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Des Teufels Sandkasten

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Pittoreske Orte werden oft als Naturwunder bezeichnet. Doch ist Mutter Natur für deren Entstehung immer nur allein verantwortlich? Kann diese Verantwortung der Mensch oder gar der Teufel übernehmen? Ja!

Mutter Natur und der Teufel schweben im Liebesrausch über die Tanzfläche. Sie tanzen Tango – sie schlägt mit ihren Absätzen und seine Krallen funken auf den Steinen. Der zerfetzte Boden wird zum Sand. Wo haben sie getanzt? Zwischen Schlesien und Kleinpolen! 

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Stopp! 

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Die Geschichte der polnischen Sahara ist eine andere. Viel interessanter, denn in diesem Teufelsspiel mischen der Mensch, die Natur und das Ungeheuer selbst mit.

 

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Im Sande verlaufen

Die Błędów-Wüste oder anders, die polnische Sahara. Ein Ort, wo sich die pittoreske Wüstenlandschaft mit der zerstörerischen Menschenhand trifft. Ein Kontrast der alle Besucher heute entzückt. Doch wie kam es dazu, dass mitten in Polen eine Wüste entstanden ist? Da hatte der Teufel höchstpersönlich seine Hand im Spiel.

Der Legende nach, schloss der polnischer Adelige Jan Twardowski, Pan Twardowski genannt, auch bekannt als der Polnische Faust, einen Pakt mit dem Teufel, den er zu seinem Untertanen machte. Das Biest erfüllte alles, was immer Twardowski befahl. So ließ Twardowski Bodenschätze aus ganz Polen an eine einzige Stelle bei Olkusz/Olkusch zusammentragen. Die teuflische Macht erledigte die Aufgabe anstandslos. Um den ganze Reichtum vor der Gier der Menschheit zu schützen, wurden die Schätze mit Sand zugeschüttet. Twardowski und der Teufel versuchten sich gegeneinander immer wieder zu überlisten, was damit endete, dass der Adelige bis heute auf dem Mond fest sitzt und von dort aus, die Erde beobachtet. Den Schatz musste er zurücklassen.

Die Einheimischen erfuhren von den verborgenen Schätzen und begannen Bergwerke zu errichten und die Edelmetalle abzubauen. Das gefiel dem Teufel überhaupt nicht. Schließlich, je tiefer sie gegraben haben, desto näher sind sie der Hölle gekommen. Das Biest musste schnell handeln, damit das Tor zur Hölle nicht geöffnet wird und die sündigen Seelen, die dort für ihr schändliches Leben bestraft werden, nicht entkommen. So nahm er einen riesengroßen Sack und Flog an die Ostsee. Dort füllte er ihn bis zum Rand mit Sand auf, um die Olkuscher Gruben zuzuschütten. Auf dem Rückflug zerriss der Sack am Kirchturm in Klucze und der tollpatschige Teufel verstreute alles in der Umgebung. So entstand angeblich die Błędów-Wüste.

Der Teufel steckt im Detail

Bekanntlich steckt in jeder Legende ein Funken Wahrheit. So ist es auch im Fall von der polnischen Sahara. Der Polnischadlige Twardowski ist zwar eine Figur aus der Literatur, doch die Bodenschätze, die in der Nähe von Olkusz/Olkusch angeblich versteckt wurden, die gab es wirklich. Hier kommt Mutter Natur und die Menschenhand ins Spiel.

Vor Jahrzehnten wuchsen auf dem heutigen Wüstenland wuchtige Bäume. Doch der Mensch entdeckte, dass der Boden reich an Blei- und Silbererz ist. Für den Bergbau und die Hüttenindustrie, die sich in dieser Gegend im 18. Jahrhundert prächtig entwickelten, brauchte man sowohl Holz als auch Wasser. Die Bäume wurden maßlos gerodet bis sich der Sand aus der Gletscherzeit offenbarte. Gleichzeitig sank auch der Grundwasserspiegel immer weiter. Nach jahrelanger Verwüstung rauschte hier nur der Wind, welcher den Sand fröhlich in die Höhe warf. So ist die Błędów-Wüste eine ökologische Katastrophe, die sich im Laufe der Jahre zu einer Sehenswürdigkeit entwickelte. Da lacht selbst der Teufel.

 

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Ein Wüstensturm zwischen Schlesien und Kleinpolen

Der Mensch nahm schließlich seinen Kopf aus dem Sand und bemerkte das Militärpotential der Wüste, die später zum Sandkasten der Armee wurde. Hier bereitete sich die erste Brigade der polnischen Legionen auf die Kämpfe im Ersten Weltkrieg vor. Später, wurde die Wüste zum Übungsplatz von Jagd- und Bombenflugzeugen sowie auch der Infanterie und Artillerie. Die Luftwaffe testete hier neue Bomben und Waffen. 

Laut wurde es gewiss damals auch in der Hölle. 

Auch nach dem Zweiten Weltkrieg bekam der Teufel keine Ruhe. Im Jahr 1948 wurde die Wüste wieder zum Truppenübungsplatz und in den Folgejahren war sie für Zivilisten nicht zugänglich. Bis heute gehört der nördliche Teil der Armee, welche hier internationale Manöver veranstaltet. Regelmäßig wird die Błędów-Wüste von Fallschirmspringern genutzt, die man bei der Übung von den Aussichtspunkten beobachten kann. 

Mutter Natur lässt nicht locker

In Zeiten der Polnischen Volksrepublik hat man dem Gelände nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt und somit fast dieses einzigartige Wüstenland zerstört. In den 60er Jahren des 20. Jahrhunderts wurden hier sogar Bäume gepflanzt. Den Sand aus der Błędów-Wüste nutzte man wiederum als Versatz im Bergbau. Schnell wurde aus der polnischen Sahara eine Wiese mit Sträuchern und Bäumen, die ihren einzigartigen Flair teilweise unwiederbringlich verlor. 

Zum Glück brachte das 21. Jahrhundert eine Kehrtwende in der Denkweise. Der Tourismus ist wichtiger denn je, und der Sandkasten, der ein tollpatschiger Teufel schuf, kann nicht so einfach verschwinden. So wurde die Błędów-Wüste zum Schutzgebiet, um das sich sowohl die Armee, als auch die lokalen Behörden kümmern. Mutter Natur lässt aber nicht locker. Ohne die Eingriffe der Menschen, die dem Aufrechterhalten der Wüste dienen, würde sie sich schnell von einem Sandkasten zu einer grünen Wiese umwandeln.

 

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Durch Wüste und Wildnis

Neben der Armee nutzte die polnische Sahara auch die heimische Filmbranche. Allerdings lange bevor Netflix oder andere Streamingdienste entstanden sind. Hier drehte in den 60er Jahren Jerzy Kawalerowicz die Szenen für den «Pharao», der später eine Nominierung für die Goldene Palme beim Internationalen Filmfestival in Cannes und 1967 eine Nominierung als Bester fremdsprachiger Film für einen Oscar bekam. Damals hat aber Mutter Natur entspannt zugeschaut, denn die Wüste war viel größer als heute und eignete sich perfekt für einen Monumentalfilm mit der Handlung in Afrika oder einen Abenteuerfilm, wie etwa die Verfilmung von «Durch Wüste und Wildnis».

Auf den heutigen 32 Quadratkilometern, welche das Wüstenland umfasst, erlebt man keine Fata Morgana, wie es angeblich Anfang des 20. Jahrhundert der Fall war. Mutter Natur hat mit der Hilfe des Menschen sich mittlerweile zu viel zurückgeholt. Sie hatte aber einen Teufelsplan. 

Steigt man auf den Czubatka-Hügel in Klucze, so erscheint einem eine Landschaft, wie aus den Netflixserien «Dark» oder «The Rain». Einerseits ist es dieser Kontrast zwischen der Wüste, der Wildnis und den Fabrikschloten, die man in der Ferne sieht. Andererseits sieht die Wüste, wie ein riesengroßes Loch, das nach einer nuklearen Explosion entstanden ist, aus. Bei trübem Wetter und dunklen Wolken bekommt man Gänsehaut. Einheimische würden allerdings behaupten, dass genau hier der Teufel seinen Sack zerriss und den Sand verstreute.

Auf Sand gebaut

Vom Aussichtspunkt in Klucze sieht man auch das Flusstal der Biała Przemsza, welches wie eine Oase empor wächst und die Wüste durchschlägt. Neben dem Czubatka-Hügel gibt es noch zwei weitere Aussichtspunkte bzw. Plattformen. In der Ortschaft Chechło befindet sich der Dąbrówka-Hügel, mit einer Aussichtsplattform, Infotafeln und einer atemberaubenden Aussicht. Von hier aus kann man auch die Fallschirmspringer beobachten. Dieser Teil der Błędów-Wüste gehört der Armee. Deswegen sollte man die Infotafeln beachten und nicht zu weit ins sandige Hinterland hineingehen. Das könnte nämlich ein böses Ende nehmen und mit einem Strafzettel enden.

Familien mit Kindern, die unbedingt im Sandkasten des Teufels spielen und eine waschechte Wüste erleben möchten, sollten sich zur sog. Kompassrose (poln. Róża Wiatrów) auf den Weg machen. Hier kann man sich nicht nur gut informieren, aber auch hervorragend spielen. Auf den Treppchen und Podesten wurden nämlich alte Militärgeschütze aufgestellt. Und Sand zum Spielen gibt es auch genügend. Der Sack des tollpatschigen Teufels war anscheinend ziemlich groß.

Bei einem sonnigen Tag kann man die Wüste auch in ihrer gefährlichen Schönheit erleben. Der Sand brennt wortwörtlich unter den Füßen. Ein langer Spaziergang ohne Wasser und Kopfbedeckung ist auch alles andere als empfehlenswert. Schließlich ist es des Teufels Sandkasten.

 

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