Fremdes Kapital trägt nicht mehr wie früher – Neuer Bericht zeigt, warum Polen auf eigenes Kapital setzen muss

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Noch vor zwanzig Jahren galt ausländisches Kapital als Symbol des polnischen Transformations­erfolgs. Deutsche Fabriken, französische Handelsketten und amerikanische Dienstleistungszentren prägten das Bild eines Landes, das endlich Teil des Westens geworden war. Heute stößt dieses Modell an seine Grenzen. Ein neuer Bericht der Bank PKO BP zeigt, dass Polens weiterer wirtschaftlicher Fortschritt einen neuen Impuls benötigt: starkes privates Inlandskapital.

Kapital hat eine Nationalität

Laut den Autoren des Berichts „Die Rolle des nationalen Kapitals in der Wirtschaft“ kann Wachstum nicht länger allein durch ausländische Direktinvestitionen gesichert werden. Polen benötigt eigene, starke Unternehmen, die auf Basis inländischer Ersparnisse investieren und Arbeitsplätze schaffen.

Zwischen den Jahren 2000 und 2020 war Polen ein Musterbeispiel der Globalisierung. Der Zufluss ausländischer Investitionen ermöglichte den Aufbau moderner Industrien und stärkte den Export. Heute stehen ausländische Firmen für mehr als 60 Prozent der polnischen Ausfuhren und beschäftigen ein Drittel der Arbeitskräfte im Unternehmenssektor. Doch die Abhängigkeit von ausländischem Kapital hat ihren Preis.

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Hohe Kosten des Erfolgs: 15 Milliarden Euro Nettoabfluss jährlich

Nach OECD-Daten schuf die ausländische Nachfrage seit dem EU-Beitritt Polens rund 2,5 Millionen Arbeitsplätze. Gleichzeitig entstanden finanzielle und strategische Abhängigkeiten.

Polens internationale Nettoinvestitionsposition liegt bei –242 Milliarden Euro. Damit befindet sich im Land mehr Kapital in ausländischer Hand als polnische Unternehmen im Ausland besitzen. Zudem fließen laut der Bank jährlich rund 15 Milliarden Euro an Dividenden aus Polen ab – etwa 2 Prozent des BIP. Dieses Geld fehlt für Forschung, Innovationen und Investitionen.

Der Bericht fasst es deutlich zusammen: Das frühere Wachstumsmodell hat Polen zu einer Produktionsmacht gemacht, gleichzeitig aber eine Wirtschaft geschaffen, die über viel Arbeit, jedoch über wenig eigenes Eigentum verfügt.

Viele Kleinstbetriebe, wenige große Akteure

Die Struktur der polnischen Wirtschaft ähnelt einer Pyramide mit einer sehr breiten Basis. Die Mehrheit der Unternehmen sind Kleinstbetriebe. Nur wenige erreichen internationale Größenordnung. Nur 9,3 Prozent der Firmen gelten als schnell wachsend – weniger als der EU-Durchschnitt.

In zentralen Branchen wie Automobilindustrie, Elektronik, Chemie und Pharma dominieren ausländische Konzerne. 2024 erzeugten ausländische Firmen 38 Prozent der gesamten Wertschöpfung, obwohl sie nur 8 Prozent der Unternehmen stellen. Dadurch bleibt die polnische Wirtschaft modern, aber stark fremdbestimmt.

Produktivität vs. Rentabilität

Ausländische Konzerne verfügen über eine höhere Produktivität, Zugang zu Technologie und globales Know-how. Die Arbeitsproduktivität liegt dort 40 bis 50 Prozent über dem Niveau polnischer Firmen. Dennoch holen polnische Unternehmen auf – besonders in der Lebensmittelindustrie, Möbelbranche und ICT.

Zudem erzielen viele polnische Unternehmen höhere Nettomargen als ausländische Konkurrenten. In Branchen wie der Möbelproduktion, Metallverarbeitung oder Herstellung elektrischer Geräte erreichen polnische Firmen trotz geringerer Größe eine bessere Rentabilität. Lokale Marktkenntnis, Flexibilität und stärkere Kundenbeziehungen wirken als klare Vorteile.

Schlüsselbereiche der nationalen Sicherheit

Der Bericht nennt drei Sektoren, in denen nationales Kapital unverzichtbar ist: Energie, Rüstungsindustrie und Pharma.

Energiesektor: Chance und Risiko zugleich

Staatliche Energiegruppen wie PGE, Tauron, Enea und Energa sichern die nationale Energieversorgung. Gleichzeitig wächst die Rolle ausländischer Investoren im Bereich erneuerbarer Energien. Im Lieferkettenverbund der Offshore-Windenergie stammen lediglich 20 bis 25 Prozent der Wertschöpfung aus Polen – trotz eines Regierungsziels von 50 Prozent.

Die Energiewende könne laut Bericht ein enormer Wachstumsmotor sein, jedoch nur, wenn ein größerer Teil der Investitionen im Land verbleibt.

Rüstungsindustrie: Wachstum durch geopolitische Spannungen

Seit Beginn des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine haben sich die Einnahmen der polnischen Rüstungsindustrie innerhalb von vier Jahren von 15 auf 30 Milliarden Złoty verdoppelt. Die Polnische Rüstungsgruppe (PGZ) gilt als Rückgrat der nationalen Sicherheit und als bedeutender Arbeitgeber.

Nationales Kapital ermöglicht zudem einen gezielten Wissenstransfer, der Entwicklungen in Robotik, Digitalisierung und anderen Industrien vorantreiben kann.

Pharma: der schwierigste Test der Unabhängigkeit

Polen ist der fünftgrößte Pharmamarkt in der EU, aber nur für 1 Prozent der europäischen Produktion verantwortlich. 70 Prozent der Branchenumsätze entfallen auf ausländische Unternehmen, die oft lediglich Verpackung und Vertrieb übernehmen.

Der Handelsbilanzsaldo liegt bei –6,7 Milliarden Euro, während die Produktion von Wirkstoffen (API) nahezu vollständig fehlt. Der Bericht fordert deshalb steuerliche und regulatorische Anreize für polnische Pharmaunternehmen, um die Versorgungssicherheit zu stärken.

Inländische Ersparnisse – Treibstoff für zukünftige Investitionen

Die inländische Sparquote liegt bei 17,5 Prozent des BIP, die Investitionsquote bei weniger als 17 Prozent – beide unterhalb des EU-Durchschnitts.

Die Ökonomen erinnern an das Feldstein-Horioka-Paradox: Länder mit niedrigen Ersparnissen können kaum hohe Investitionen tätigen, ohne sich im Ausland zu verschulden. Deshalb braucht Polen den Ausbau langfristiger Sparformen, Hypothekenpfandbriefmärkte, Investmentfonds und Venture-Capital-Strukturen.

Selektive Offenheit statt Protektionismus

Der Bericht plädiert nicht für Abschottung, sondern für „selektive Offenheit“. Ausländische Investitionen bleiben willkommen, wenn sie die lokale Wertschöpfung stärken und echte Kompetenzen ins Land bringen. Priorität sollen Projekte mit Produktion, Forschung, Entwicklung und Entscheidungszentren in Polen haben.

Das Ziel lautet: Globales Kapital soll Teil der polnischen Entwicklungsstrategie sein – nicht ihr Ersatz.

Die Autoren ziehen eine klare Schlussfolgerung: Die Stärkung des nationalen Kapitals ist keine Ideologie, sondern eine wirtschaftliche Notwendigkeit. Polens Wachstum der nächsten Dekade wird nicht mehr durch niedrige Löhne entschieden, sondern durch Investitionsfähigkeit, Innovation und finanzielle Unabhängigkeit.

Quelle: BI

Foto: freepik

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