Seit Januar 2016 steht Breslau in Niederschlesien (PL) als europäische Kulturhauptstadt in einem besonderen Fokus der europäischen Kulturpolitik, der europäischen Öffentlichkeit und der Medien. Anlässlich dieses prestigeträchtigen Ereignisses haben sich Kultur- und Wissenschaftsinstitutionen aus Deutschland, Polen und der Slowakei unter der Federführung des „Digitalen Forums Mittel- und Osteuropa e.V.“ (DiFMOE, München) zusammengeschlossen, um einem historisch interessierten Publikum einen besonderen kulturellen Schatz zu eröffnen, auf den man nun zu jeder Zeit, kostenfrei und ortsunabhängig zugreifen kann: die reiche, aber auch sehr wechselvolle Vergangenheit der Stadt in schriftlichen und bildlichen Quellen.
Möglich wurde dies über die Digitalisierung einer attraktiven Auswahl des in Breslau entstandenen bzw. sich auf Breslau beziehenden schriftlichen und bildlichen Kulturguts aus den Beständen der Martin-Opitz-Bibliothek (Herne), des Kulturwerks Schlesien (Würzburg) und des Hauses Schlesien (Königswinter). Der fokussierte Zeitraum erstreckt sich dabei vom 16. Jahrhundert bis in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Bei den ausgewählten Titeln, Dokumenten und Bildzeugnissen finden sich im Wesentlichen solche, die in Breslau selbst gedruckt wurden. Auf den Besucher warten Periodika, vor allem Zeitschriften, Adressbücher (das älteste von 1832, das jüngste von 1926), Jahrespublikationen verschiedener Breslauer Institutionen – darunter Vorlesungsverzeichnisse der Universität – sowie ein umfangreicher Bestand der Breslauer statistischen Jahrbücher ebenso, wie monographisches und mehrbändiges Schriftgut. Dieses bietet einen zeitlichen wie thematischen Querschnitt der historischen Breslauer Buchproduktion: Aus dem 17. bis zum Beginn des 20. Jahrhundert finden sich hier Werke aus den Bereichen der Theologie und der profanen Volksliteratur, der Belletristik, der Landeskunde und Landesgeschichte, der Breslauer Stadtgeschichte und Baugeschichte, der Alltagskultur, aber auch aus verschiedenen Bereichen der Naturwissenschaften und vielen weiteren Sachgebieten. Der Leser kann sich auf biografische Werke über Persönlichkeiten aus der Vergangenheit Breslaus ebenso freuen, wie auf Reiseberichte und Reiseführer, Erziehungsratgeber für den ritterlichen Stand oder Ratgeber für das bürgerliche Leben in Schlesien.
Es warten Sagenchroniken, Schullesebücher, Liederbücher und Gedichtbände – teilweise in schlesischer Mundart – auf ihre Wiederentdeckung, außerdem Breslauer Namensbücher, ein Buch über die Herkunft und Bedeutung der schlesischen Ortsnamen und diverse Chroniken von Breslauer Studentenverbindungen und weiteren institutionalisierten Gesellschaften des städtischen Lebens. Die Experimentierfreudigen unter den Freunden historischer Alltagskultur lädt ein Breslauer Kochbuch aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts zum Nachkochen der dort beschriebenen Rezepte ein. Besonders hervorzuheben sind außerdem die beiden Sondersammlungen: schlesische bzw. Breslauer „Edikte und Ordnungen“ mit zahlreichen Rara aus dem 16., 17., 18., und 19. Jahrhundert und historische „Alltagsdokumente“, vor allem aus dem täglichen Wirtschaftsleben der Stadt. Ein Bestand von rund 500 digitalisierten Ansichtskarten vermittelt dem Betrachter auch einen sinnlich greifbaren Eindruck des historischen Breslau – seiner Straßen, Plätze, Gebäude und Bewohner. Eine große Kollektion aus alten Stadtplänen und Landkarten ermöglicht eine räumliche Zuordnung von Text- und Bildinhalten.
Nach der Cassovia Digitalis, der Riga Digitalis und der Pilsna Digitalis ist die Wratislavia Digitalis das vierte Kulturhauptstadtprojekt des Digitalen Forums Mittel- und Osteuropa und wie die Vorgenannten wird auch dieses wieder von der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert.
Informationen zum Projekträger:
Der 2008 gegründete und in München beheimatete Verein „Digitales Forum Mittel- und Osteuropa e.V.“ (DiFMOE) verfolgt das Ziel, historische Druckwerke multiethnischer Kulturlandschaften des östlichen Europa – vor allem auch solcher mit (ehemals) größeren deutschen bzw. deutschsprachigen Bevölkerungsanteilen – zu digitalisieren und über das Internet für Wissenschaft und interessierte Öffentlichkeit erreichbar zu machen. DiFMOE betreibt dazu die zentrale Plattform www.difmoe.eu und digitale Spezialbibliotheken zu den östlichen Kulturhauptstädten Europas.
Links:
www.wratislavia-digitalis.eu
www.cassovia-digitalis.eu
www.riga-digitalis.eu
www.pilsna-digitalis.eu
www.difmoe.eu