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Die Stadt der Märchen

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Er ist Weiß, hat ein Bärtchen, trägt eine rote Hose und rote Schuhe. Er eroberte die Herzen aller Kinder, welche auf ihn mit großer Faszination hinunterschauten. Von wem ist die Rede? Vom Ziegenbock Koziołek Matołek! Nach vielen langen und kurzen Ausflügen und unzähligen Abenteuern gelang es ihm endlich ins erträumte Pacanów zu gelangen, wo er sich endgültig im Europäischen Märchenzentrum (pl. Europejskie Centrum Bajki) niedergelassen hat. 

Etwas naiv, dümmlich, feige, aber unermüdlich und vor allem mit dem Herz am rechten Fleck. Das sind die Eigenschaften, welche den bekannten Koziołek Matołek ausmachen. Die Hauptfigur des Märchenromans von Kornel Makuszyński reiste durch die ganze Welt, um endlich nach Pacanów zu gelangen, wo “so schlaue Schmiede sind, dass sie auch Ziegen beschlagen können, damit sie sich in ihrer ganzen Pracht zeigen können“. Unterwegs warteten auf Koziołek eine Menge Abenteuer, denn es war keine gewöhnliche Reise. Matołek erkundete einen großen Teil des Weltalls, um sein innigst geliebtes Pacanów zu finden. Selbst den Mond hat er erkundet. Die tausenden Kilometer bewältigte er jedoch nicht nur zu Fuß, sondern reiste u.a. mit einem Kometen, auf einem Regenbogen und schwamm auf dem Rücken eines Wals. Nach so vielen Abenteuern und unterschiedlichen Transportmittel ist eins sicher, keiner langweilte sich vor dem Fernseher, sondern beobachtete mit großer Neugier die Erlebnisse des Ziegenbocks.

Die Entstehungsgeschichte des Märchenromans über Koziołek Matołek ist genauso ungewöhnlich wie seine Abenteuer selbst. In den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts saß der Autor des Romans Kornel Makuszyński mit Freunden in einem der Krakauer Cafés. Dabei bemerkte er einen einsamen, traurigen Mann aus Pacanów. Zusammen mit dem Illustrator Marian Walentynowicz sind sie mutig den Unbekannten entgegengegangen. Um ihm zu helfen, beschloss Makuszyński etwas zu schreiben und Walentynowicz etwas zu malen. So entstand die Geschichte über Koziołek Matołek und der Comic, der als Vorläufer gilt. Die Abenteuer von Koziołek Matołek sind die ersten Bildergeschichten für Kinder, welche in Polen entstanden.

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Koziołek Matołek lädt nach Hause ein

Die Geschichte über Koziołek Matołek endete jedoch nicht auf dem Papier. Die Figur gewann an großer Anerkennung und dank dessen wurde der Ziegenbock ins Fernsehen gebracht. Somit ging die Fahrt nach Pacanów weiter und diese war nicht gerade kurz. Erst nach über 70 Jahren gelang er endlich nach Pacanów und dort zog er in das Europäische Märchenzentrum ein. Dabei ist hier nicht die Rede über die Märchenstadt Pacanów, sondern eine echte Stadt in der Woiwodschaft Heiligkreuz!

2003 am Kindertag ernannte der damalige Kulturminister Waldemar Dąbrowski Pacanów als die Europäische Märchenhauptstadt und legte damit den Grundstein für den Bau des Zuhauses für Koziołek. Nur zwei Jahre später wurde im Zusammenhang mit der Neuaufstellung des städtischen Gemeindekulturzentrums das Europäische Märchenzentrum gegründet. “Und am 24. Februar 2010 wurde ein modernes Gebäude eröffnet, das jedes Jahr von Zehntausenden Märchenliebhabern besucht wird. Ab diesem Moment begann auch die eigentliche Tätigkeit des Märchenzentrums auf lokaler, nationaler und internationaler Ebene“, erzählt die Spezialistin für Kulturangebote Beata Krokosz.

Das Märchenzentrum erobert die Herzen sowohl der jüngeren als auch der älteren Märchen-Fans. Bereits 2015 landete dieses Objekt auf Platz zwei der am häufigsten besuchten Attraktionen für Kindern in der Woiwodschaft Heiligkreuz.


Foto zVg. von Europejskie Centrum Bajki

Eine Reise ins Märchenland

Beim Hineingehen  in das Gebäude des Europäischen Märchenzentrums begeben wir uns in eine völlig andere, geradezu magische Welt. Schon im Eingang funkeln die Augen der Kinder und das ist erst der Anfang des ganzen Abenteuers. Alles wirkt so riesig, dass wir uns selbst wie winzige Zwerge fühlen. “Wenn ihr herkommt, fühlt ihr euch wie in einem Märchen! Nach dem Betreten des Eingangs könnt ihr Koziołek Matołek treffen, der unermüdlich mit den Reisen um die Welt – von Amerika bis zum Nahen Osten – in Pacanów geblieben ist, um andere, neugierige Reisende in die geheimnisvolle Welt der Märchen und Legenden zu locken“, erzählt Beata Krokosz. Es ist jedoch nicht die einzige Figur, die wir hier treffen. Viele Sprösslinge träumen davon, einmal ihre Lieblingsmärchen-Figur persönlich zu treffen. Und obwohl das unmöglich scheint, ist für das Europäische Märchenzentrum nichts unmöglich. Beim  Durchforsten der Märchenwelt treffen wir u.a. den gestiefelten Kater, Rotkäppchen und sogar Schneewittchen, Alice aus dem Wunderland, Dornröschen und viele andere Märchenfiguren.

Um sich in der Märchenwelt nicht zu verirren, führen Tinker Bell, Rotkäppchen oder Schneewittchen die Besucher durch das magische Märchenland. Am Anfang lassen wir jedoch die unnötigen Jacken in der Zaubergarderobe. Es mag so erscheinen, als ob es eine gewöhnliche Garderobe ist, aber in diesem Gebäude ist nichts gewöhnlich. Schon in der Garderobe spüren wir die Märchenatmosphäre, denn hier liegt die Kleidung der Märchenfiguren. Um weiter die Märchenwelt zu entdecken, gehen wir Schritt für Schritt zum verzauberten Bahnhof von Koziołek Matołek, um in einen Zug einzusteigen. Dieser ist jedoch kein gewöhnlicher Zug, denn er ist magisch. Ein weiterer Punkt auf der Route ist u.a. der verzauberte Garten, wo sogar die größten Gäste sich wie winzige Mäuschen fühlen. Hingegen wenn wir den Gipfel des Schachturms erobern, werden wir nicht schöne Bergaussichten bewundern, sondern in einem geheimnisvollen Brunnen spielen. Beim Schlendern durch die Märchenlandschaft gelangen wir auch zum Zwischengeschoss auf einem Baumstamm, wo wir einiges über die Geschichte der polnischen Animation erfahren. Die Sprösslinge machen große Augen, wenn auf einmal ihre Lieblings-Gutenachtgeschichten innerhalb des Baumstamms eines riesigen Baumes erscheinen. Auf dem Weg dorthin werden wir weitere Märchenländer besuchen, diese alle aufzuzählen nicht einfach ist.

Das Europäische Märchenzentrum unterhält und lehrt zugleich. Vor allem lehrt es die Zusammenarbeit in einer Gruppe. Dank der Soria-Moria-Welt lernen die Besucher nicht nur eines der beliebtesten norwegischen Märchen kennen, sondern vor allem lernen sie dank einem interaktiven Spiel, wie man in einer Gruppe zusammenarbeitet, Konflikte löst und Kompromisse eingeht, denn in der Gruppe liegt die Stärke!

Den Zuschauer zu verzaubern – so lautet die Botschaft des kleinen, aber einmaligen Saals. Im kleinen Theater werden wir nicht nur bezaubernde Spektakel sehen, sondern wir treffen uns auch mit den Puppen und Puppenspielern, welche die bekannten Märchen aufführen. Dank der gemütlichen Einrichtung des Saals kann jeder Gast alle Abenteuer der Figuren gemeinsam mit ihnen erleben. Nach der Aufführung haben wir etwas Zeit für einen näheren Kontakt des Zuschauers mit der Puppe. Da erfahren wir u.a. das eine Puppe der anderen nicht gleich ist, und die Bewegungsweisen unterschiedlich sind.

Ein Mehrgenerationen-Abenteuer

Das Ziel des Europäischen Märchenzentrums ist nicht nur die Reise in die Märchenwelt, sondern auch in die Wissenschaftswelt. Aus diesem Grund werden verschiedene Workshops sowohl für die jüngsten als auch für die etwas älteren Besucher angeboten. Jedes kleinste Detail wurde entsprechend an die Altersgruppe angepasst. Wie ermutigt man Sprösslinge am besten zum Lernen? Durch Spiele! Für sie wurde der Workshop “Das Geheimnis des Honigteelöffels“ vorbereitet, wo Kinder zwischen 3 und 6 Jahren nicht nur Spaß haben werden, sondern auch neues Wissen erwerben. Die älteren Kinder müssen sich keine Sorgen machen, dass man sie vergessen hat, ganz im Gegenteil! Für sie wurde eine ganze Menge an Bildungsworkshops vorbereitet, darunter u.a. Explosive Wissenschaft, KarmeLOVE Ziegenböckchen und viele mehr.

Obwohl Senioren nicht mehr viel mit Märchen zu tun haben, kommen sie im Märchenzentrum noch einmal auf den Genuss ihrer Kindheit. Workshops wie „Explosive Zeitmaschine“ und „Reise in die Volksrepublik Polen“ nehmen sie mit auf eine Reise in ihre eigene Jugendzeit. Während dieser Veranstaltungen entdecken sie die Welt der Magie, geben sich der Illusion hin oder überzeugen sich davon, dass die Augen lügen und das Gehirn täuscht. Während des gemeinsamen Spaßes wird es nicht nur viel zu lachen geben, aber die einen oder anderen Teilnehmer werden auch Tränen in die Augen fließen, wenn sie an die alten Zeiten zurückdenken.

Foto zVg. von Europejskie Centrum Bajki

Märchenwelt unterm Himmel

Am 4. Juli erweiterte sich die magische Welt um die Märchenakademie. In dem 2 Hektar großen Park, der in 2 Zonen eingeteilt wurde, findet jeder etwas für sich. Eine Zone ist allgemein zugänglich. Dort gibt es einen Skatepark für Jugendliche, einen Springbrunnen und eine Grünanlage mit Sitzmöglichkeiten. Um die zweite Zone zu besuchen, muss man zwar ein Ticket kaufen, doch es  lohnt sich. Dieser Teil des Parks wurde thematisch in 4 Bildungsbereiche aufgeteilt, welche die Welt der Kinderliteratur nach literarischen Gattungen ordnen. Und obwohl bei der Bezeichnung literarische Gattungen sofort die Schuljahre in Erinnerung kommen, ist der Park auch perfekt an die kleineren Sprösslinge angepasst. Die Kinder entdecken den Comic-, Legenden-, Märchen- sowie Romangarten. Das ist jedoch noch längst nicht alles. Schon lange ist bekannt, dass Tiere die Herzen der Kinder in Windeseile erobern. Aus diesem Grund gibt es in der Märchenakademie einen Tiergarten, wo es Zuchttiere und unterschiedliche Vogelarten in Hühnerställen oder Volieren gibt. Darüber hinaus gibt es für Besucher, die viel Energie haben einen Hochseilgarten. Wer wiederum nach etwas Ruhe und Entspannung sucht, sollte sich zur Salzgrotte begeben. “Interessant kann man auch die Zeit auf dem Professor-Talenta-Platz verbringen, wo unterschiedliche Geräte für Logikspiele platziert wurden. Auf dem Gelände jedes Gartens befinden sich multimediale Stationen mit Bildungsmaterialien zur Kinder- und Jugendliteratur. Außerdem laden wir Sie ins Bistro beim Ziegenbock zu märchenhaften Köstlichkeiten ein“, ermutigt Beata Krokosz.

Koziolek Matolek to go

Das Abenteuer im Märchenzentrum bleibt mit großer Wahrscheinlichkeit lange in Erinnerung, vor allem bei den Eltern. Doch was kann man machen, damit auch die Kinder viele Wochen später den einzigartigen Besuch in der Märchenwelt in Erinnerung behalten? Das beste Mittel dafür sind Spielsachen. Man muss jedoch nicht durch die ganze Stadt laufen, um ein Geschäft mit Souvenirs zu finden, denn so eins befindet sich im Märchenzentrum. Und obwohl diese Geschäfte in der Regel mit langweiligen Ansichtskarten assoziiert werden, finden wir hier völlig andere Andenken. Wir können unter anderem ein Maskottchen vom Ziegenbock Koziołek Matołek, Bolek und Lolek, dem kleinen Maulwurf oder Bär Uszatek mit nach Hause nehmen. Außerdem können wir ein bisschen Glück in Form eines Hufeisens kaufen, für das Koziołek Matołek so viel gereist ist. Um sich an seine verschiedenen Abenteuer zu erinnern, lohnt es sich, das Buch „Die Abenteuer von Koziołek Matołek“ (pl. Przygody Koziołka Matołka) zu kaufen, das ebenfalls im Geschäft zu finden ist. Aufgrund der Digitalisierung ist Koziołek Matołek ins Internet gegangen und dank dessen können wir auf der Website des Märchenzentrums im Online-Shop einkaufen.

Derzeit sieht man im Fernsehen häufiger Paw Patrol oder Mascha und der Bär anstatt Koziołek Matołek, dennoch ist der Ziegenbock trotz seines hohen Alters (88!) nicht in Vergessenheit geraten. Und obwohl ein Ausflug ins Märchenzentrum für die Eltern eine sentimentale und emotionale Reise in die Vergangenheit ist, haben die meisten Kinder auch schon von den Abenteuern von Koziołek Matołek gehört. Einige kennen sie sogar ganz genau, weshalb der Besuch in Pacanów, wie ein Besuch bei einem guten Freund ist.

Pacanów ist nicht nur die Hauptstadt der Märchen. Es ist vor allem ein Ort, der die Besucher in eine andere, magische und märchenhafte Welt entführt. Im Europäischen Märchenzentrum werden nicht nur die Kinder vor Aufregung den Atem anhalten, auch die Eltern werden noch einmal in ihre Kindheit zurückversetzt und sich mit einer Träne im Auge an ihre unbeschwerten Kinderjahre erinnern. Und obwohl die Kinder heute häufiger Peppa Pig im Fernsehen schauen, erobert vielleicht schon bald auch Koziołek Matołek Netflix, so wie das Kajko und Kokosz gemacht haben und sich so endgültig in unseren Häusern niederlassen.

 

Dieser Artikel stammt aus dem PolenJournal-Magazin (Onlineausgabe 2/2021)

 

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