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Persönliche Haftung von Geschäftsführern einer poln. GmbH (Spółka z o.o.)

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Viele ausländische Investoren betreiben ihr Gewerbe auf dem polnischen Markt in der Rechtsform einer Spółka z ograniczoną odpowiedzialnością – Äquivalent einer deutschen GmbH. Meistens entscheiden sie sich selbst die Geschäftsführung zu übernehmen, da dies u.a. mit einem hohen Ansehen verbunden ist. Die Geschäftsführung einer Spółka z o.o. ist aber nicht nur mit Ruhm verbunden, sie ist auch vielen Risiken ausgesetzt, und zwar von finanzieller und strafrechtlicher Natur.

Haftung gegenüber der Gesellschaft

Die Geschäftsführer vertreten die Gesellschaft nach außen und führen ihre Geschäfte. Dabei haben sie sehr weitreichende Kompetenzen – ihnen stehen alle Befugnisse zu, die nicht an andere Organe verteilt wurden. Die Kompetenzen der Geschäftsführer unterliegen nur den Beschränkungen, die im Handelsgesellschaften Gesetzbuch, im Gesellschaftsvertrag und in den Gesellschafterbeschlüssen bestimmt sind. Solch eine Vielfalt von Befugnissen kann jedoch zur Folge haben, dass die Geschäftsführer manchmal doch eine Handlung vornehmen, die gegen das Gesetz oder die Bestimmungen des Gesellschaftsvertrags verstoßt und der Gesellschaft einen Schaden verursachen. Für solch ein Verstoß haften die Geschäftsführer gesamtschuldnerisch gegenüber der Gesellschaft, d.h. dass die Gesellschaft frei wählen kann, ob sie eine (volle) Leistung von allen oder nur manchen Geschäftsführern verlangt. Voraussetzung für die beschriebene Haftung ist, dass die Geschäftsführer zumindest fahrlässig gehandelt haben, also nicht die im Rechtsverkehr erforderliche Sorgfalt beachtet haben. Das häufigste Beispiel einer solchen Handlung ist, wenn die Geschäftsführer Auszahlungen aus der Gesellschaftskasse an Gesellschafter vollziehen, obwohl keine Rechtgrundlage für eine solche Zahlung vorhanden ist.

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In solchen Fällen kann die Gesellschaft eine Klage gegen die Geschäftsführer einreichen. Wenn die Gesellschaft einen solchen Rechtsschritt nicht vornimmt, kann jeder der Gesellschafter eine Klage einreichen. Im zweiten Fall oder im Falle einer Insolvenz der Gesellschaft, können sich die zum Schadenersatz verpflichteten Geschäftsführer nicht einmal darauf berufen, dass die Gesellschafter einen Beschluss gefasst haben, in dem die Geschäftsführer entlastet wurden. 

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Überdies ist zu beachten, dass jede Handlung eines Geschäftsführers, die ein Verstoß gegen die erteilten Befugnisse oder Nichterfüllung einer Plicht darstellt und zu Vermögensschäden führen kann, als eine Straftat betrachtet werden kann, die mit einer Freiheitsstrafe von 3 Monaten bis zu 5 Jahren zu bestrafen ist. Wenn ein Geschäftsführer mit seiner Handlung einen persönlichen Vermögensvorteil erzielt, kann ihm eine Freiheitsstrafe bis zu 8 Jahren auferlegt werden. 

Haftung für Verbindlichkeiten gegenüber den Gläubigern der Gesellschaft 

Im Grundsatz haften für die Verbindlichkeiten einer Spółka z o.o. die Gesellschaft selbst und nicht die Gesellschafter oder Geschäftsführer. Dies ergibt sich daraus, dass eine Spółka z o.o. eine Kapitalgesellschaft ist, die als ein getrenntes Subjekt von seinen Mitgliedern zu betrachten ist. In manchen Fällen können aber die Geschäftsführer einer Gesellschaft doch für ihre Verbindlichkeiten haften. Dies ist der Fall, wenn sich eine Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft als erfolglos erwiesen hat und die Gesellschaft nicht imstande ist, all ihren Zahlungspflichten nachzukommen. In diesem Fall tritt die sog. Insolvenzverschleppungshaftung ein, die im Art. 299 Handelsgesellschaften Gesetzbuch geregelt ist. Die Geschäftsführer haften in einem solchen Fall für alle offenen Verbindlichkeiten der Gesellschaft als Gesamtschuldner. 

Um die Forderung gegen die Geschäftsführer geltend zu machen, muss ein Gläubiger eine Klage gegen sie erheben.  Ein Geschäftsführer kann sich von der Haftung nur befreien, wenn er nachweist, dass ein Antrag auf Eröffnung eines Insolvenz- oder Restrukturierungsverfahrens fristgemäß gestellt wurde oder ihn bei der Unterlassung der Antragsstellung kein Verschulden trifft oder auch, dass der klagende Gläubiger trotz Unterlassung des Eröffnungsantrags keinen Schaden erlitten hat. Hier ist zu beachten, dass nach polnischem Recht, eine Spolka z o.o. dann insolvent ist, wenn sie entweder zahlungsunfähig oder überschuldet ist. Die Gesellschaft ist zahlungsunfähig, wenn sie nicht in der Lage ist, die fälligen Zahlungspflichten zu erfüllen. Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen der Gesellschaft die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt und zwar seit mindesten 24 Monaten. Ab dem Zeitpunkt der Insolvenzreife ist jeder Geschäftsführer ungeachtet den Vertretungsregeln verpflichtet, einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenz- oder Restrukturierungsverfahrens binnen 30 Tagen zu stellen. 

Die polnische Rechtsprechung hat die Vorschriften, die die oben genannte Haftung betreffen, zu Gunsten der Gesellschaftsgläubiger sehr liberalisiert. Es reicht aus, wenn der Gläubiger beweist, dass ihm eine Forderung zusteht und dass sich ein Vollstreckungsverfahren ins Vermögen der Gesellschaft zwecks Einziehung dieser Forderung als erfolglos erwiesen hat oder sogar nur erwiesen hätte. Um eine Klage gegen einen Geschäftsführer wegen Verbindlichkeiten der Gesellschaft einzureichen, muss der Gläubiger nicht einmal ein eigenes Vollstreckungsverfahren geführt haben. Daher ist es in der Praxis für die Geschäftsführer oft sehr schwer, sich von der persönlichen Haftung zu befreien. 

Anzumerken ist, dass sich ein Geschäftsführer von der beschriebenen Haftung nicht befreien kann, wenn er nur nachweist, dass faktisch die Gesellschaft durch einen Manager vor Ort geleitet wurde oder auch dass sich jeder Geschäftsführer nur mit einem beschränkten Tätigkeitsbereich, wie etwa Produktion oder Human Ressourcen, beschäftigt hat. 

Insolvenzverschleppung nicht nur zivilrechtlich verfolgt

Jede Gesellschaft ist ein Steuerzahler. Stellt sie Arbeitnehmer an, ist sie auch verpflichtet, Zahlungen an eine staatliche Krankenkasse vorzunehmen. Es kann dann auch passieren, dass gegenüber dem Steueramt oder der Krankenkasse Zahlungsrückstände entstehen. Im Falle einer erfolglosen Zwangsvollstreckung gegen die Gesellschaft haften die Geschäftsführer auch für die Steuerverbindlichkeiten und Verbindlichkeiten der Gesellschaft gegenüber der Krankenkasse. Die Haftungsgrundlagen und Haftungsbefreiungsregeln sind hier fast gleichartig wie bei zivilrechtlichen Verbindlichkeiten

Es soll auch beachtet werden, dass im Falle einer erfolglosen Zwangsvollstreckung, meist von einer Insolvenzverschleppung auszugehen ist. In solchen Situationen können die Geschäftsführer nicht nur zivilrechtlich, sondern auch strafrechtlich haften. Eine Insolvenzverschleppung ist eine Straftat, die mit einer Geldstrafe, einer Freiheitsbeschränkung oder einer Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr bestraft werden kann.

Andere Haftungsrisiken 

Es bestehen auch weitere Haftungsrisiken im Bereich der Geschäftsführung einer polnischen GmbH. Die Gesellschaft ist beispielswiese verpflichtet, gemäß dem Rechnungslegungsgesetz jährlich Auskünfte über ihre Finanz- und Vermögenssituation zu geben. Dieser Pflicht wird nachgekommen, indem ein Jahresabschluss erstellt und beim zuständigen Handelsregistergericht und Steueramt eingereicht wird. Für die Erstellung des Jahresabschlusses, sowie für seine Einreichung bei den zuständigen Organen, sind die Geschäftsführer der Gesellschaft verantwortlich. Die Nichterfüllung dieser Plicht kann dazu führen, dass die Geschäftsführer bestraft werden. Die Nichterstellung eines Jahresabschlusses wird mit einer 2-jährigen Freiheitsstrafe bestraft, hingegen ist die Unterlassung der Einrechnung des Jahresabschlusses beim Handelsregistergericht mit einer Geldstrafe oder einer Freiheitsbeschränkung zu bestrafen. Bei der Unterlassung der Einreichung des Jahresabschlusses beim Steueramt ist mit einer Geldstrafe zu rechnen. 

Oben wurden nur die „häufigsten“ Haftungsrisiken genannt. Man soll jedoch beachten, dass die Funktion des Geschäftsführers einer polnischen GmbH nicht nur mit einem hohen Ansehen verbunden ist, aber auch Haftungsgefahr mit sich herbeiführt. Es lohnt sich also als Geschäftsführer über die Haftungsfälle in Kenntnis zu setzen, insbesondere wenn die Gesellschaft tatsächlich von einem Manager vor Ort geleitet wird und der deutsche Geschäftsführer nur Dokumente auf Anweisung dieses Managers unterschreibt.

 

 

Zum Autor:

Aleksander Giehsmann, in Polen als Rechtsanwalt zugelassen. Er führt eine Rechtsanwaltskanzlei mit Sitz in Wrocław und Kędzierzyn-Koźle, die kleine und mittlere Unternehmen bei der Unternehmensführung rechtlich begleitet. 

www.adwokat-agk.pl

 

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