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Warum die deutsche Sprache für Polen wichtig ist

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von Nils Lange und Agnieszka Łada

Polen ist noch immer das Land, in dem die Gruppe der Deutschlernenden weltweit am größten ist – allgemein wird davon ausgegangen, dass aktuell 2,3 Mio. Menschen in Polen Deutsch lernen. Deutsch ist nach Englisch nach wie vor seit Jahren die zweitbeliebteste Fremdsprache in Polen. Die Zahl der Deutschlernenden in Polen wird oft als Erfolgsbeispiel genannt. Immer mehr Firmen in Polen sind an Mitarbeitern mit Deutschkenntnissen interessiert, was auf zahlreiche Investitionen deutscher Firmen in Polen und die wachsende Zahl von polnischen Investitionen in Deutschland zurückzuführen ist. Deutschkenntnisse sind folglich nicht nur für die Polen von Vorteil, die westlich der Oder arbeiten möchten, sondern steigern auch die Einstellungschancen auf dem polnischen Arbeitsmarkt. Trotzdem ist in den letzten Jahren ein schwindendes Interesse für die deutsche Sprache zu bemerken. Die aktuelle Studie des polnischen Instituts für Öffentliche Angelegenheiten (ISP) mit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Warschau geht diesem Phänomen deshalb auf den Grund.

Laut einer Darstellung des Auswärtigen Amtes für das Jahr 2015 lernten weltweit 15,5 Mio. Menschen Deutsch. In Polen lernten entsprechend dieses Berichts knapp 2,3 Mio. Personen Deutsch, während im wesentlich größerem Nachbarland Deutschlands Frankreich nur ungefähr 1 Millionen Deutschlernende verzeichnet wurden. In Russland wiederum lernten knapp über 1,5 Mio. Personen Deutsch und in China belief sich dies Zahl auf etwas über 115.00 Personen. Während in Polen, Frankreich und Russland die Zahl der Deutschlernenden laut der Studie sinkt, was oft auch auf demografische Faktoren zurückgeführt wird, steigt in China die Zahl derjenigen, die Deutsch lernen, stetig an.[1]

In den letzten Jahren war in Polen ein sinkendes Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache zu beobachten. Dazu kommt, dass das Niveau oftmals niedrig ist. Laut den zur Verfügung stehenden Daten erreichen beispielsweise nur etwa 10% der polnischen Gymnasialschüler das Niveau A2. Der Anteil an Schülern, deren deutsche Sprachkenntnisse dem Niveau B1 und B2 entsprechen, beträgt 5 bis 7%, je nach untersuchten Fähigkeiten.[2] Es gibt jedoch Prognosen, wonach sich diese negative Tendenz bald umkehren wird, da immer mehr Arbeitgeber Deutschkenntnisse voraussetzen werden. Dies sollte als Ansporn zu noch intensiveren Maßnahmen auf vielen Ebenen verstanden werden.

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Die Einstellung von Schülern, Studenten und Eltern ist eines der Hauptprobleme. Studenten möchten beispielsweise keine zweite Fremdsprache lernen, weil sie davon ausgehen, dass ihnen das Beherrschen des Englischen ausreicht. Sie erkennen in einem Studienaufenthalt in Deutschland keinen Wert an sich, obwohl dieser ihnen persönliche Entwicklungschancen und die Verbesserung ihrer Deutschkenntnisse bietet. Sie fürchten im Gegenteil den mit einem längeren Aufenthalt in Deutschland verbundenen Verlust ihrer Arbeitsstelle, obgleich es sich dabei zumeist um einen einfachen studentischen Nebenjob handelt.

Dazu kommt, dass die Teilnahme an einem Sprachkurs nicht immer gleichzusetzen ist mit tatsächlich erworbenen Sprachkenntnissen. Im Dezember 2015 erklärten anlässlich einer Untersuchung von CBOS 53% der Polen, dass sie mindestens eine Fremdsprache ausreichend beherrschen, um in dieser Sprache kommunizieren zu können, wobei 32% der Umfrageteilnehmer Englisch angaben, 20% Russisch und 14% Deutsch.[3] Zu ähnlichen Ergebnissen ist der Personaldienstleister Randstad Polska gekommen, laut dessen Untersuchung fast die Hälfte der befragten Polen erklärten, wenigstens eine Fremdsprache zu beherrschen. Als gut oder sehr gut beurteilten 17% der Befragten ihre Englischkenntnisse, im Fall der Deutschkenntnisse waren es jedoch nur 5% der Befragten. Auf die besten Deutschkenntnisse verwiesen die Bewohner von Breslau, Warschau und Danzig.[4]

Das schwindende Interesse für die deutsche Sprache in Polen sollte auf beiden Seiten der Oder zu Handlungen anregen, diesem negativen Trend entgegenzuwirken. Die Bedeutung des Handels zwischen beiden Ländern wächst beständig, soziale und politische Kontakte werden aufgrund der geografischen Lage und der gemeinsamen Interessen auf vielen Gebieten wichtig bleiben. Zweifelsohne wird es für Deutschland von Vorteil sein, wenn viele Polen aufgrund ihrer Deutschkenntnisse in der Lage sein werden, die Situation in Deutschland zu verfolgen. Polnische Behörden könnten zwar die Förderung der deutschen Sprache als Ausbildung von Absolventen für den deutschen Markt missverstehen, allerdings sollte diese Frage weitsichtig betrachtet werden. Wie Untersuchungen des ISP zeigen, sind die Kosten im Zuge eines Auswanderns enorm[5]. Wenn migrationsbegünstigende Faktoren, wie etwa Arbeitslosigkeit, schwach sind, werden viele junge Menschen das Land nicht verlassen. Im Zuge der Reform des Hochschulwesens sollte die polnische Regierung deshalb die Bildungsstruktur an die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt anpassen statt potenzielle Migrationsströme aufgrund von Sprachkenntnissen zu befürchten. Vielmehr sollte darauf hingewiesen werden, dass eine gute fremdsprachliche Ausbildung auch auf dem polnischen Arbeitsmarkt behilflich ist. Es sollte immer wieder betont werden, dass Mehrsprachigkeit und Internationalisierung keine beängstigenden oder dem Patriotismus entgegengesetzten Begriffe sind, sondern zur Entwicklung des Landes beitragen.

Der Deutschunterricht auf den verschiedenen Bildungsebenen, die Ermutigung zum Schüler- und Studentenaustausch mit Deutschland und das Kennenlernen dieses Landes sollten für Polen wichtig sein. Die Nachbarschaft zur drittstärksten Wirtschaft der Welt und des größten Mitgliedstaates der Europäischen Union bedeutet für Polen eine Chance. Deutsche Unternehmer werden umso mehr in Polen investieren, wenn sie mit fachlich und sprachlich gut ausgebildetem Personal rechnen können. Wenn Polen wiederum im politischen wie gesellschaftlichen Bereich von Personen vertreten wird, die gut in deutscher Sprache kommunizieren können, würde das eine Vielzahl an Chancen auf Zusammenarbeit eröffnen.

Es kommt hinzu, dass angesichts des bevorstehenden Brexit Deutsch zukünftig eine noch bedeutendere Rolle innerhalb der Europäischen Union einnehmen könnte. Letztendlich sind in einem zusammenwachsenden Europa sprachlich-kulturelle Kompetenzen von enormer Bedeutung, da diese zu einem besseren Verständnis des Funktionierens der je anderen Gesellschaft und ihrer Besonderheiten führen sollten. Dass möglichst viele Polen die deutsche Sprache beherrschen, ist somit im deutschen wie auch im polnischen Interesse. Das haben auch die Verhandlungspartner des dt.-pol. Nachbarschaftsvertrags, dessen 25. Jubiläum wir im Jahr 2016 gefeiert haben, erkannt, als sie in Art. 25 des Vertrags formulierten:

„Die Vertragsparteien bekräftigen ihre Bereitschaft, allen interessierten Personen umfassenden Zugang zur Sprache und Kultur des anderen Landes zu ermöglichen, und sie unterstützen entsprechende staatliche und private Initiativen und Institutionen.”

 

Mehr zum Thema deutsche Sprache in Polen im Forschungsbericht: A. Łada, Zur Situation der deutschen Sprache in Polen. Fakten und Meinungen, Institut für Öffentliche Angelegenheiten, Warschau 2017 www.isp.org.pl herausgegeben in der Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung in Polen 

 

 


Literatur:

[1] Deutsch als Fremdsprache weltweit. Datenerhebung 2015, Auswärtiges Amt, Berlin 2015.
[2] A. Gajewska-Dyszkiewicz, M. Grudniewska, F. Kulon, K. Kutyłowska, K. Paczuska, L. Rycielska, M. Szpotowicz, Znajomość języków obcych wśród 15-latków, op. cit.
[3] O wyjazdach zagranicznych i znajomości języków obcych. Komunikat z badań, Centrum Badania Opinii Społecznej, Warszawa 2016. Die Prozentangaben ergeben zusammengenommen keine 100 Prozent, da mehr als eine Sprache angegeben werden durfte.
[4] J. Jasiński, Czy Polacy znają języki obce?, online unter: http://www.karierawfinansach.pl/w-branzy/artykul/czy-polacy-znaja-jezyki-obce [zuletzt aufgerufen am 03.11.2016].
[5] A.Łada, J. Segeš Frelak, Doświadczenia Polski i Niemiec w przyciąganiu wykwalifikowanych migrantów – wybrane zagadnienia, Instytut Spraw Publicznych, Warszawa 2017.
 
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