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In vino veritas

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Von der Geschichte, durch die Trinkkultur bis zum Weintourismus. So steht es um das kostbare Nass in Polen. 

Die polnische Weintradition reicht bis ins Mittelalter, als der Wein von Mönchen bei Klöstern und Burgen angebaut wurde. Im Laufe der Zeit erlebte das kostbare Nass einen gewaltigen Wandel. Anfangs war der Trunk nur in Häusern der Reichen und Mächtigen, sowie den bereits erwähnten Klöstern anzutreffen. Doch der Wein verbreitete sich schnell und rasch konnte man ihn auch in Wirtshäusern bestellen. Mit der steigenden Nachfrage erlangte der Trunk schnell den Status eines Konsumproduktes, das u.a. mit Bier konkurrieren konnte. Den ersten Rückschlag erlebte der Wein im 16. Jahrhundert, als sich das Klima, das den Weinanbau in Polen begünstigte, veränderte. Mit der sog. Kleinen Eiszeit ist der Geschmack der Weine verloren gegangen. Die bitteren und saueren Weine konnten die Massen nicht überzeugen. Zumindest nicht in diesem Ausmaß, wie die importierten Weine aus dem Süden Europas. Zur Abkehr von der Weintradition führten auch die langjährigen Kriege im 17. Jahrhundert. Der Zweite Weltkrieg und die Nachkriegszeit vollendeten das Werk. Der Trunk geriet in Vergessenheit doch in den letzten Jahren erlebt er seine Renaissance. Trotzdem steht dem Wein in Polen noch ein langer Weg zur alten Position bevor.

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Polnische Trinkkultur

Die Polen trinken keinen Wein – würden viele meinen. Das stimmt nicht. Polen trinken Wein. Der Weinkonsum steigt ununterbrochen seit 2001. Trotzdem ist er  an der Weichsel (durchschnittlich 3,2 liter pro Kopf) viel niedriger als beispielsweise in Deutschland (24,8 l). Frankreich und Italien braucht man hier gar nicht zu erwähnen. An der Weichsel trinkt man viel lieber Bier oder Spirituosen. “Auf der anderen Seite wird das Verbraucherbewusstsein bezüglich der Weinkultur und des Angebots auf dem Markt immer höher” – sagt der Journalist und Kritiker Marian Jeżewski, der seit 2007 ein Weinportal StudioWina.pl führt. “Die Weinkultur entsteht erst in Polen. Es gibt viele Dinge, die der Verbreitung des Weins im Wege stehen, wie etwa das Gesetz über die Erziehung in Nüchternheit und Alkoholismusvorbeugung. Es ist wichtig, dass man begreift, dass der Wein nicht nur Alkohol ist. Anders als beim Wodka kommt zuerst der Wein, seine Inhaltsstoffe, sein Geschmack. Alkohol ist nur Nebensache” – erklärt Marcin Moszkowicz. Der Vorstandsvorsitzende der Grünberger Weingesellschaft fügt noch hinzu, dass an der Weichsel, anders als im Süden Deutschlands, in Österreich oder Frankreich ein Glas Wein zum Mittagessen nicht üblich ist. “Hier hat sich was bewegt, aber das braucht noch viel Arbeit. Hier sind nicht Touristen oder Restaurantgäste gemeint, sondern Hotel-, Pensions- oder Restaurantbesitzer. Oft servieren sie lieber einen sog. Pizza-Wine oder einen günstigen Lambrusco-Wein, der den Geschmack der Massen entspricht, oder Bier als Weine vom benachbarten Winzer.” – bemerkt Lidia Andrzejewska von ArsVini. Die breslauer Weinhändlerin trifft hier den Punkt, denn die polnischen Weine gelten als nicht gerade billig. “Der Preis liegt leider oft oberhalb der Ausgabengrenze eines durschnittlichen Polens. Dafür gibt es jedoch einige Gründe. Der erste – die Weine werden traditionell und nicht industriell gemacht. Das bedeutet höhere Produktionskosten. Das ist aber keine Industrie und deswegen sind die polnischen Weine nicht in Supermärkten, sondern direkt beim Winzer zu kaufen. Man muss auch einsehen, dass die nötige Ausrüstung für die Produktion oder die Setzlinge auch nicht in Polen gekauft werden, sondern z.B. in Deutschland und zu deutschen Preisen. So ist auch der Preis an der Weichsel ähnlich, wie in Deutschland. Einen Wein kann man direkt beim Winzer sowohl in Polen als auch in Deutschland für 10 Euro kaufen, vor allem wegen der Kosten, die vergleichbar sind” – sagt Marcin Moszkowicz. “Es sind nur wenige auf dem Markt, die Weinproduktion ist nicht gerade billig, so sind die polnischen Weine auch nicht die billigsten” – bestätigt Kinga Kowalewska-Koziarska vom Weinberg “Kinga” bei Grünberg. “Der Preis gilt vielleicht als überhöht aber nur unter den Liebhabern der Billigweine. Heimische Weine verkaufen sich gut und die Preise sind völlig berechtigt” – so Marian Jeżewski. Die Wortwahl des Kritikers ist hier nicht zufällig, denn, wie bereits erwähnt, wird zum einen das kostbare Nass hierzulande mit traditionellen Methoden hergestellt zum anderen ist die Gesetzeslage dafür verantwortlich, dass weniger Pflanzenschutzmittel genutzt werden dürfen. “Unsere Weintrauben werden in den meisten Fällen bis zu zehnmal seltener mit chemischen Mitteln bespritzt, als es ist den Weinländern üblich ist. Dieser Wein ist dementsprechend ein wenig spezifisch aber ich denke, dass auch sehr gut, vor allem wegen der Klimawandlung” – so Moszkowicz.


Foto: Winnica Kinga

Vom Hobby zum Geschäft

Neben den Wetterbedingungen begünstigt auch die Rechtslage die Gründung von Weinbergen. “Seit 2011 wächst der Weinbau in Polen rapide. Weinberge als Geschäftsmodelle kommen immer öfter vor, aber trotzdem schätzen wir, dass 95% der Weinberge in Polen nur wegen dem Hobby des Besitzers gegründet werden. Später beginnen sie Geld einzubringen” – sagt der Vorstandsvorsitzender der Grünberger Weingesellschaft. “Starke Unterschiede zwischen Polen und dem Ausland, vor allem bei größeren Winzern, sind kaum zu erkennen. Zwar finden wir hier keine 400 Jahre alten Weinkeller, Fotos von Großvätern bei der Ernte oder hundertjährige Weinpflanzen, aber für die Weinqualität müssen wir sich nicht schämen. Noch vor fünf, sechs Jahren hatten die Bemühungen der Winzer wenig Erfolg gebracht. Die meisten Weine eigneten sich damals nur für die Reinigung des Leitungsnetzes. So können wir von einem gewaltigen Fortschritt sprechen” – ergänzt Jeżewski. Nimmt man das alles zusammen, so erscheinen die Weinberge an der Weichsel als Plätze, die darauf warten, entdeckt zu werden.

Weintourismus in Polen

Eine der ersten Anlaufsadressen wäre die Lebuser Wein- und Honigroute. “Jedes Jahr werden neue Mitglieder in unsere Gesellschaft aufgenommen. Dementsprechend steigt die Zahl der Weinberge und somit auch der Orte, die darauf warten, entdeckt zu werden” – bemerkt Marcin Moszkowicz. Hier muss man aber auch anbringen, dass es auch andere Weinrouten in Polen gibt – in der Nähe von Sandomir (poln. Sandomierz) sowie im Karpatenvorland. “Historisch betrachtet, ist die Region um Grünberg die bekannteste, doch alle Weinrouten entwickeln sich ähnlich schnell und alle sind auf jeden Fall empfehlenswert” – sagt Marian Jeżewski. “Karpatenvorland hat die Nase vorne aus Sicht der Marketingarbeit, die sie leisten. Interessant ist aber, dass in Niederschlesien zwischen dem Katzengebirge und dem Bartschtal eine weitere Route entsteht. Da gibt es hervorragende Rieslinge und Pinot noire” – fügt Lidia Andrzejewska hinzu. 

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In diesem Kontext ist auch die Frage nach dem breit aufgefassten Weintourismus in Polen mehr als berechtigt. “Elemente des Weintourismus sind eher selten anzutreffen. Reinen Weintourismus gibt es an der Weichsel nicht, deswegen kann man die polnischen Weinrouten auch nicht neben den Routen im Elsass oder Wachau stellen” – bemerkt der breslauer Weinhändlerin. Das bestätigt auch der Weinkritiker und Journalist  Marian Jeżewski, der den Weintourismus an der Weichsel als eine eher individuelle Initiative von Weinliebhabern bezeichnet. Interessanterweise nimmt der Weintourismus hierzulande eine etwas andere Form an. “Die Winzer wollen ihre Gäste entsprechend bewirten, dem Kunden die Möglichkeit geben, etwas zu probieren und bei ihnen direkt zu kaufen, damit der jeweiligen Person auch der Produktionsprozess und die harte Arbeit des Winzers skizziert wird“ – erklärt Marcin Moszkowicz. Diese Bewirtung wird breit aufgefasst, denn im Angebot der Weinberge finden wir u.a. Pflanzenschulen, Weintourismus mit Verkostungen und Workshops aber auch Angebote aus dem Bereich Landtourismus. Ein gutes Beispiel ist der Weinberg “Kinga” der das alles bietet. “Für unsere Region ist dies ein natürlicher Weg, denn Jahr für Jahr werden immer mehr Weinberge gegründet’ – so Kinga Kowalewska-Koziarska. 


foto: Lubuski Szlak Wina i Miodu

Das breite Angebot der Weinberge und Weinkeller ist ein Weg potenzielle Gäste anzusprechen und zum Besuch zu überzeugen. Ein anderer sind verschiedene Weinfestivals, an dem es in Polen nicht mangelt. “Jede Region hat ihre verschiedenen Weinfeste, wie etwa “Czas dobrego sera i wina” in Sandomir, der “Jurajski piknik winiarski” oder das “NOE Festiwal”, bei dem ich mitwirke. Weinfeste gibt es auch in Breslau, Janowiec oder in Kazimierz Dolny. Die größte Initiative ist jedoch das Weinfest “Winobranie” in Grünberg” – so Marian Jeżewski vom Weinportal StudioWina.pl. Die Rolle der Weinevents bestätigt auch Marcin Moszkowicz. “Es gibt kein Weinfest ohne Winzer und es gibt keine Winzer ohne ein Weinfest. Hier hat man die Möglichkeit mehrere Winzer anzusprechen, an einem Platz mehrere Weine von verschiedenen Weinkellern zu probieren und mehr über das Weinangebot zu erfahren. Auf der anderen Seite haben die Winzer die Möglichkeit ihr Angebot, ihre Produkte vorzustellen. Aus den Gesprächen weiß ich, dass das die Kontakte am Weinfest später Früchte in Form von Besuchen oder sogar speziell für Gruppen vorbereiteten Verkostungen tragen” – so der Vorstandsvorsitzende der Grünberger Weingesellschaft.

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Das Angebot der polnischen Weinberge stößt auf Interesse nicht nur im Inland, sondern im Ausland. Eine Rolle könnte im Fall von Grünberg und den umliegenden Gebieten, die Nähe zu Deutschland und Tschechien spielen. “In unserer Region lässt der Weinbau die Leute kommen. Mittlerweile ist es so, dass man speziell z.B. einen Tag bei Pauschalreisen einplant, um den Wein hier in der Region zu probieren oder die Weinberge zu erkunden. Touristen kommen als nicht nur bei Gelegenheit. Man muss auch klar sagen, dass die Sehenswürdigkeiten und Attraktionen in der Gegend auch mit Wein verbunden sind” – sagt Moszkowicz. 

Wann ist der beste Zeitpunkt, die polnischen Winzer einen Besuch abzustatten? “Die Jahreszeit hat keine größere Bedeutung. Ich persönlich liebe diesen Moment im Frühling, als sich die ersten Keime auf dem Weinstock zeigen und später als die Weintrauben gereift sind und sich wunderschön präsentieren. Es ist auch gut, wenn der Winzer noch Wein zum Verkosten hat, denn den beliebtesten und bekanntesten gehen schnell die Flaschen weg” – so Marian Jeżewski. “Ich denke, dass jede Jahreszeit etwas am Weinberg zu bieten hat, aber der Zeitpunkt mit dem besten Flair fällt zwischen August und Oktober an. Hier auch ein kleiner Tipp – den Besuch sollte man auch mit dem Winzer absprechen” – beendet Kinga Kowalewska-Koziarska.

 

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