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Kulturmord (Teil II): Vom Regen in die Traufe

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Akte: Heizkraftwerk Szombierki 

Das Jahr 2016 brachte Hoffnung auf einen Neubeginn für das Beuthener Wahrzeichen in Form von einem neuen Besitzer. Zwar zeigte zum gleichen Zeitpunkt das Marschallamt Interesse an der historischen Stätte, dennoch wurde sie an eine Gesellschaft weiterverkauft, die erst wenige Tage zuvor entstanden war. Diese Transaktion hat sogar der damalige Stadtpräsident Damian Bartyla empfohlen und unterstützt. “Fortum hat viel unternommen, um dieses wunderschöne Objekt, an entsprechende Behörden zu übergeben. Zunächst erschien die Übergabe an die Stadt als die beste Lösung. Nach 6 Jahren und langer Suche ist es uns gelungen (einen neuen Besitzer zu finden – Anm. d. Red.)”, sagte damals Piotr Górnik, der Produktionsdirektor von Fortum, zitiert vom Blatt Dziennik Zachodni. Der neue Besitzer wurde die Firma Rezonator S.A., welche gleich mit einem hohem C angefangen hat. Die historische Stätte sollte in ein «musikalisches Disneyland» verwandelt werden. Später wurde aber schnell klar – versprochen wurde das Blaue vom Himmel.

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Zum Zeitpunkt des Erwerbs vom Heizkraftwerk Szombierki verfügte Rezonator über ein Grundkapital von 100.000 Złoty. Interessant – die jährlichen Instandhaltungskosten der Anlage wurden auf 1,5 Mio. Złoty beziffert. Zusätzlich war der neue Besitzer bereits für das Verfallen eines anderen Denkmals verantwortlich. “Die Gesellschaft, welche das Heizkraftwerk Szombierki erworben hat, war mit dem Besitzer des Rathauses in Hajduki Wielkie/Bismarckhütte verknüpft, welcher heute nicht mehr in ihrem Besitz ist. Das Objekt wurde in einen abrissähnlichen Zustand getrieben. Es ist einfach ein bestimmtes Geschäftsmodell”, glaubt Joanna Budny-Rzepecka vom Kongress für Denkmalschutz. “Statt der Adaptation der historischen Gebäude werden einen realen Wert für den Investor die Grundstücke um das Heizkraftwerk Szombierki und die Möglichkeit von Tätigkeit weiterer Investments haben”, warnte gleich nach der Vertragsunterzeichnung Wojciech Saługa. Der Marschall der Woiwodschaft Schlesien, zitiert von Gazeta Wyborcza, erinnerte daran, dass in der Nähe des Objekts die Beuthener Zentralstraße Nord-Süd entstehen soll, was sicherlich den Grundstückswert steigern würde (letzten Endes wurde die Straße nicht gebaut – Anm. d. Red.). Der drohende Kapitalmangel, die fragwürdige Reputation des neuen Besitzers zusammen mit leeren Versprechen entpuppten sich letztendlich als Vorboten, dessen was kommen sollte (und musste).

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Foto: R. Dethloff/PolenJournal.de

So schön sollte es werden 

Die Kathedrale des Industriezeitalters sollte laut den Ankündigungen der Rezonator-Vertreter zum modernen Kulturzentrum adaptiert werden. Die Vision der Besitzer setzte sich aus einem 3-D-Theater, Kunstzentrum, Film- und Tonaufnahmestudio sowie einem kulturellen und zugleich didaktischen Erholungspark für die ganze Familie zusammen. “Wir werden ein «musikalisches Disneyland» schaffen, also einen Erholungsort für die ganze Familie, für Menschen, welche Musik lieben und offen gegenüber neuen Erfahrungen sind”, kündigte 2016 Karolina Glazer von Rezonator an. Heute klingen diese Versprechen, wie ein schlechter Witz. 

Der Besitzer hat bereits vor 5 Jahren mit leeren Phrasen die Fragen nach der Mittelbeschaffung für die Sanierung sowie die Tätigkeit des neuen Kulturzentrums gedroschen. Interessanterweise konnte Rezonator sogar mehrmals Fördergelder in Anspruch nehmen. Die Firma hat es aber nicht getan. “Die Gesellschaft hat Fördergelder vom Marschallamt der Woiwodschaft Schlesien zugesprochen bekommen, hat sie jedoch nicht in Anspruch genommen”, bestätigt Małgorzata Węgiel-Wnuk, die Sprecherin der Stadt Bytom/Beuthen. 14 Mio. Złoty – weg. Der Grund? Die nötigen Unterlagen wurden nicht termingerecht eingereicht. Das 3-D-Theater, das Studio und der Erholungspark sind nie entstanden. Ganz zu schweigen von dem, dass der teilweise schon ausgeplünderte Industrietempel komplett ausgeraubt wurde. “Jeder von den Besitzern hat etwas herausgeschnitten, Rezonator hat jedoch das komplette Heizhaus ausgerottet, welches somit zum ausgelassenen Ei wurde. Es geht mir hier nicht um die Geräte oder Rohrleitungen, die noch dort waren, aber um die Podeste rings um das ganze Heizhaus. Mit deren Hilfe konnte man an die Fenster gelangen, jetzt sind sie aber nicht mehr zugänglich”, bedauert Andrzej Janota. Daran schließt sich auch Joanna Budny-Rzepecka an. “Originelle Podeste, Treppen und ein Teil dieser Produktionsstraße wurden weggebracht und die Anlage seiner einzigartigen Innenausstattung beraubt. Wir könnten hier ein sehr interessantes Objekt haben, selbst wenn das Innere zu kommerziellen Zwecken adaptiert worden wäre”, so die Enthusiastin, die gleichzeitig hinzufügt, dass sie weiterhin Hoffnung auf eine Rettung für das Heizkraftwerk Szombierki habe.

Diese Rettung braucht die Kathedrale des Industriezeitalters ganz dringend. Neben dem Besitzer tut das Seinige auch die Zeit sowie die jahrelangen Vernachlässigungen. “Wenn man heute dort hineingeht, macht das Ganze auf uns einen gewaltigen Eindruck. Es ist aber kein angenehmes Gefühl, wenn man so ein Denkmal sieht, dass so vernachlässigt und vernichtet wurde”, erklärt die Vorsitzende vom Kongress für Denkmalschutz. Herausfallende Fenster und Glasscheiben, die abfallende Fassade oder zerfallende Wände sind nur der Anfang einer sehr langen Liste. “Es lohnt sich dort hinzugehen, wenn es regnet. Bei stärkeren Regen kann man im sog. Lärchensaal beobachten, dass alles undicht ist, dass sich über unserem Kopf kein Dach, sondern eine Plane aus Material befindet. Wenn man durch die Maschinenräume geht, dann sieht man, dass es richtig viele von den großen, ein paar Meter breiten Löchern gibt. Das ganze Gebäude wird feucht, der originale Fußboden wölbt sich. Im Büro der Geschäftsführung haben wir die historische Mutteruhr. Wenn wir genauer hinschauen, erkennen wir, dass sie bereits verschimmelt”, bemerkt Budny-Rzepecka.

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