Die polnische Regierungschefin stellte sich den EU-Parlamentariern und sprach über die Situation in ihrem Lande.
Die Diskussion wurde mit den Ansprachen von Martin Schulz, Bert Koenders und Frans Timmermans eröffnet, die allesamt daran erinnerten weshalb die EU skeptisch auf das Handeln der polnischen Regierung blickt. Dann ergriff Beata Szydlo das Wort. Die polnische Premierministerin bedankte sich zuerst für die Möglichkeit vor dem EU-Parlament aufzutreten und die Zweifel der Parlamentarier zu lösen.
Szydlo erinnerte daran, dass ihre Partei demokratisch vom Volk gewählt wurde und dass solche Werte wie Freiheit, Souveränität, Gleichstellung und Gerechtigkeit die Grundlagen für die von ihrem Kabinett angestrebten Entwicklungen des Landes seien. Es bedeutet mir sehr viel, dass sie nach meinem Auftritt davon überzeugt sind, dass Polen genauso ein Teil der EU ist, wie jedes von den Ländern die sie hier vertreten – sagte Szydlo. Kommentare, die die polnische Regierung angreifen resultieren aus mangelnden Wissen oder Böswilligkeit – fügte sie hinzu.
Weiter unterstrich die Regierungschefin, dass der EU in Polen ein großer Wert zukomme und verwies auf die Geschichte des Landes. Wir haben jahrelang für das Recht zur eigenen Meinung gekämpft. Das lassen wir uns nicht wegnehmen – so Szydlo.
„Wir wollen als Regierung ein Land mit Chancengleichheit errichten. Wir haben ein Programm, dass Lösungen aus anderen europäischen Staaten enthält. Wir sind der Meinung, dass man diejenigen als Vorbilder sehen sollte, denen es gelungen ist.“
Dann unterstrich Szydlo, dass die neuen Gesetze zum Verfassungsgericht und den öffentlich-rechtlichen Medien, unter Beibehaltung der Verfassung sowie europäischer Rechte und Regelungen verabschiedet wurden. Die polnische Premierministerin erinnerte, dass die vorherige Regierung, verfassungswidrig, 14 der 15 Verfassungsrichter benennen wollte. „Wir streben nach Gleichgewicht und sind damit Einverstanden, dass 8 der 15 Richter die Opposition nominiert. Wir haben großen Respekt vor der Opposition, respektieren ihre Rechte und wollen einen Dialog führen.“ – so Szydlo, die im Anschluss sagte, dass die Diskussion über das Verfassungsgericht einen rein Politischen und keinen rechtlichen Charakter habe.
Kritisch gegenüber dem Handeln der polnischen Regierung äußerten sich im Anschluss Esteban Gonzalez Pons, Gianni Pitella, und Guy Verhofstadt. Gabriele Zimmer appellierte wiederum, dass sich Polen dem Immigrationsproblem stellen sollte.
Beifall für die polnische Regierung gab es von Syed Kamall. „Die Premierministerin will den Rechtsstaat nicht zerstören. Die vorherige Regierung hat die Richter im Verfassungsgericht widerrechtlich nominiert. Warum haben wir darüber nicht damals gesprochen?“
Der polnische EU-Abgeordnete Michal Marusik sagte, dass diese Debatte ein Problem für die EU sei, davon zeugen die äußeren Eingriffe in die Innenpolitik. „Diese Debatte sagt viel über die katastrophale Situation in der EU und zeigt, dass sich die Union als politisches Projekt dem Ende zuneigt.”
Polnischer Euroskeptiker Janusz Korwin-Mikke unterstrich gewohnt, dass er zwar mit der Demokratie nichts anfangen kann, die EU-Kommissare und Abgeordneten seien jedoch Demokraten und müssen zur Kenntnis nehmen, dass die Polen die Partei Recht und Gerechtigkeit gewählt haben. Wenn sie denken, dass PiS eine schlechte Partei sei, wie schlecht muss dann die vorherige Regierung gewesen sein, dass das polnische Volk PiS gewählt hat? – fragte rhetorisch Korwin-Mikke.
Tanja Fajon war der Auffassung, dass die neuen Mediengesetze ein Schritt nach hinten bedeuten. Die EU-Abgeordnete zeigte sich verwundert darüber, dass die polnische Premierministerin einer anderen Auffassung sei.
Ryszard Legutko fragte die EU-Kommissare nach der Quelle ihrer Informationen und Analysen der Kommission. Der polnische Abgeordnete appellierte an andere Parlamentarier, sie sollen ehrlich zugeben, dass sie die Fakten nicht kennen.
Der Angriff auf Polen ist ein Angriff auf die Länder, die an christliche und konservative Werte glauben, ein Angriff auf Länder, die um ihre Freiheit kämpfen – sagte der Franzose Luc Schaffhauser.
Jan Olbrycht war wiederum enttäuscht, dass Polen zum Thema einer öffentlicher Debatte in Europa wurde.
Hans-Olaf Henkel würdigte Beata Szydlo für „das erscheinen vor dieser grotesken Inquisition“.
Im Nachhinein wurde das Wort wieder der polnischen Premierministerin übergeben. Diese dankte sowohl den Kritikern als auch den Befürwortern ihrer Regierung. Szydlo war verwundert, dass die EU-Abgeordneten keine Fragen an sie haben. Ich bin hier her gekommen um die Fakten zu zeigen, die Beschuldigungen klar zu stellen. Wenn sie keine Fragen haben, dann gibt es wohl keine Probleme mit den angesprochenen Themen – sagte Szydlo.
Meiner Meinung nach, hat Polen es nicht verdient, dass die EU-Kommission ein Prüfungsverfahren einleitet, denn alle Veränderungen die jetzt in Polen durchgeführt werden, sind im Einklang mit dem Recht. Polnische Angelegenheiten sollten in Polen erledigt werden. Immer wenn jemand anderer es für uns getan hat, haben wir den Kürzeren gezogen – so Szydlo. Wir werden weiterhin unser Programm realisieren. – bestätigte die Premierministerin und unterstrich, dass ihre Regierung hart daran arbeiten wird, das Land wieder auf Kurs zu bringen.
Im Anschluss fragte Guy Verhofstadt, ob die Partei Recht und Gerechtigkeit die Wahlen gewonnen hat um Fehler zu meiden oder sie zu begehen aber nach eigenem Belieben. Esteban Gonzalez Pons fühlte sich durch die Antwort von Szydlo beunruhigt – Es hat mich nicht beruhigt, dass das Verfassungsgericht ein politisches Organ ist, es sollte eine Institution des Rechts sein. Es hat mit nicht beruhigt das die Regierung die Unabhängigkeit der öffentlich-rechtlichen Medien in Polen gewährleisten soll – sagte der Politiker.
Wir warten alle auf das Urteil der Venedig-Kommission. Ich hoffe, dass es objektiv zeigen wird, dass die Lage im polnischen Verfassungsgericht vorzüglich sei – antwortete Szydlo.
Frans Timmermans fragte die polnische Premierministerin, warum ihre Regierung nicht auf das Urteil gewartet hat und die Novellierung früher durchgesetzt habe.
Die EU-Kommission hat auch nicht bei den Vorbereitungen auf diese Debatte in diesem Anliegen auf das Urteil gewartet – sagte Szydlo. Die polnische Ministerpräsidentin bedankte sich noch zum Schluss und sagte, dass Polen weiterhin ein demokratischer Rechtsstaat sei, welches die europäischen Rechtsgrundlagen und Abkommen respektiert. „Ich hoffe das Ihnen die Informationen auf die sie gewartet haben, erlauben sich eine Meinung über die besprochenen Themen zu bilden.“ – beendete Szydlo.
Die Meinungen über den Verlauf der Debatte sind in Polen gespalten. Je nach der politischen Ausrichtung wird Szydlo entweder als neue Spitzenpolitikerin Europas gefeiert oder ihr Auftritt im EU-Parlament stark kritisiert und als Selbstmordstrategie bezeichnet.
Bild- und Videoquelle: EBS/x-news