluss kommen, dass man an der Weichsel alles hat, um das enorme Potenzial des Ciders auszuschöpfen. Die ursprünglichen Einschätzungen und die Entwicklung der Branche vermittelten den Eindruck, dass dies tatsächlich eintreffen könnte. “In den ersten Jahren nach dem Wendepunkt 2013, wuchs der Markt sehr dynamisch. 2016 konnten wir eine Stockung beobachten und 2017 sogar Produktionsrückgänge”, sagt Madgalena Zielińska. Das Mess- und Datenanalyse-Unternehmen Nielsen schätzt wiederum, dass allein im ersten Halbjahr 2018 der Ciderverkauf um 7% zurückgegangen ist. Was sind die Gründe für diese Entwicklung? Mit Sicherheit die geltenden Rechtsvorschriften. Einerseits gewährleisten sie eine hohe Qualität des Getränks, aber andererseits sind sie fast mit einer Handbremse gleichzusetzen, die die Entwicklung dieser Alkoholsparte hemmt. “Das polnische Gesetz wurde so ausgearbeitet, dass als Cider nur Erzeugnisse der höchsten Qualität bezeichnet werden können, um eine Kategorie zu schaffen, auf die man stolz sein kann und die sich mit der Zeit zum Nationalgetränk entwickelt. Das Problem ist aber die Untersagung der Werbung dieser Produkte. Für Cider kann im Gegensatz zum Bier in Polen nicht geworben werden, was das Erreichen der Kunden entscheidend erschwert”, erklärt die Vorstandsvorsitzende des Polnischen Weinrates. Diese Tatsache wurde auch von großen Firmen bemerkt, die in der Alkoholbranche tätig sind, wie etwa der Gruppe Żywiec oder Kompania Piwowarska. Beide verzichteten vor mehr als einem Jahr auf die Ciderproduktion zugunsten ciderähnlichen Biere. “Auf diese Weise haben sie einen wichtigen Teil des Marktes übernommen und erheblich die Entwicklung der Cider-Kategorien in Polen erschwert”, fügt Magdalena Zielińska hinzu und verweist gleichzeitig auf die Tatsache, dass eine der führenden Cider-Marken – Somersby – in Polen als ein Biergetränk mit Apfelgeschmack auf dem Markt präsent ist.

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Nische für aufgeklärte Kunden

Paradoxerweise könnte sich herausstellen, dass der im Schatten des Bieres stehende Cider, auf einem fruchtbaren Boden getroffen ist. “Das demografische Profil der Cider-Trinker verändert sich zusammen mit dem globalen Trend, der sich durch die Suche nach Produkten hoher Qualität auszeichnet. Nach dem Cider greifen vor allem reife und wohlhabende Verbraucher (30+), die nach Produkten höchster Qualität, regionalen und Bioprodukten suchen. Gleichzeitig sind sie auch Wein-Konsumenten. Entscheidend ist für sie also nicht der Preis, sondern die Qualität aber auch die Natürlichkeit und die authentische Herkunft des Produkts”, meint Agata Domaradzka, die Direktorin der Marketingabteilung bei der Firma Ambra S.A., die sich mit der Produktion, dem Import und dem Vertrieb von alkoholischen Getränken beschäftigt. Die angesprochene Premiumisierung könnte sich als rettend erweisen. “Zugang zu den Ressourcen, die Äpfel darstellen, zusammen mit moderner Infrastruktur, bewirken, dass Polen hervorragende Voraussetzungen hat, um ihre Position auf dem europäischen Markt zu steigern. In den letzten Jahren haben die polnischen Weinbetriebe aufgerüstet, viel investiert und greifen nach modernsten Technologien und arbeiten mit größter Sorgfalt an ihren Cider-Marken. Zusätzlich ist Cider eine der sich global am schnellsten entwickelnden Kategorien der Alkoholgetränke, was eine hervorragende Chance für polnische Produzenten darstellt”, sagt Magdalena Zielińska.

Trotz der Rückgänge bei der Produktion und dem Verkauf, könnte man dementsprechend alles andere behaupten, als das die Branche die Suche nach neuen Wegen, um die Kunden zu erreichen, aufgegeben hat. Die Hersteller experimentieren beispielsweise die ganze Zeit mit neuen Geschmacksvarianten. “Kunden, die nach Abwechslung und neuen Produkten suchten, wurden in den letzten zwei Jahren mithilfe von ungefilterten, Einzel-Sorten Cider oder Perry angesprochen. Gleichzeitig kann man aber prinzipiell von einer Einteilung in zwei Kategorien sprechen. Einerseits sind auf dem Markt hochqualitative Produkte erschienen, die vor allem die Premium-Kunden anziehen, aber andererseits auch neue ökonomische Cidermarken, die sparsame Kunden ansprechen”, erklärt Agata Domaradzka, die Direktorin der Marketingabteilung bei der Firma Ambra S.A. Eine Frage bleibt noch zu beantworten, nämlich welcher Cider eindeutig mit Polen assoziiert wird? Laut den Daten, die von Nielsen publiziert wurden, ist vor allem neben dem Apfel-Cider, der Perry sowie Erdbeer-Cider, die an Beliebtheit gewinnen.

 

Zum Erfolg verdammt

Momentan liegt der Cider in Konsumranking der Alkoholgetränke in Polen weit zurück und bleibt im Schatten von Bier und Spirituosen. Wenn man aber das Potenzial, das in den Äpfelressourcen sowie der modernen Weinproduktionstechnik und der Infrastruktur zusammen mit aktuellen Trends, denen Cider scheinbar entgegenkommt, zusammennimmt, kann man behaupten, dass der Trunk schon fast zum Erfolg verdammt ist. Wann gelingt der endgültige Durchbruch und ob Cider ein beliebtes, gar Nationalgetränk wird, ist schwer zu sagen. “Er braucht Zeit, damit er sich in der polnischen Kultur einwurzelt. Ein durchschnittlicher Pole trinkt fast 100 Liter Bier pro Jahr. Bei allen Getränken, die in die Kategorie Wein fallen (Wein, Fruchtwein, Honigwein und Cider), sind es wiederum gerade mal 6 Liter. Die Disproportion zwischen Bier und Cider ist zu diesem Zeitpunkt riesig. Solch einen Rivalen vom Thron zu stürzen, wird keine einfache Aufgabe. Die polnischen Konsumenten stellen aber immer höhere Anforderungen und treffen Kaufentscheidungen bewusster. Hier sehen wir auch eine Chance, für eine dynamische Weiterentwicklung der Cider-Kategorie”, resümiert Magdalena Zielińska.

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