(Ein Kommentar von Ryszard Galla)
Seit 27 Jahren ist der 4. Juni in Polen ein symbolisches Datum als Jahrestag der ersten freien Kommunalwahlen im Jahr 1989. Man feiert ihn deshalb als einen Tag der Freiheit, Solidarität, Demokratie und Selbstverwaltung. Seit einigen Monaten wird allerdings heftig darüber diskutiert, ob man diesen Tag überhaupt feiern sollte. Und wenn ja, sollte man bei den Festlichkeiten nicht auch ganz stark die Sorge um die Demokratie akzentuieren, da diese in Polen gefährdet sei. Für mich ist der 4. Juni sehr wichtig, denn er steht symbolisch für einen großen Erfolg, den Polen auf friedlichem Weg erzielen konnte. Polen gehört nämlich zu den wenigen Staaten, die auf eine so demokratische Art und Weise einen politischen Wandel vollzogen hat.
Ryszard Galla
Sejm-Abgeordneter der Republik Polen
Geboren am 22.7.1956 in Breslau, Maschinenbauingenieur von Beruf. Abgeschlossenes Studium an der Fakultät für Mechanik der Technischen Hochschule in Oppeln sowie ein Aufbaustudium im Bereich der Verwaltung des Gesundheitswesens an der Wirtschaftsakademie in Breslau. Verheiratet, zwei Söhne.
1999 – 2002 Vizemarschall und später Marschall der Woiwodschaft Oppeln. Seit 2005 im polnischen Parlament (Sejm) als Vertreter der der Deutschen Minderheit in Polen.
Mitglied des Ausschusses für öffentliche Finanzen, Stellvertretender Vorsitzender der Polnisch-Deutschen Parlamentariergruppe. Stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Sozial-Kulturellen Gesellschaft der Deutschen im Oppelner Schlesien.
Nach fast drei Jahrzehnten erhebt sich in der polnischen Gesellschaft nun aber eine Stimme der Angst! Dem zugrunde liegen die letzten drei Monate, in denen die hart erkämpfte polnische Demokratie in Gefahr geraten ist – denn Demokratie ist ja nicht etwas, was einem Land ein für alle Mal gegeben wird. Es ist daher sinnvoll, dass die polnische Gesellschaft ungeachtet der jeweils regierenden Option – ob es nun die PO, SLD oder jetzt die PiS ist – dafür sorgt, dass kein Regierender ein Mandat dazu erhält, so drastisch wie jetzt die Grundregeln der Freiheit einschließlich Gerichten und Medien zu verändern, all das also, was wir in den letzten Jahren erreicht haben.
Wenn es also in der polnischen Gesellschaft heute diese Unruhe gibt, dann könnte und sollte dieser 4. Juni – ein Festtag der Freiheit und Demokratie – zu jenem Moment werden, in dem die Bürger ihre Befürchtungen im Hinblick auf die Gefährdung der Demokratie einmal deutlich artikulieren.
Notiert von Krzysztof Świerc