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Der Berggeist – ein gutmütiger alter Mann oder furchterregender Dämon?

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Manche Regionen werden von geheimnisvollen Wesen bewohnt, die mal bereit sind, einem ihre helfende Hand zu reichen, mal Angst einzujagen. Wenn man in den Sudeten, und vor allem im Riesengebirge, ein bisschen Zeit verbringt, lernt man den mythischen Berggeist kennen, der unter vielen Namen bekannt ist. Das Bild eines älteren Mannes, der am Stock geht, begrüßt die Gäste in seinem Königreich. Eine ähnliche Gestalt ist auf Postkarten und anderen Souvenirs zu sehen. Was steckt aber dahinter?

Der Berggeist so alt, wie die Welt selbst

“Das Geheimnis um Rübezahl ist alt wie die moosigen, grünspiegelnden Felsen, die in die feuchten Gebirgsschluchten hängen.

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Oder so alt wie die weißen Schaumwasser, die in der Zackelklamm jeden Tag jung und neu über Schroffen und Steine zu Tale springen. Darin ein vom Ufer entführtes Holzscheit sich so lustig in den Strudeln dreht, als wäre die rollende, quirlende Jagd hinunter nur ein Spiel.

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Nämlich Rübezahl ist selber alt wie die Steine. Vermutlich so alt, wie die Riesenwoge aus Granit, die schon in Urzeiten zwischen Böhmen und Schlesien ausrollte und zum Riesengebirge erstarrte,” schreibt Carl Hauptmann am Anfang seines “Rübezahl-Buches” aus 1915, in welchem er neun Geschichten über den geheimnisvollen Herrscher dieser Region niederschrieb. Während der Jahrzehnte sind Dutzende solcher Legenden entstanden, genau wie die Bilder Rübezahls. Dieser ungezähmte Herrscher ist außerdem unter vielen Namen bekannt – mal ist er der Berggeist, mal Rübezahl, Karkonosz (pl.), Liczyrzepa (pl.) usw.

 

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Uralter Bewohner der Riphäen

An die Riphäen (pl. Góry Ryfejskie) erinnert sich heutzutage keiner mehr, da die Bezeichnung “Sudeten” sich bereits nicht nur in der polnischen Sprache etabliert hat. In Polen war aber diese Bezeichnung relativ lange im Gebrauch. Die Riphäen, eine Gebirgskette, die die Gebiete des heutigen Polens von Tschechien trennten, erwähnten schon die antiken Griechen im 6. Jh. v. Chr. Historiker Hekataios von Milet beschrieb in seinem Werk “Ges Periodos” ein ewig glückliches Land, das sich zwischen den Riphäen und dem Atlantik erstreckte. Seine mythischen Bewohner sollten ein sorgenloses Leben geführt haben. Die antiken Griechen verwendeten die Bezeichnung Rhipaeos Montes oder Rhipaei Montes, was mit dem lateinischen Wort “gewittrig” in Zusammenhang steht.

Die Sudeten erwähnte auch der griechische Mathematiker, Astrologe und Geograph Claudius Ptolemäus, indem er auf seiner Weltkarte die Riphäen zwischen dem heutigen Polen und Tschechien markierte. In seinen Notizen finden wir auch die Bezeichnung Sudeti Montes, die sehr wahrscheinlich von den Kelten stammt, die diese Gebiete noch vor Geburt Christi besiedelten. Sudeten kann man als “wilder Wald” übersetzen. Noch im 16. Jahrhundert war diese Gegend nicht gerade leicht zu besiedeln.

Helwigs Landkarte Schlesiens, 1561

Dem Glauben nach, sollte die unergründlichen Berggebiete ein geheimnisvolles Wesen bewohnen. Es bewegte sich auf zwei Ziegenbeinen mithilfe einer Krücke, sein Haupt krönte ein Hirschgeweih. In der Mythologie der Kelten ist ein ähnliches Wesen zu finden – Cernunnos, Gottheit der Wälder, Tiere und der Fruchtbarkeit. Ähnliche Götter waren auch von germanischen und slawischen Völkern angebetet. Höchstwahrscheinlich kam es zum Austausch der mündlichen Überlieferungen und so überstanden sie bis zum Mittelalter. Heutzutage sind sie uns als Legenden über Rübezahl bekannt. “Man hat vergessen, dass der Berggeist unterschiedliche Formen annehmen kann, weil er immateriell ist. Er kann sich sowohl in Menschen und Tiere verwandeln, wie auch in Gegenstände und Pflanzen” – erzählt Katarzyna Paczyńska aus dem Museum Karkonoskie Tajemnice und weist auf die älteste Darstellung des Berggeistes hin, die bis heute überliefert ist. “Das ist die Landkarte Schlesiens, die von Helwig um 1561 angefertigt wurde. Der Berggeist wurde als eine Tierhybride dargestellt – mit dem Kopf eines Adlers, Hirschgeweih, Körper und Pfoten eines Löwens und mit Ziegenbockhufen, wie auch mit einem in zwei geteilten Schwanz”. Dieses Bild gibt den Zusammenhang des Berggeists mit der Natur, wie auch seinen wilden Charakter besser wieder. Damit kann er auch in Sagen anderer antiker Kulturen gefunden werden – u.a. in der ägyptischen, syrischen, kretischen, etruskischen und später auch in der keltischen, babylonischen und griechischen.

Stanisław Firszt sah sich die Evolution der Darstellung des Berggeists genau an und stellte mehrere Prototypen dieser Gestalt vor. Der Hauptgrund für die wohl größte Veränderung in der Darstellungsweise des Herrschers der Berge – als einen alten Mann – hat seine Wurzeln in der Christianisierung Europas, die als ein langsamer und mühseliger Prozess angesehen werden muss. Sehr oft erhielten heidnische Gottheiten teuflische Eigenschaften, um den Menschen den alten Glauben zu verleiden. Rübezahl lebte aber weiter in ihrem Bewusstsein, obwohl sein Bild gemildert wurde. Außerdem verdienten die Teufel nicht, auf einem Blatt Papier verewigt zu werden und man hatte vor ihnen Angst. Ein älterer Mann mit Krücke oder ein Mönch, der den guten Menschen Hilfe leistet und die Bösen bestraft, passte besser zu dem christlichen Weltbild. In Tschechien, wo der Berggeist als Krkonoš bekannt war, fing der Klerus an, ihn als Herr Johannes (pl. Pan Jan) zu bezeichnen, weil der Kult Johannes des Täufers so verbreitet war.

Mönch aus dem Harz

Eine der ältesten Beschreibungen des Berggeists befindet sich in der „Tiroler Chronik“, die von dem Tiroler Vizekanzler Matthias Burglechner um 1619 niedergeschrieben wurde. Das Werk gibt auch genaue Auskunft über die Entwicklung des Bergbaus im Herzogtum Braunschweig in der Nähe von Goslar, dessen Anfänge im 10. Jahrhundert zu Zeiten Kaiser Ottos zu finden sind. Es wurde festgehalten, dass der Berggeist als Mönch erschien und auch im Besitz von Berggruben war. Der Geist tat keinem etwas und das von ihm abgebaute Erz gehörte zu den Besten. Seine Bergarbeiter hat er gut für ihre harte Arbeit belohnt, weshalb sie von anderen Arbeitern ausgelacht wurden. Rübezahl hat sie gebeten, aufzuhören, denn sonst werden sie bestraft, doch die Beleidigungen nahmen kein Ende. Eines Tages rief der Berggeist seine Bergarbeiter früher an die Erdoberfläche und verschüttete die anderen. Einer von seinen Arbeitern verspätete sich ein bisschen und verlor sein Bein. Noch heute sagt man über humpelnde Bergarbeiter, dass sie zu Rübezahl gehören.

Quelle: www.ansichtskartenversand.com

Weiter ist eine Sage zu finden, wonach der Berggeist sich als Mönch dem Herzog von Braunschweig zeigte. “Er hat ein Paar augen gehabt, wie ein grosses Paar Glaß Scheiben, und sein Grueben Leicht, war wie eine grosse Schissl, und hat über, und über das Jnßleth darab geflossen”, lesen wir in der „Tiroler Chronik“. Rübezahl, obwohl er dem Herzog Angst mit seinem Erscheinen einjagte, tat ihm nichts. Man kann aber verstehen, dass der Grubenbesitzer nie wieder nach Sonnenuntergang nach unten fuhr.

Quelle: www.ansichtskartenversand.com

In der Tiroler Chronik ist auch zu lesen, dass der Berggeist sich später nach Schlesien in die Kupfergrube der Familie Gotschen (später Schaffgotsch) begab, wo er sich ebenfalls in Gestalt eines Mönchs zeigte. Der launische Geist machte oft den Bergarbeitern zu schaffen, indem er zum Beispiel das Essen in einen Spieß voller Kröten, Eidechsen und anderer Reptilien verwandelte. Rübezahl spielte seine Streiche auch mit den Burgbewohnern und steckte Steine in ihre Körbe. Wenn sie ihn aber dafür nicht verwünschten, nahm er die zusätzliche Last weg und die auf dem Markt gekaufte Ware legte er zurück. Laut dem Tiroler Vizekanzler war der Berggeist den Bewohnern des Riesengebirges so bekannt, dass keinen seine Anwesenheit und sein Benehmen wunderten.

Quelle: www.ansichtskartenversand.com

Die Darstellung Rübezahls als Mönch hängt auch zusammen mit den Zisterziensern, die großen Einfluss auf den Bergbau im Harz und auch auf die Besiedlung Oberschlesiens ausübten. Im Beitrag “Rübezahl” stellt Ulrich Junker die Hypothese auf, dass es sich bei Rübezahl um einen wirklichen Menschen handeln könnte, der sich mit dem Bergbau auskannte. Höchstwahrscheinlich weckte sein Erfolg viel Neid und deshalb schrieb man ihm Kontakt mit dem Teufel zu. Dies würde auch die Darstellung des Berggeists mit Teufelsbeinen erklären. Fakt bleibt aber, dass es tatsächlich Menschen mit ähnlich klingenden Namen gab – Beweise kann man in zahlreichen Urkunden ab dem 13. Jahrhundert finden.

Quelle: www.ansichtskartenversand.com

Im Zusammenhang mit dem Bergbau weist Katarzyna Paczyńska auf die ins Riesengebirge ab dem 12. Jahrhundert ziehende Bevölkerung hin. “Es waren hauptsächlich Wallonen aus den Grenzgebieten zwischen Belgien und Frankreich, die auf der Suche nach Edelmetallen und -steinen waren. Von ihnen stammen die mündlichen Überlieferungen der Legenden über den strengen Herrscher des Riesengebirges, der auch die Bodenschätze hütete. Solch eine Darstellung des Berggeistes und seiner Natur erwies sich für die Wallonen als nützlich, denn so konnten sie besser ihre Berggruben und Stollen schützen. Außerdem schrieb man dem Berggeist alle atmosphärischen Phänomene zu.”

Quelle: www.ansichtskartenversand.com

An dieser Stelle muss an die Kräutersammler erinnert werden, die ab dem 16. Jahrhundert die Berggebiete besiedelten. “Sie beschäftigten sich mit Heilkunde,” erklärt Poczyńska. “Der Berggeist, Herrscher über die gesamte Flora, wurde zu ihrem Schirmherr. Man hat geglaubt, dass man ihm die Heilungskraft und magischen Eigenschaften der Pflanzen zu verdanken hat.

Praetorius über den Riesen

Der deutscher Schriftsteller und Gelehrte Johannes Praetorius verfasste die dreibändige “Daemonologia Rubinzalli”. Die erste Fassung des dem launischen Berggeist gewidmeten Werks entstand 1662 und wuchs schnell zu drei Bänden. Die ersten zwei präsentieren den Charakter des Riesens, der dritte hingegen bildet eine Sagensammlung. Wie der Autor selbst zugegeben hatte, war er von dem Erfolg seines Werks dermaßen überrascht, dass er sich verpflichtet fühlte, einen weiteren Band zu schreiben. Er sammelte so viele Materialien, dass er nicht in der Lage war, sie alle zu benutzen. Die so entstandenen Geschichten sind “größtenteils humorvoll, manchmal grausam und oft grotesk”. Katarzyna Paczyńska gibt zu, dass wir Praetorius die wohl vielfältigste Beschreibung des Berggeistes verdanken. Das Werk inspirierte dann andere Schriftsteller und Künstler. “Daemonologia Rubinzalli” gibt auch einen Einblick in das Alltagsleben der Bewohner des Riesengebirges und beschreibt die Region.

„Rübezahl“, Moritz Ludwig von Schwind, 1859

Wieso Rübezahl?

Der Berggeist trug nicht gleich den Namen Rübezahl. Wie schon früher erwähnt wurde, kann man Menschen mit diesem Namen vorfinden. Kehren wir aber zurück zu den Kelten, denn in ihrer Sprache sind interessante Zusammenhänge mit den heutigen Namen im Riesengebirge zu finden. Die von den Kelten angebetete Gottheit trug den Namen “Cernunnos”. Die lateinische Bezeichnung für das Riesengebirge lautet “Cerconossios”. Klingt ähnlich? Und wie. Die Gottheit wurde ebenfalls mit Hirschgeweih dargestellt, worauf der Ortsname Hirschberg verweist. Die polnische Bezeichnung Jelenia Góra ist eine direkte Übersetzung aus dem Deutschen, die aus dem 13. Jahrhundert stammt.

Weitere Ähnlichkeiten finden wir in der polnischen Bezeichnung des Gebirges “Karkonosze”, die aus dem Tschechischen (Krkonoše) entnommen wurde. Dabei entsprang sie aus dem keltischen “Korkontoi” oder einer altslawischen Sprache. In Tschechien heißt der Berggeist Krkonoš. Dies ist nur die Spitze des Eisbergs, denn die Etymologie verbirgt noch mehrere interessante Fakten.
Und Rübezahl? Hier gibt es mehrere Theorien. Laut einer von ihnen, wurde der Berggeist anfangs Riphen Zabel genannt, was soviel bedeutete wie “Teufel der Riphäen” und für die Gottheit stand, welche die Sudeten bewohnte. Andere sind der Meinung, dass der Name von den Rubinen abgeleitet worden sei und “Rubinzähler” bedeutet. Dies würde mit der Darstellung des Berggeists als Wächter über die Schätze des Riesengebirges übereinstimmen. Die Etymologie weist auch auf den teufelartigen Schwanz des Wesens hin.

Die Herkunft des Namens Rübezahl verdanken wir aber einer konkreten Legende. Nehmen wir es aber schon an dieser Stelle vorweg – wenn man den Berggeist bei diesem Namen ruft, fühlt er sich sehr beleidigt und …verärgert, was schlimme Folgen haben kann. Im 18. Jahrhundert setzt sich der deutsche Schriftsteller und Philologe Johann Karl August Musäus das Ziel, die deutschen Märchen niederzuschreiben – aus diesem Grund setzt er sich im Kreis mit älteren Damen oder wird zum Freund der Kinder, um sich ihre Geschichten anzuhören. Dank diesem Vorgehen entstehen 1782-1786 die fünfbändigen “Volksmärchen der Deutschen”. Musäus’ Arbeit war für damalige Zeiten originell, was dem Verfasser von Anfang an bewusst war. Erst ca. 30 Jahre später werden die Gebrüder Grimm ihre Märchensammlung veröffentlichen.

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Unter den zahlreichen Geschichten, die Musäus aufs Papier übertragen hat, finden wir fünf, die das Thema des Berggeistes behandeln. Die berühmteste unter ihnen ist die erste Legende. Rübezahl – ein Gnom und Herrscher über das Riesengebirge – nicht nur seines oberirdischen, aber auch unterirdischen Teils – verwandelt sich mehrmals in einen Menschen, um die Bewohner seines Landes besser kennenzulernen. Doch die Menschen enttäuschen ihn und er flieht in den Wald, wo er die badende Emma entdeckt – die Tochter eines schlesischen Herzogs – in die er sich sofort verliebt. In Gestalt eines gut aussehenden Jünglings und mithilfe einer Illusion gelingt es ihm, das Mädchen in sein unterirdisches Königreich zu entführen. Emma ist aber unglücklich und fühlt sich einsam, also schenkt ihr der Berggeist magische Rüben, aus denen sie alles zaubern kann, was sie sich nur wünscht. Die hervor gezauberten Menschen sterben aber sehr schnell, was das Mädchen noch trauriger macht. Die Gefangene kommt aber auf eine schlaue Idee. Sie verspricht ihrem Entführer, ihn zu heiraten, wenn er korrekt alle Rüben im Garten zählt – der zukünftigen Braut liegt es an vielen Hochzeitsgästen. Als der Berggeist sich auf dem Weg macht, flieht Emma auf dem Rücken eines prächtigen Pferdes, welches sie aus einer versteckten Rübe herbei zaubert, auf die Erdoberfläche in die Arme des Prinzen von Ratibor, den sie gleich heiratet. Der Berggeist durchschaut schnell ihre List. Verzweifelt und wütend zerstört er die Schlossillusion und flieht tief unter die Erde mit dem Gedanken, nie mehr etwas von den Menschen hören zu wollen. Die Bewohner nannten ihn zum Spott Rübezahl – jemand, der Rüben zählt. In Polen funktioniert der Name “Liczyrzepa”, eine direkte Übersetzung aus dem Deutschen, die Stanisław Bełza bei der Arbeit an der Übersetzung der Legenden vorgeschlagen hat.

Tod des Berggeistes?

Oft hört man vom Tod des Berggeistes. “Manche vertreten die Meinung, dass die Herrschaftszeit Rübezahls 1681 endete, was mit dem Bau der Laurentiuskapelle auf der Spitze der Schneekoppe verbunden war. Die Entstehung einer Kapelle sollte die Herrschaft über die Berge eines christlichen Patrons symbolisieren. Viele denken, dass dies der Tod Rübezahls war, dem sogar ein Grab gebaut wurde. Ab diesem Moment wurde der Berggeist öfter als Mensch dargestellt”, erklärt Katarzyna Paczyńska. “Zum eigenartigen “Untergang” des Berggeistes kam es nach dem Ende des II. Weltkriegs. Die Bewohner des Riesengebirges haben die Kontinuität der Kultur unterbrochen. Aufgrund der schlechten Erfahrungen während des Kriegs wollten sich die Niederschlesier von allen Sachen abgrenzen, die Erinnerungen an diese Zeit hervorrufen – sei es auch nur indirekt. Auf diese Weise passierte mit dem Berggeist das Gleiche, was mit vielen anderen wertvollen Kunstwerken und Literatur aus der Vorkriegszeit passiert ist – durch wirkungsvolle Propaganda sind sie in Vergangenheit geraten. Rübezahl wurde erst in den 90er Jahren des 20. Jahrhunderts wieder entdeckt und die Menschen haben wieder damit angefangen, seine Geheimnisse zu ergründen.

Foto: Museum Karkonoskie Tajemnice

Rübezahl in der Literatur, Kunst, Musik und im Film

Der Berggeist erwies sich als dermaßen interessant, dass er zur Inspiration vieler Schriftsteller, Musiker, Maler, Bildhauer und Filmemacher wurde. Das Museum des Riesengebirges (poln. Muzeum Karkonoskie) in Hirschberg/Jelenia Góra veröffentlicht bis heute in unterschiedlichen Reihen Beiträge, die mit dem Berggeist verbunden sind. Über den Herrscher über die Berge schrieb schon der zu Anfang zitierte Carl Hauptmann, auch der Görlitzer Schriftsteller und Künstler Johannes Wüsten beschäftigte sich in seinen Werken mit diesem Motiv. Interessanterweise wurde die Gestalt des Berggeistes zum Prototyp von Gandalf in “Der Hobbit” und “Herr der Ringe”. “Tolkien hat eine Postkartensammlung mit Reproduktionen vieler Bilder gekauft. Unter ihnen war auch die Postkarte mit einem älteren Mann mit langem weißen Bart. Es war die Reproduktion des Gemäldes von J. Madlener “Der Berggeist” – präzisiert Katarzyna Paczyńska. “Auf dem Briefumschlag der Karte schrieb J.R.R. Tolkien: “Origin of Gandalf””.

Im 19. Jahrhundert entstanden viele Opern, die von den Rübezahllegenden inspiriert worden sind. Das Motiv erwies sich auch für die Maler und Bildhauer als sehr interessant. Sowohl an der tschechischen, wie auch der polnischen Seite entstanden Dutzende Skulpturen des Berggeistes. Dieser kommt auch in der Kinematografie vor. Die Filme “Rübezahls Hochzeit” von 1916 und “Rübezahl – Herr der Berge” von 1957 bilden weitere Elemente des Mosaiks, das der Faszination mit der Legende zugrunde liegt. Vor relativ kurzer Zeit, 2017 entstand ein Film über den Herrscher des Riesengebirges in der ZDF-Serie “Märchenperlen”.

Foto: Museum Karkonoskie Tajemnice

Wo die Legenden zum Leben erwachen

Die rapide Entwicklung der Touristik im Riesengebirge hat zur Verbreitung der Darstellung Rübezahls als einen älteren Mann, der mit einem Stock durch sein Bergkönigreich wandert, beigetragen. Ein solches Bild kann man auf den verschiedensten Souvenirs vorfinden. Dennoch steckt die größte Magie in den Legenden, die sich die Kinder mit glühendem Gesicht anhören und nicht selten dabei die Frage stellen, ob der Berggeist ihnen seine helfende Hand reichen wird? Oder wird er Steine in den Rucksack stecken?

Aus dem Wunsch, den Touristen Rübezahl näher zu bringen, wurde im Riesengebirge das interaktive Museum Karkonoskie Tajemnice (de. Geheimnisse des Riesengebirges) gegründet. Vor dem Gebäude ist eine große Skulptur zu sehen, die durch die alten Darstellungsweisen inspiriert wurde. “Den Gründern des Museums, die von der Geschichte des Riesengebirges und seines Herrschers bezaubert worden sind, raubte die verbreitete Darstellung des Berggeistes den Schlaf. Ihrer Meinung nach ist es eine Verallgemeinerung”, erzählt Katarzyna Paczyńska. Wie ich erfahre, hat der Museumsgründer von klein auf seine Leidenschaft zu den Berglegenden gezeigt und als kleiner Junge ist er alleine durch die Berge gewandert. “Jakub Paczyński ist weiterhin in die Berge verliebt, er brauchte aber einen Impuls. Die Entdeckung des Stabs des Berggeistes war für ihn wie ein Zeichen. In diesem Moment wusste er, dass er den vergessenen Kult um den Geist, zum Leben erwecken muss. So begann das Abenteuer mit dem Unterirdischen Königreich des Berggeistes.”

Woher genau kam aber der Stab des Berggeistes? “Karkonoskie Tajemnice wurde an der Stelle erbaut, wo der Stab entdeckt wurde. Dieser geheimnisvolle Gegenstand wurde am 26. März 2011 während Bauarbeiten in Krummhübel/Karpacz ausgegraben, was Erregung nicht nur in der lokalen Bevölkerung, aber auch im Internet und anderen Medien hervorgerufen hat. Zurzeit befindet sich das Exponat im Museum des Riesengebirges in Hirschberg/Jelenia Góra. In Karkonoskie Tajemnice ist nur eine Replik des Stabes zu finden. Der Gegenstand wurde sehr wahrscheinlich bei den Feierlichkeiten zur Ehre des Berggeistes verwendet. Wir sind aber der Meinung, dass eben diesen Stab der Zwerg Krasny dem Herrscher über die Berge gestohlen hat. Die Legende ist im Buch “Karkonoskie Tajemnice, czyli o Duchu Gór wieści zasłyszane…” beschrieben,” eilt mit der Erklärung Katarzyna Paczyńska.

 

Zusammen mit einer Künstlergruppe, zu der u.a. der Maler Dariusz Miliński, Grafiker Igor Morski und der mit dem Theater verbundene Wiktor Wiktorczyk gehören, schuf der Gründer des Museums einen Platz, den er selbst “Unterirdischer Sitz des Berggeistes” nennt. Ich frage Katarzyna Paczyńska, worauf genau sich die Gäste vorbereiten sollen. “In Karkonoskie Tajemnice kann man interessante Geschichten hören und faszinierende Entdeckungen machen. Die Besucher werden ihren eigenen Berggeist mithilfe einer App schaffen, sie werden den Stein der Weisen entdecken, auf einer Harfe mit unsichtbaren Saiten spielen, die Gewitterwolken verjagen und hinter dem Lenkrad einer Maschine Platz einnehmen, mit der man die Mandragorawurzel finden kann. Außerdem werden sie 12 Geschichten kennenlernen – u.a. die Geschichte der Wallonen – der Kräutersammler, Mineral- und Rohstoffsucher, die das Riesengebirge besiedelt haben, der alten Glashüttenarbeiter und die Legenden über den Herrscher der Berge. Der multimediale und interaktive Charakter der Ausstellung lässt die Besucher ihr Wissen aktiv bereichern. In den unterirdischen Ausstellungsräumen herrscht geheimnisvolle Atmosphäre und dank des Lichtspiels, unterschiedlicher Geräusche und Gerüche werden alle Sinne der Gäste aktiviert”.

Das Museum hat es auf die Liste der neuen “7 Wunder Polens” von National Geographic geschafft. Es wundert nicht, dass die Institution auf die Weiterentwicklung der Ausstellung setzt. Diese soll auch für Gäste aus unterschiedlichen Regionen der Welt zugänglich sein. Schon jetzt ist der multimedialer Museumsführer in vielen Sprachen vorhanden, u.a. auf Deutsch. “Ich kann ihnen verraten, dass wir gerade an einem Berggeistgemach arbeiten, wo jeder die Möglichkeit haben wird, ein Elixier oder Medikament nach den alten Rezepturen vorzubereiten und den Berggeist näher kennenzulernen” – so Paczyńska.

Der uralte Herrscher des Riesengebirges wird nie diese Region verlassen, genau wie er nie von den Bewohnern und den Touristen vergessen wird. Wenn man sich auf den Weg in die Berge macht, lohnt es sich, ihm einen Gedanken zu schenken, denn er ist überall zu sehen – sowohl in der schönen Landschaft, wie auch in der Natur selbst. Das ist sein Königreich und er hat viele Gründe, stolz darauf zu sein.

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