Polen beginnt erstmals seit dem Kalten Krieg mit der Produktion von Antipersonenminen. Das teilte der stellvertretende Verteidigungsminister Paweł Zalewski der Nachrichtenagentur Reuters mit. Die polnischen Streitkräfte planen, die Minen entlang der östlichen Landesgrenze zu stationieren. Ein Teil der Produktionsüberschüsse könnte an die Ukraine und an baltische Staaten geliefert werden.
Möglich wird dies durch den Austritt Polens aus der Ottawa-Konvention. Polen folgt damit unter anderem den baltischen Staaten. Nach dem Austritt kann die Grenze zu Belarus sowie zur russischen Exklave Kaliningrad mit Antipersonenminen gesichert werden.
Zalewski erklärte, Polen wolle so schnell wie möglich eine große Anzahl dieser Waffen beschaffen.
Antipersonenminen als Teil des Programms „Ostschild“
Die Antipersonenminen sollen Teil des Programms „Tarcza Wschód“ („Ostschild“) für die Jahre 2024 bis 2028 werden. Ziel ist es, Polen widerstandsfähig gegen mögliche Angriffe und hybride Kriegsführung zu machen.
Auf die Frage, ob die Produktion bereits im kommenden Jahr starten könne, zeigte sich Zalewski zuversichtlich. Voraussetzung ist der formelle Abschluss des Austritts aus der Ottawa-Konvention. Er betonte, dass ein konkreter Bedarf bestehe.
Der sechsmonatige Austrittsprozess aus dem Ottawa-Abkommen endet am 20. Februar 2026.
Millionen Minen möglich. Überschüsse für die Ukraine und das Baltikum
Das Unternehmen Belma, das bereits andere Minentypen für die polnischen Streitkräfte liefert, teilte mit, dass Polens Bedarf in Millionenhöhe habe. Geschäftsführer Jarosław Zakrzewski sprach von fünf bis sechs Millionen Minen unterschiedlicher Art.
Ein offizieller Auftrag des Verteidigungsministeriums liegt bisher aber noch nicht vor. Belma erklärte jedoch, im kommenden Jahr bis zu 1,2 Millionen Antipersonenminen produzieren zu können.
Nach Angaben von Zalewski könnten Überschüsse an die ukrainischen Streitkräfte übergeben werden. Die eigenen Sicherheitsinteressen hätten Vorrang. Gleichzeitig gelte die Ukraine als absoluter strategischer Schwerpunkt. Die ukrainisch-russische Front stelle eine Sicherheitslinie für Polen und Europa dar.
Auch Lieferungen an die baltischen Staaten sind möglich. Diese Länder grenzen an Russland und haben Interesse an dieser Art von Bewaffnung signalisiert.
Austritt aus der Ottawa-Konvention nach baltischem Vorbild
Die Ottawa-Konvention von 1997 verbietet den Einsatz, die Lagerung sowie die Herstellung von Antipersonenminen. Sie verpflichtet die Vertragsstaaten zudem zur Vernichtung bestehender Bestände. Polen unterzeichnete das Abkommen 1997 und ratifizierte es im Jahr 2012.
Der formelle Austritt begann im August 2025. Ende Juli unterzeichnete der damalige Präsident Andrzej Duda das entsprechende Gesetz. Zuvor hatten auch die Ukraine, Finnland, Estland, Lettland und Litauen ähnliche Schritte unternommen. Norwegen zum Beispiel sprach sich hingegen entschieden gegen eine Wiederaufnahme der Minenproduktion aus.
Reuters bewertete die Aussagen Zalewskis als erste offizielle Bestätigung aus Warszawa / Warschau, dass die militärische Aufrüstung umgesetzt wird.
Produktion nach Jahrzehnten wieder aufgenommen
Polen stellte die letzten Antipersonenminen Mitte der 1980er-Jahre her. Im Jahr 2016 zerstörte das Land die verbliebenen Bestände gemäß der Ottawa-Konvention.
Litauen und Finnland kündigten bereits an, ab 2026 wieder Minen produzieren zu wollen. Lettland und Estland veröffentlichten keine konkreten Pläne. Die Behörden in Riga erklärten jedoch, das Land könne kurzfristig mit der Produktion beginnen.
Auch die Ukraine trat aus der Ottawa-Konvention aus, um sich gegen den russischen Angriffskrieg verteidigen zu können. Präsident Wolodymyr Selenskyj unterzeichnete das entsprechende Dekret.
Quelle: interia
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