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Von einem Strandhändler zum erfolgreichen Bernsteinschneider – die Geschichte von Dariusz Front

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Bernstein und die Ostsee gehören einfach zusammen. Es fällt schwer, sich den Urlaub am Meer in Polen ohne Souvenirs mit diesem Stein an jeder Ecke vorzustellen. Was ist aber so besonders an diesem Rohstoff und wie sich die Branche im Laufe der Zeit verändert hat, verrät Dariusz Front, Besitzer des Familienunternehmens Afront in Kolberg, das seit 1992 im Bernsteingeschäft ist. Seine Geschichte fängt aber noch früher an…

Bernsteinketten in den 50er Jahren

Mein Großvater Bolesław Front, der als Dockarbeiter in den Danziger Hafen arbeitete, hatte sich schon in den 50er Jahren durch Verkauf von Bernsteinketten, Armbänder und Anhängern dazuverdient. Er Verkaufte sie an der Mottlau bei dem Krantor oder auf dem alten Ring. Das ganze Sortiment – 8-12 Schmuckstücke – hängte von seiner Hand. Die Kundschaft dieser Schätze waren am öftesten Ausländer, die mit Marken, Tschechischen Kronen,  Dollars und anderen Währungen, die man damals nicht besitzen dürfte, bezahlte. Der öffentliche Ankaufskurs war sehr niedrig und alles wurde sehr oft von der Bürgermiliz (MO) kontrolliert und konfisziert. Damals funktionierte nur das Staatsunternehmen Cepelia.

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Mein Vater Kazimierz Front, der zuerst in der Militäreinheit der Polnischen Armee und später als Fischer gearbeitet hatte, fertigte ab der Hälfte der 70er Jahre zusammen mit meiner Mutter Bernsteinschmuck an, den er später verkaufte. Damit beschäftigte er sich bis Einführung des Kriegszustands. Danach hat das polnische Recht die Führung eines Privatunternehmens so erschwert, dass solcher Verkauf zu riskant und unrentabel war.

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Der Schmuck wurde entweder auf der Hafenmole oder auf der Promenade in Kolberg verkauft. Wie man auf dem Foto sehen kann, war der Schmuck auf einer Decke befestigt. Im Hintergrund sieht man die ganze Hafenmole geschmückt mit Fahnen – das war typisch für diese Zeiten. Als der Streifenwagen der Bürgermiliz eingefahren kam, packte man die Decke mit dem Schmuck und mischte sich unter die Touristen. Damals dürfte man gar nichts. Meine Eltern hörten damit auf, als der Kriegszustand eingeführt wurde.

1989 fangen in Polen an, die Gesetze der Marktwirtschaft zu gelten. Man konnte ohne Einschränkungen sein eigenes, privates Unternehmen führen. Es war die Zeit der Veränderungen und gleichzeitig des Arbeitslosigkeitsanstiegs. Als ich 1990 meine Ausbildung beendet hatte, standen mir zwei Wege bevor. Entweder Arbeitslosengeld oder etwas zu unternehmen. Mein Großvater hat mir den Bernstein geraten und so habe ich es auch gemacht. Während des ersten Monats habe ich den selbst gemachten Schmuck auf dem Strand verkauft. Nach dieser Zeit konnte ich mir schon einen touristischen Tisch leisten und nach drei Jahren einen gebrauchten polnischen Polonez kaufen, mit welchen ich jeden Tag an den Strand fuhr. Damals hatte ich schon ein Zelt,  großen Verkaufstisch und zwei Schaukasten.

Mit der Zeit stellte es sich heraus, dass man sich weiterentwickeln muss, wenn man im Geschäft bleiben will. Mit der Eröffnung des Internetshops habe ich ins Schwarze getroffen. Dabei half mir meine Leidenschaft für Mathe und Informatik – so konnte ich viel alleine machen und somit viel Geld sparen.


Die Hafemolle in Kolberg heute

Drei Perioden in der Bernsteinbranche

Aus der Geschichte geht hervor, dass wir eigentlich drei Perioden in der Bernsteinbranche beobachten können, die aber mit der allgemeinen Entwicklung auf dem polnischen Markt übereinstimmen. Die Jahre 1950-1981 standen unter dem Zeichen der Heimarbeit und Zusatzbeschäftigung. Jeder, der nicht in einem Staatsunternehmen gearbeitet hatte, war auf der schwarzen Liste der Bürgermiliz. Private Initiativen waren nur ungern gesehen. Der herrschende Produktmangel führte dazu bei, dass wir von einem Produzentenmarkt sprechen können. Beliebige Menge von Bernsteinschmuck wurde gleich am selben Tag verkauft.

Die Zeitspanne von 1981 bis 1989 mit ihrem Kriegszustand und Systemveränderung unterschied sich nur damit, dass Privatunternehmen noch negativer angesehen worden sind.

Ab 1989 beginnt die Umwandlung des Markts von produzent- zur kundenorientiert. Eine Person, die früher alles von A bis Z allein gemacht hat, kommt heute nicht mehr zurecht. Die Arbeiter fangen an, sich in bestimmten Bereichen zu spezialisieren. Eine Person, die gut bohrt, muss nicht mehr die Bernsteine auffädeln. Wenn sie alles alleine machen müsste, würde es nicht nur die Leistung verschlechtern, sondern auch den Preis steigen. So sind die Margen kleiner und der Umsatz größer. Allgemein gilt aber: Der Kunde muss zufrieden sein, denn die beste Werbung macht eben der Kunde, wenn er uns weiterempfehlt.


Foto: Dariusz Front

Was der Bernstein so drauf hat?

Man kann eindeutig sagen, dass an den Bernstein am meisten Menschen über 40 Gefallen finden. Wir geben uns aber Mühe, um auch jüngere Personen mit unseren Produkten anzusprechen. Dazu verbinden wir den Bernstein nicht nur mit Silber und Gold, aber auch mit Edelstahl, Kautschuk oder speziellen Draht. Im unseren Angebot ist auch mit Bernstein geschmücktes Geschirr zu finden, dass man im alltäglichen Leben nutzen kann, aber nicht in die Spülmaschine waschen darf. Wir haben auch Kunden, die seit 20 Jahren bei uns Bernsteine kaufen, aus denen sie den Bernsteinlikör vorbereiten. Die in den Ostseebernstein enthaltene Bernsteinsäure hat viele Heileigenschaften und wirkt sich positiv auf den menschlichen Organismus aus.

Es ist schwer zu sagen, wie sich der Verkauf von Bernstein in Polen im Laufe der Jahre verändert hat, denn es war zu sehr von dem jeweiligen politischen System abhängig und nicht durch Trends und Mode bedingt.

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Ein Herz aus Bernstein

Ich liebe meine Arbeit – besonders wenn ich mit neuen interessanten Steinen arbeiten darf. Ich bin ständig auf der Suche nach Informationen über den Bernstein. Wir wissen noch so wenig über diesen Rohstoff, bestimmt warten noch viele Lagerstätte darauf, entdeckt zu werden. Die Bearbeitung von Bernstein verlangt keine speziellen Fähigkeiten – es reicht ein manuelles und kreatives Gespür, das ich selbst nicht habe… Die Arbeit mit dem Bernstein ist viel einfacher als mit anderen Edelsteinen, was mit seiner Härte verbunden ist. Der Bernstein ist ziemlich weich – erreicht die zweite Stufe auf der Mohs-Skala. Bei dem gestreiften Feuerstein zum Beispiel handelt es sich um 6-7 Mohshärte, sogar die Koralle ist doppelt so hart. Dies führt dazu, dass der Bernstein sehr leicht zum schliffen und polieren ist, was zugleich seine Achillesferse bildet. Bernstein kann sehr schnell zerkratzt werden, er verliert auch seinen Glanz. Es hilft, den Schmuck sanft zu polieren. Außerdem muss man aufpassen, denn dieser Rohstoff ist sehr brüchig – ein Sturz kann mit einem Riss enden und damit kann man nichts mehr tun.

Der “Unsere”

Für Schmuck und andere Gegenstände wird in 99% der Ostseebernstein verwendet, der aus Masuren, der Region um Danzig herum und Oblast Kaliningrad kommt. Sehr selten greift man nach dem blauen Bernstein aus Südamerika, der sehr teuer ist. Diese Bernsteinart hat im Unterschied zu unserem Bernstein keine Heileigenschaften und sein Preis richtet sich nach dem Smith-Prinzip also Angebot-Nachfrage. Es kommt vor, dass Schmuck auf Bestellung aus Bernstein aus anderen Kontinenten angefertigt wird. Wir verwenden nur unseren Bernstein.

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