Der polnischen Nationalmannschaft geht es so gut wie seit langem nicht mehr. Polnische Fußballspieler wechseln für Summen in Millionenhöhe ihre Vereine und sind in aller Munde. Es stellt sich also die Frage, wie kann es sein, dass die Liga nur mittelmäßig ist und wir uns auf der Vereinsebene in Europa mit anderen kaum messen können. Grund dafür ist selbstverständlich Geld. Besser gesagt Geldmangel. In vielen Ländern mit großen Fußballtraditionen wie etwa Spanien, Italien, Deutschland und vor allem England sind die Vereine in den Händen von reichen Geschäftsmännern. Jene Geschäftsmänner machen daraus ein teures Hobby und sind bereit mehrere Millionen Euro zu investieren. In solchen Vereinen lautet das oberste Prinzip – Wer Geld gibt, der hat das Machtwort. Also warum sehen wir keine reichen Geldgeber, die in den polnischen Fußball investieren?
Guido Vreuls
Unternehmer, Geschäftsführer bei X-Dni Vreuls
Guido Vreuls wurde am 14.10.1969 in Maastricht (Niederlanden) geboren. Nachdem er sein Facility Management Studium abgeschlossen hatte, arbeitete er selbständig als Eventmanager.
Später war er als Manager in der Firma Vedior in den Niederlanden tätig.
2002 ist Guido Vreuls nach Oppeln (Polen) umgezogen, wo er bis heute wohnt. Dort war er erst als Manager von Vedior Polska und später acht Jahre lang als Geschäftsführer von OTTO Polska Sp. z o.o. tätig.
Auch arbeitete Guido Vreuls als stellvertretender Geschäftsführer für Entsendung vier Jahre im Vorstand vom „Polnischen HR-Forum“.
Außerdem ist er während seiner ganzen Karriere Im Auftrag von OTTO mit dem Sport verbunden gewesen und war zwei Jahre lang Geschäftsführer vom dem damaligen Erstligisten Odra Opole.
Heute ist Guido Vreuls seit zwei Jahren wieder selbständig – er gründete zusammen mit seiner Frau X-Dni Vreuls Sp. Jawna und beschäftigt sich mit dem Import von Sportkleidung und Sportartikeln der Marke Masita.
Nebenbei ist er im Sportmarketing und Management aktiv. So betreut er momentan den Hauptsponsor OTTO im Sponsorenbereich vom polnischem Eisschnelllaufverband und ist für das Management von einigen Eisschnellläufern zuständig, die sich gerade auf die Qualifikation für die Winterolympiade 2018 vorbereiten.
Neulich sprach ich mit einem ehemaligen Vereinsbesitzer aus der polnischen Ekstraklasa. Er sagte zu mir: Keiner wird in den polnischen Fußball investieren, denn obwohl du die Rechnungen zahlst muss du bei Entscheidungen mit mehreren anderen Beteiligten rechnen: Vorstandsmitglieder vom polnischen Fußballverband auf jedem Niveau, lokale und nationale Politiker oder Hooligans, die in ihrem Klub das sagen haben wollen. Er nutzte noch ein paar andere Wörter, auf die ich hier nicht zurückgreifen werde. Im Laufe der Jahre, in denen ich im Sport tätig bin habe ich ebenfalls bemerkt, dass in den ganzen Sportvereinen so gehandelt wird, als ob Sponsoren nur Geld geben und die Klubführung dem Vorstand überlassen werden sollte. Geldgeber wollen hingegen einen tatsächlichen Einfluss auf das Geschehen und auf strategische Entscheidungen im Klub haben. Die oben angesprochene Situation trägt also nur zu Konflikten zwischen den Sponsoren und Klubs oder Vorstandsmitgliedern bei.
Die zweite Sache ist diese, dass sich die Polen generell dazu verpflichtet fühlen in ihrem Klub mitzureden. Selbstverständlich sind Fans das Fundament von jedem Sportverein, aber das gibt ihnen automatisch nicht das Recht am Entscheidungsprozess teilzunehmen. In den letzten Jahren beobachten wir einen fortwährenden Kampf zwischen den Besitzern von Vereinen wie Legia Warschau, Wisla Krakau oder Zawisza Bydgoszcz und ihren Hardcore-Fans. In fast alle Fällen haben sich die Geldgeber entweder für den Verkauf entschieden oder sie ließen den Verein in die Insolvenz verfallen. Der enorme Druck (auch privat) war es ihnen einfach nicht wert. Es gibt auch Fälle wie z.B. in der Causa Murapol, wo man den Geldhahn zudreht, weil die getroffenen Entscheidungen innerhalb des Vereins nicht im Einklang mit der Vision des Sponsors stehen. Murapol, der Podbeskidzie Bielsko-Biala sponsert, hat auf diese Weise Veränderungen fast erzwungen, bis ein neuer jüngerer Vorstand im Verein installiert wurde.
Dementsprechend haben wir hierzulande kein geeignetes Klima für Geldgeber, die sich einen Fußballverein kaufen, Geld ausgeben und damit Spaß haben wollen. Das gilt nicht nur für den Fußball, sondern wohl für alle Sportarten in Polen. Deswegen wird der polnische Sport auch in den kommenden Jahren weiterhin nur durch Staatsbetriebe oder regionale Staatsstrukturen finanziert. Privates Kapital fließt erst dann, wenn in Polen eine Politik-freie-Plattform errichtet wird und Sportler, Berater, Fans sowie das Management ihrer Rolle bewusst werden und sich nur auf ihre Aufgaben konzentrieren.