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Mit einem Bein und Krücke kann man auch träumen

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Um den Fußball für Personen mit Einschränkungen und Amputationen wird es in Polen immer lauter. In diesem Jahr wird in Kraków/Krakau die Amputierten-Fußball-EM ausgetragen (12. – 19. September). Przemysław Świercz, der Kapitän der polnischen Nationalmannschaft, hat mit PolenJournal.de über die Hoffnungen, Träume und Zukunftspläne sowie über die Disziplin selbst gesprochen.

Robert Dethloff [PolenJournal.de]: Was bedeutet dir persönlich Sport und der Amputierten-Fußball? Was hat er dir gegeben? 

Przemysław Świercz: Amputierten-Fußball? Das ist vor allem Leidenschaft. Es ist Sport, Fußball, aber in diesem Sinne, dass er mir von Anfang an am Herzen lag. Als ich noch ein kleiner Junge war, in der ersten oder zweiten Klasse, und noch zwei Beine hatte, war Fußball ein Alltagsbegleiter für mich. Jede Mußestunde habe ich zusammen mit meinen Freunden genutzt, um hinter dem Wohnblock zu kicken. Wir haben Tore aufgebaut und gespielt. Sport hat mich immer begleitet. In der Grundschule war es Fußball. Später in der Oberschule Fußball und Basketball. Später habe ich an der Sporthochschule studiert, man kann also sagen, breit gefasster Sport. Es waren mehr als nur zwei Sportdisziplinen, und gleichzeitig kam die andere Seite des Sports, also eine Ausbildung zum Trainer, Sportlehrer und alles was damit einhergeht. 

Nach dem Unfall, als ich mein Bein verlor, suchte ich nach Sportarten für Menschen mit Beeinträchtigungen. Ich habe es mit Schwimmen und Basketball probiert, aber teils unbewusst suchte ich nach dem Amputierten-Fußball. Damals gab es sowas in Polen nicht. Erst zwei Jahre später, also 2011, ist diese Sportart ins Land gekommen. Ich bin zum zweiten Trainingslager dazugestoßen und bin bis heute noch dabei.

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Es ist Leidenschaft, etwas das du machen willst, etwas was du immer im Hinterkopf hast. Unbewusst passt du viele Dinge an, sei es beim täglichen Training, oder Liga- und Nationalmannschaftsspielen und Trainingscamps. Es ist ein wichtiger Bereich in meinem Leben. Heute kann ich mir ein Leben ohne Amputierten-Fußball nicht mehr vorstellen. Er gibt mir eine Möglichkeit solche Träume zu erfüllen, wie für die Nationalmannschaft oder meinen Verein Wisła Kraków aufzulaufen, aber auch Rivalität. Nicht nur mit der gegnerischen Mannschaft, aber auch Rivalität mit sich selbst. Tagtägliche Herausforderungen bei jeder Trainingseinheit. Manchmal ein Gedankenspiel, wenn man keine Lust hat, beim Training zu erscheinen, aber man muss die Einheit absolvieren und am Ende lohnt es sich auch. 

Amputierten-Fußball, das sind vor allem Menschen. Mitspieler, Trainer, Vereinsbosse und Mitarbeiter, Fans und Sponsoren. Das alles Zusammen, diese Leute, das sind die Gründe, warum ich es mache, warum ich Freude daran habe und weshalb ich trotz meiner 40 Jahre immer noch ein besserer Spieler sein will. Es sind alles positive Aspekte dieser Disziplin.

Kann der Amputierten-Fußball einer jungen Person mit einer körperlichen Beeinträchtigung helfen in das Leben und den Alltag zurückzufinden und einen neuen Impuls oder einen Lebenszweck geben?

Ja, aber ich glaube, vieles hängt davon ab, über wen wir sprechen. Bei dieser Person muss ein Wille da sein, sich selber zu helfen, sie muss es einfach wollen. Amputierten-Fußball kann hingegen ein Werkzeug oder ein Bereich sein, welcher einem jungen oder älteren Menschen hilft, sich nach einer Amputation in der neuen Wirklichkeit wiederzufinden. Amputierten-Fußball kann in gewisser Hinsicht ein Heil- und Rehabilitationsmittel und ein neues Lebensziel sein.

Wenn wir gerade im Leben eine schwierige Zeit durchmachen ist es oft so, dass wir nach einem neuen Weg, neuem Ziel oder einer Begründung suchen, und fragen, weshalb es gerade uns getroffen hat.  Der Amputierten-Fußball kann ein Wegweiser sein. So war es teils auch in meinen Fall. Noch mit zwei Beinen, habe ich den Traum für die Nationalmannschaft zu spielen, schon längst abgeschrieben. Der Amputierten-Fußball hat mir gezeigt, dass man auch nur mit einem Bein sich seine Träume erfüllen kann. Man kann Nationalspieler werden, zur EM oder WM fahren, in der Liga spielen, Punkte holen und gewinnen. Für jemanden nach einem Unfall oder Amputation kann dies eine neue Anregung sein. Der Kreis von Menschen mit Einschränkungen kann eine Unterstützung für eine junge Person sein, für einen älteren Menschen, der eine Amputation hinter sich hat, und diese Unterstützung braucht. Wir tauschen uns mit Erfahrungen aus, oder lernen etwas über verschiedene technische oder mentale Lösungen. Ich denke, dass der Amputierten-Fußball und Sport, für körperlich beeinträchtigte Personen überhaupt, viele soziale Funktionen erfüllt. 

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Wie ist es die Kapitänsbinde der Nationalmannschaft am Arm zu tragen? Was ist das für ein Gefühl? Fühlst du dich für die Mannschaftskollegen verantwortlich?

Klar, das ist eine riesengroße Verantwortung. Ich weiß nicht, ob es tatsächlich so ist, ob ich mich selber unter Druck setze, aber ich spüre ihn. Gleichzeitig ist es für mich eine riesengroße Freude, dass ich der Spielführer sein darf und die Kapitänsbinde trage. Ein ganz besonderer Moment vor jedem Spiel ist für mich, wenn der Trainer mir die Binde an meinem linken Arm aufzieht. Das ist die beste Belohnung für die harte Arbeit beim Training, bei Trainingslagern und eine Ehre. Darauf bin ich stolz. Es ist auch eine Verantwortung, weil das wie ich arbeite auch Einfluss auf die jüngeren Mitspieler im Team nimmt. Manche Dinge zeigt man am besten am eigenen Beispiel. Nicht mit Worten, oder mit großem Gerede, sondern mit der Leistung auf dem Platz und dem, was man neben dem Spielfeld macht. Wenn ich etwas von einem Mitspieler erwarte, dann muss ich es auch von mir selbst erwarten. Das ist diese Verantwortung. 


Foto: P. Duda

Wie würdest du das Team beschreiben, bei dem du der Kapitän bist?

Ich denke, es ist schwierig diese außergewöhnliche und starke Mannschaft in wenige Worte zu fassen. Auf jeden Fall ist es ein Team, welches sich aus verschiedenen Personen, Charakteren sowie Lebensgeschichten und Erfahrungen zusammensetzt. Jeder vor uns hat eine andere Vergangenheit, jeder ist anders. Im Leben handeln wir nach ähnlichen oder komplett verschiedenen Prinzipien, Werten, aber in dieser Vielfalt liegt unsere Stärke. Wir bilden ein Team, wir können die Welt der anderen Person verstehen und respektieren sowie unsere Stärken für die Mannschaft nutzen. Ich denke, das ist der Schlüssel zum Erfolg. 

Wir sagen oft, wir bilden eine sportliche Familie und ich bin der Meinung, dass dies nicht übertrieben ist. Es ist tatsächlich so. Zuckersüß ist es aber nicht immer. Es gibt Meinungsverschiedenheiten, Diskussionen und manchmal Streitigkeiten. So lernen wir uns gegenseitig, das zu sagen, was uns auf dem Herzen liegt, damit wir gemeinsam nach einer Lösung suchen und einen Monolith bilden. Ich bin mir sicher, dass wenn wir gemeinsam stark wie ein Felsen sind, dann wird uns nichts aufhalten. So könnte man dieses Team kurz beschreiben.

Wie bereitet ihr euch auf die Spiele vor?

Die Spieler im Kreise der Nationalmannschaft haben ein individuelles Trainingsprogramm, welches jetzt zweimal pro Woche umgesetzt wird. Es ist eine Einheit, die rund 90 Minuten dauert. Darunter gibt es ein Training mit dem Ball, Lauftraining, Krafttraining und Stabilisierungsübungen. Einmal im Monat haben wir ein Trainingslager, welches von Freitag bis Sonntag dauert. Am Samstag müssen wir zwei Einheiten absolvieren, und am Sonntag eine. 

Das Coronavirus schränkt uns ein wenig ein, und nicht alle Trainingslager haben planmäßig stattgefunden. Ganz am Anfang der Pandemie in Polen hatten wir Onlinetranings. Wir wurden in kleinere Gruppen eingeteilt und jede Gruppe hatte einen Trainer zugeteilt bekommen. Wir haben also zu Hause trainiert. Klar, man konnte nicht alles machen, aber diese Basissachen, Konditionstraining, Stabilisierungsübungen haben wir umgesetzt. 

Alle Nationalspieler trainieren auch bei ihren Vereinen. Diese funktionieren derzeit in Polen unterschiedlich. Manche sind besser organisiert und trainieren zweimal pro Woche, andere treffen sich zum Training seltener, z.B. ein Mal pro Woche oder gar monatlich bei solchen Trainingslagern.

Welche Momente auf dem Spielfeld sind dir besonders in Erinnerung geblieben und warum?

Ich denke sehr viele. Ein Moment der immer in Erinnerung bleibt, ist immer das Singen der Hymne vor dem Spiel. Apropos solche Situation – ein sehr schöner Moment war ein Spiel in Kraków/Krakau im Juni 2019. Damals in dem Stadion von Prądniczanka haben wir vor einer Rekordkulisse (1.500 Zuschauer) gespielt und die Hymne mit den Fans gesungen. Ein sensationeller Moment. Ein fantastisches Gefühl. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich zur Aufwärmung auf dem Platz stand. So viele Zuschauer und die Stimmung auf den Rängen… Ich dachte damals, dass man gerade für so einen Moment trainiert und Opfer bringt. Das ist die beste Belohnung für alles, für die harte Arbeit, die man reingesteckt hat.

So ein Moment, den ich nicht vergessen werde (glaube ich zumindest), war das Spiel gegen Angola im WM-Viertelfinale 2018. Wir waren 4 Minuten vom Halbfinale entfernt. Wir haben damals 3-1 geführt und innerhalb dieser 4 Minuten alles verspielt. Angola schaffte den Ausgleich und es ging ins Elfmeterschießen, wo wir verloren haben. Ein sehr schwieriger Moment für mich und für das ganze Team. In Erinnerung bleibt auf jeden Fall die Freude über die Bronzemedaille bei der EM, oder die erste Teilnahme bei der WM. Damals sind wir nach Kaliningrad/Königsberg gefahren, um Erfahrung zu sammeln und haben fast alles Spiele verloren. Nur gegen Japan gewannen wir im Elfmeterschießen und am Ende wurden wir Vorletzter. Trotzdem war es ein außergewöhnliches Erlebnis.

Ich denke, es gibt mehrere von diesen Momenten, wo wir z.B. beim Amp-Futbol Cup-Turnier zu den Zuschauern kommen durften, und nach den gewonnenen Spielen einen Fünfer abschlagen konnten. Das sind ebenfalls fantastische Emotionen. Ich kann mich an die Fans erinnern, welche zu uns kamen, an die Kinder mit Beeinträchtigungen, die einfach hallo sagen und uns sehen wollten. 

Einmal habe ich meine Kapitänsbinde einem Jungen mit Beeinträchtigung geschenkt, damit sie eine Motivation, ein bisschen Inspiration und ein wenig auch eine Belohnung für ihn ist, für seine Tapferkeit und damit er im Leben zurechtkommt. Das sind also solche Momente, voll gespickt mit ergreifender Rührung und Emotionen, welche manchmal positiv aber auch manchmal weniger positiv sind. 

Du hast es bereits erwähnt – dieses Jahr wird in Kraków/Krakau die Amputierten-Fußball-EM ausgetragen. Setzt ihr euch ein Mindestziel?

Nein, ein Minimum nicht. Wir setzen uns ein Ziel, und zwar diese EM zu gewinnen. Wir fahren dorthin, um die Goldmedaille zu holen. Wir denken darüber selbstverständlich mit Demut und Respekt für unsere Gegner nach, aber wir schauen nicht aufs Minimum. Wir schauen auf unser Maximum. Auf das, was wir erreichen können. Deswegen ist der Plan für die EM schon seit langem im Gange, weil das Turnier bereits 2020 stattfinden sollte. Das Turnier wurde modifiziert und verlegt. Die Ausgangslage ist also anders. Wir modifizieren unsere Trainingseinheiten und die Vorbereitungen laufen bereits. Um fair gegenüber sich selbst, der Mannschaft und den Fans zu sein, dürfen wir nicht von einem Minimalziel sprechen und daran denken. Unser Ziel ist eins – alle Spiele bei der EM zu gewinnen und Gold holen.

Robert Lewandowski ist der Botschafter der EM. Spürt ihr seine Unterstützung?

Ja. Ich hatte die Gelegenheit Robert privat kennenzulernen. Er ist ein fantastischer Mensch, Ehemann, Vater und vor allem ein Sportler und Fußballer. Er unterstützt uns mental, finanziell und im Marketingbereich. Soweit es geht, ist er bei unseren Spielen und Turnieren dabei und trifft sich mit uns. Zuletzt 2019 bei Amp-Futbol Cup. Die komplette zweibeinige polnische Nationalmannschaft war damals in Warszawa/Warschau. Robert Lewandowski, aber auch andere Botschafter, wie Łukasz Fabiański und Kamil Grosicki, sind gekommen, um unser Spiel gegen Frankreich zu sehen. Vor dem Anpfiff haben sie «hallo» gesagt und sind dann gemeinsam mit uns auf das Spielfeld gegangen, auf das Spielfeld gegangen und haben bei der ersten Halbzeit mitgefiebert. Später mussten sie schon zu ihrem Trainingslager, aber es sind solche Momente, wo diese Unterstützung spürbar ist.

Mit Robert Lewandowski gab es noch einen sehr schönen Moment. Das war 2018, als wir von der WM zurückgekommen sind. Er wollte sich bei uns für unseren Einsatz bedanken, und hat uns zu sich nach München, zum Spiel gegen RB Leipzig eingeladen. Am Tag danach hat er uns dann auf dem Trainingsgelände des FC Bayern empfangen. Er ist zu uns gekommen, hat mit uns gut eine Stunde gesprochen, alle Fragen beantwortet und hat Autogramme, Trikots und Fotos verschenkt. Er ist als ein netter, freundlicher und sehr offener Mensch hervorgetreten. Gut, dass wir solche Botschafter haben.


Foto: P. Duda

Wie sehr haben die Erfolge der Nationalmannschaft diese Sportdisziplin und ihre Wahrnehmung in Polen verändert? Ist das Interesse nach der WM in Mexiko gestiegen und ist es so geblieben?

Ich glaube, die Erfolge stehen uns noch bevor. Ich bin fest überzeugt, dass nicht nur die großen Siege, sondern die tägliche Arbeit der Sportler, Trainer und aller Personen aus dem Umfeld, welche diese Disziplin in Polen leiten, dafür verantwortlich sind. Es ist aber ein wenig so, dass der sportliche Erfolg, das Marketing und die Medien noch zusätzlich puschen und das Interesse weckt. 

Der erste Erfolg, also Platz Vier bei der WM 2014, war ein wichtiger und bahnbrechender Schritt, weil sich gleich viel mehr Menschen für uns interessierten. Dann kam 2018 und die Bronzemedaille bei der EM – der Erfolg, mit dem wir zurückgekommen sind, schlug auch breite Wellen in Polen. Die polnische Ekstraklasa, also die Liga, ist gestartet, später die Champions-League mit Legia Warschau, was auch von den Medien verbreitet wurde. All diese Sachen sorgen dafür, dass es immer mehr Fans gibt. Sie kommen zu den Ligaspielen oder zur Nationalmannschaft. Dazu helfen uns auch die bereits erwähnten Botschafter. Kamil Grosicki bringt uns immer wieder bei den Medien ins Spiel. Das ist aus Sicht des Marketings sehr anregend. Ich denke das die EM in Kraków/Krakau der nächste Meilenstein wird, sodass es um den Amputierten-Fußball noch lauter und die Disziplin noch beliebter wird.

Du hast auch ein wenig die Strukturen im Amputierten-Fußball angesprochen. In Deutschland gibt es mittlerweile schon Amputierten-Fußballmannschaften, hingegen in Österreich und in der Schweiz noch nicht. Hilft Polen als Mitglied der European Amputee Football Federation (EAFF) Spielern aus diesen Ländern Vereine zu Gründen?

Ich denke, dass diese Frage eher Mateusz Widłak, also der Vorsitzende des polnischen Verbandes und der EAFF beantworten sollte. Von dem, was ich höre, wird nach Lösungen gesucht, sodass immer mehr Vereine gegründet werden und immer mehr Spieler und Nationalmannschaften bei dieser Disziplin mitspielen. Jeder neue Spieler, jeder Verein ist ein Mehrwert für diesen Sport und gibt uns mehr Möglichkeiten für Spiele und Rivalität, aber es gibt auch mehr Nationalmannschaften bei der WM oder EM. Das steigert auch die Qualität dieser Sportart.

Du bist auch bei den Junior Amp Futbol-Trainigscamps mit dabei. Wie sieht der internationale Erfahrungsaustausch zwischen den jeweiligen Ländern aus? 

Wie gesagt, wir haben unsere Trainingslager in Polen, aber einmal im Jahr werden noch zusätzlich Junior Camps veranstaltet. Ich bin an diesem Projekt seit Januar 2020 beteiligt. Im Vorjahr sollte auch ein Junior Camp stattfinden, aber aufgrund von Covid-19 wurde das verschoben. 

Ich hoffe, dass ich 2021 die Gelegenheit habe bei diesem internationalen Trainingslager mitzumachen. Von dem, was ich gehört habe, gibt es bei diesem Camp einen Austausch zwischen den Spielern und Trainern und die Kinder können miterleben, was diese Disziplin ausmacht, wie sie sich entwickelt und selbstverständlich auch mitmachen und sich mit anderen, internationalen Spielern messen. 

Können dank dem Junior-Amputierten-Fußball Kinder mit körperlichen Beeinträchtigungen an Selbstbewusstsein gewinnen und mehr an sich selbst und das eigene Können glauben? 

Ich denke, es ist ähnlich wie bei Erwachsenen. Mit aller Sicherheit könnte jeder junge Spieler für sich selbst sprechen und seine Geschichte erzählen. Ich glaube aber, dass Sport ihnen vor allem Selbstbewusstsein gibt, hilft das Bewusstsein von sich selbst als Menschen, als Fußballspieler und als eine Person mit einer körperlichen Beeinträchtigung aufzubauen. Vor allem ist es aber Freude. Ich muss immer Lachen, wenn kleine Knirpse nach dem Ball greifen, und einfach spielen, ohne groß zu schauen und zu analysieren. Sie spielen, um Spaß zu haben, um zu rivalisieren und um Tore zu schießen. Das zaubert mir immer ein Lächeln in mein Gesicht. 

Ich denke auch, dass die Trainingslager den Eltern auch viel Motivation, Energie und Selbstbewusstsein geben. Das ist auch eine Möglichkeit andere Erwachsene zu treffen, welche sich mit ähnlichen Herausforderungen und Sorgen messen. Man kann sich zu den verschiedensten Sachen austauschen – Erfahrungen, Ärzte, Herstellern von Prothesen und Lösungen in diesem Bereich. 


Foto: P. Duda

Wer ist dein fußballerisches Vorbild?

Davon gibt es viele. Als ich mit Fußball angefangen habe, waren es Paolo Maldini und Franco Baresi vom AC Mailand. Dann kam die Zeit, als Andres Iniesta und Xavi für den FC Barcelona spielten. Sie beeindruckten mich mit ihrer Ruhe im Spiel, mit der Erfahrung und der Spielübersicht. Jetzt ist es wiederum Robert Lewandowski, weil ich ihn persönlich kennenlernen konnte. Er ist für mich ein Beispiel für Professionalismus und geduldige, aber konsequente Arbeit. Er hat sich ein klares Ziel gesetzt und das setzt er mit aller Leidenschaft um. Das ist beeindruckend. 

Welcher Mannschaft drückst du die Daumen?

Meinem Verein, also der Amputierten-Fußballmannschaft von Wisła Krakau, mit der wir im letzten Jahr zweiter in der Liga wurden. Ich drücke die Daumen für mich und meine Mannschaftskollegen, damit wir in diesem Jahr Meister werden. Wenn es wiederum um Fußball mit zwei Beinen geht, dann ist es der FC Barcelona. Dieser Verein liegt mir seit eh und je am Herzen. Jetzt befindet er sich zwar in einer Krise, aber ich glaube, dass es mit Ronald Koeman und einigen Veränderungen im Verein wieder bergauf geht. Ich drücke auch dem FC Bayern die Daumen, mit dem Robert Lewandowski die Champions League gewonnen hat. Ich glaube, dass die Mannschaft in diesem Jahr den Erfolg wiederholen könnte.

Wenn wir schon beim Thema Erfolg sind. Was ist dein Erfolgsrezept? 

Ich hatte noch keinen Erfolg, also habe ich auch kein Erfolgsrezept. Wenn das der Fall ist, dann gebe ich es aber weiter.

Viele von euren Spielen kann man auf Facebook live mitverfolgen. Kann man mithilfe von sozialen Medien gerade jetzt in der Pandemie das Interesse der Fans leichter wecken?

Ich denke schon. Soziale Medien sind ein wichtiger Bereich im Leben, für das Funktionieren der Gesellschaft. Mit diesem Werkzeug können wir gerade jetzt, wo ein großer Teil des Lebens im Netz stattfindet, jeden Bewohner Europas und der Welt erreichen. Ist es Facebook, Instagram oder YouTube – braucht man nur online zu gehen, drauf zu klicken, um ein Spiel zu sehen oder mehr über einen Spieler zu erfahren. 

Ich bin auch eine Person, die bewusst mein Bild in sozialen Medien kreiert, um u.a. zu zeigen, dass man mit einer körperlichen Beeinträchtigung Leben und glücklich sein kann. Ich nutze diese Kanäle, um so viele Personen wie möglich zu erreichen und um zu zeigen, dass man Träume haben und das Leben genießen kann. 

Wie stellst du dir die Zukunft vom Amputierten-Fußball vor?

Interessante Frage. Auf jeden Fall wäre es schön, die Trophäe in Krakow/Krakau hochzuheben, Platz eins und eine EM-Medaille zu ergattern. Wenn wir das erreichen, dann glaube ich, steht die Welt für uns offen. Das Interesse der Fans wird dann immer größer, nicht nur in den sozialen Medien, aber auch im Fernsehen, wobei seit kurzem der Sender TVP Sport auch manche Spiele der Nationalmannschaft live überträgt. Es wäre schön, wenn die Fans auf den Rängen sitzen dürfen, und wenn es noch mehr sind, sowohl bei den Ligaspielen als auch bei der Nationalmannschaft. Ich würde mich freuen, wenn neue Vereine in Polen gegründet werden und man mehr Kinder und Jugendliche für das Projekt Junior Amp Futbol gewinnen kann. Je mehr es heute von diesen kleinen Knirpsen sind, desto besser wird in 5 bis 6 Jahren die Zukunft des Amputierten-Fußballs aussehen. 

Wenn wir schon bei Zukunftsplänen sind, dann muss ich fragen – planst du eine Biografie herauszugeben?

Interessante Frage, denn du bist die zweite Person, die mich das fragt. Ich sage es so – ich sehe noch nichts, was interessant für einen Leser wäre, also um die Frage zu beantworten – nein, noch nicht (lacht).

Dieses Interview stammt aus dem PolenJournal-Magazin (Onlineausgabe 1/2021)

 

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