Neue Verträge bieten neue Chancen. Es kann jedoch auch so passieren, dass man statt satten Gewinnen für unsere Leistung, heftige Verluste erleidet.
Zahlungsstockungen bergen Probleme
Eines der größten Handelsrisiken ist die Unfähigkeit eines Geschäftspartners, fällige Zahlungspflichten nachzukommen. Zahlungsstockungen seitens Kontrahenten können sich sehr negativ auf die Liquidität, und ferner auf die gesamte Finanzlage jedes Unternehmens auswirken. Im schlimmsten Fall kann ein Unternehmen sogar Pleite gehen. Um dies zu vermeiden lohnt es sich vor dem Abschluss eines Vertrages immer zu erkundigen, wie die Wirtschaftslage unseres Geschäftspartners aussieht. Solche Prüfungen geben uns zwar keine 100%-Sicherheit, aber das Unternehmen kann zu mindestens das Risiko auf eine zahlungsunfähige Firma oder sogar auf einen Betrüger zu treffen, minimalisieren.
In Polen stehen den Unternehmern viele Instrumente zur Verfügung, die ermöglichen, sich selber ein Bild über die Finanzlage eines Geschäftspartners zu machen, ohne dass er davon etwas mitbekommt. Private Firmen bieten Finanzanalysen der Geschäftspartner an. Die wichtigsten Informationen über andere Firmen kann man jedoch auch von öffentliche Anstalten erhalten, weil in Polen den Unternehmern verschiedene Veröffentlichungspflichte auferlegt sind. Der Umfang dieser Pflichten sowie der Inhalt der zu erlangten Informationen unterscheiden sich in Hinblick darauf, ob der Unternehmer eine Gesellschaft ist oder natürliche Person, die ein Gewerbe führt. Generell ermöglicht jedoch die Überprüfung eines jeden Kontrahenten mindestens zu klären:
- ob er als Kaufmann registriert ist und wie lange er schon auf dem Markt tätig ist,
- ob er seinen Verbindlichkeiten nachkommt,
- wie seine Finanzlage aussieht.
Handelsregister für alle zugänglich
Die beste Informationsquelle, wenn es sich um die Gesellschaften die in Polen registriert sind handelt, ist das polnische Handelsregister (Krajowy Rejestr Sądowy – KRS). Das Register ist öffentlich und auch per Internet zugänglich. Die Webseite unter: ems.ms.gov.pl wird vom polnischen Justizministerium verwaltet. Bei Bedarf können Interessierte einen Auszug aus dem Handelsregister jeder Gesellschaft die in Polen registriert ist, kostenlos abrufen. Überdies, anders als z.B. in Deutschland genießt ein Ausdruck des Registerauszuges dieselbe Rechtskraft wie eine öffentliche Urkunde. Man muss sich also nicht an ein zuständiges Gericht wenden, um einen Handelsregisterauszug zu erhalten oder beglaubigen zu lassen.
Es besteht auch die Möglichkeit, sich mit der ganzen Registerakte einer Gesellschaft, darunter auch ihren Jahresabschlüssen, bekanntzumachen. Die Akteneinsicht ist nur im Gericht möglich, in dem die Registerakte aufbewahrt sind, da diese nicht digitalisiert wird. Die Akte ist jedoch für jede Person zugänglich, ungeachtet ihr rechtliches oder nur faktisches Interesse.
Informationen im Register sind umfangreich
Mittels eines Handelsregisterauszuges kann man insbesondere folgende Informationen über eine Gesellschaft erhalten:
- der Sitz und das Gründungsjahr der Gesellschaft,
- das Gericht, das die Registerakten der Gesellschaft aufbewahrt,
- die Namen der Gesellschafter (bei einer Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością jedoch nur diese, die mehr als 5% der Anteile halten),
- die Organe der Gesellschaft, d.h. Geschäftsführer oder Vorstand, sowie ihre Prokuristen, samt Information betreffend Vertretungsbefugnisse,
- Angabe, ob über das Vermögen der Gesellschaft ein Insolvenz- bzw. Restrukturierungsverfahren eröffnet wurde, gegebenenfalls ob ein Insolvenzantrag mangels Masse abgewiesen wurde,
- Angabe, ob sich eine Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft als erfolgslos ausgewiesen hat,
- Angabe, ob Jahresabschlüsse dem Gericht vorgelegt wurden.
Den größten Wert haben die drei letzten Informationen. Sie geben ein Bild darüber, ob die Gesellschaft nicht schon insolvenzreif ist oder ihre Gesellschafter mit dem Vermögen „abtauchen“ wollen. Auch die sonstigen Informationen können aber von Nutzen sein. Man kann sich z.B. darüber erkundigen, wer im Namen der Gesellschaft handeln darf und somit das Risiko der Nichtigkeit eines Vertrages vermeiden. Es lohnt sich auch, den Handelsregisterauszug in Hinblick auf die Geltendmachung von Ansprüchen gegenüber Versicherern zu überprüfen. Heutzutage versichern viele Unternehmer ihre Transaktionen für den Fall von Zahlungsstockungen seitens Geschäftspartner. Die Versicherungsanstalten verweigern jedoch oftmals die Auszahlung eines Schadensersatzes, wenn der Versicherte Unternehmer beim Vertragsabschluss fahrlässig gehandelt hat. Diesen Vorwurf erheben sie insbesondere dann, wenn zum Tage des Vertragsabschlusses im Handelsregister des Kontrahenten z.B. Informationen über erfolgslose Zwangsvollstreckungen eingetragen worden sind oder wenn der Kontrahent die erforderlichen Unterlagen, darunter Jahresabschlüsse, nicht fristgerecht beim Registergericht eingereicht hat.
Auch das Gewerbe ist informationspflichtig
Die wichtigsten Informationen über Personen, die ein Gewerbe führen, sind in der Zentralen Evidenz und Information über das Gewerbe gespeichert (Centralna Ewidencja i Informacja o Działalności Gospodarczej – CEIDG). Das polnische Entwicklungsministerium verwaltet eine Internetseite unter: prod.ceidg.gov.pl, auf der ein Einblick in die Evidenz möglich ist. Anders als im Falle des Handelsregisters ist die Evidenz auch in der englischen Sprache abrufbar. Der Umfang der Informationen in der Zentralen Evidenz ist aber im Vergleich mit dem Handelsregister eher gering. Es besteht lediglich die Möglichkeit, sich über den Namen, den Sitz und die statistischen Nummern des Unternehmers zu erkunden, sowie zu prüfen in welchen Geschäftsbereichen der Unternehmer tätig ist, ob ein Gewerbeverbot auf ihn auf erlegt wurde und ob über sein Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Evidenz sind ferner die Angaben über Vollmachten sowie der Ausführung der unternehmerischen Tätigkeit in Form einer Gesellschaft des bürgerlichen Rechts zu entnehmen.
Register der zahlungsunfähigen Schuldner
Beim Gewerbe besteht leider nicht die Möglichkeit, Informationen über die Finanzlage des Geschäftspartners zu erlangen. Zwar kann sich ein Unternehmer ans Finanzamt oder eine Krankenkasse mit der Frage wenden, ob sein künftiger Kontrahent keine Zahlungsrückstände gegenüber diesen Ämtern aufweist, allerdings benötigt dies der Zustimmung der Betroffenen. Im Falle einer fehlenden Zustimmung besteht jedoch immer die Möglichkeit, den Kontrahenten mindestens mittels des Registers der zahlungsunfähigen Schuldner (Rejest Dłużników Niewypłacalnych) zu überprüfen. Im Register werden u.a. Personen eingetragen, bei denen sich die Zwangsvollstreckung als erfolglos ausgewiesen hat. Das Register ist auch per Internet zugänglich. Um jedoch eine bestimmte Person überprüfen zu können, bedarf man die Nummer zu kennen, unter der diese Person und ihre Schuld ins Register eingetragen wurden. Um diese Nummer zu erlangen oder generell um zu prüfen, ob jemand in dem Register überhaupt eingetragen wurde, muss man dies beim Registergericht beantragen. Der Antrag ist kostenpflichtig. Die Gebühr beträgt 30 Zloty.
Das Risiko geht runter
Wie bereits am Anfang gesagt, gibt die Überprüfung eines Geschäftspartners keine 100%-Sicherheit, dass beim Vertragsabschluss alles klappen wird. Sie senkt jedoch zumindest das Risiko, auf einen zahlungsunfähigen Kontrahenten zu treffen. In Polen sind die meisten hauptsächlichen Informationen schnell, leicht und kostenlos per Internet abrufbar. Erfahrungsgemäß kann man nur empfehlen, einer Überprüfung des Geschäftspartners 10 Minuten zu widmen, um einen ruhigen Schlaff zu gewinnen.
Zum Autor:
Aleksander Giehsmann, in Polen als Rechtsanwalt zugelassen. Er führt eine Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Wrocław und Kędzierzyn-Koźle, die kleine und mittlere Unternehmen bei der Unternehmensführung rechtlich begleitet.