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Die polnische Bürokratie – oder wie ich versuchte, mich in Polen zu registrieren

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Die Zeit vergeht ja bekanntlich wie im Fluge und je älter und weiser wir werden, desto wahrscheinlicher beschleicht uns das Gefühl, die Zeit verginge immer schneller und rase uns sprichwörtlich davon. Man blickt zurück und bemerkt, dass der Schulabschluss nun schon bereits mehr als ein Jahrzehnt – oder sogar wie in meinem Fall noch weiter – zurückliegt und dass sich überraschenderweise schon wieder der Geburtstag in greifbarer Näher befindet und gefühlt ist in 2 Wochen Weihnachten und man hat noch gar keine Geschenke besorgt. Dieses Gefühl kennen alle über 30 ganz besonders und auch mir wurde vor einiger Zeit schmerzlich bewusst, dass schon wieder einmal 5 Jahre vergangen waren, denn meine Aufenthaltsgenehmigung für Polen musste erneuert werden. Also hieß es wie bereits im Jahre 2016, hinein in den Kampf mit den bürokratischen Windmühlen. 

Ordnung muss sein

Wir halten uns viel zu selten vor Augen, welches Glück wir doch eigentlich haben, in Europa geboren und aufgewachsen zu sein und dass wir hier leben dürfen. Wenn man natürlich sucht, findet man auch Gründe, die dagegen sprechen, besonders in Polen. Wir sollten vermeiden unsere Gehälter mit den Luxemburgern zu vergleichen, uns das spanische Wetter zu wünschen oder zu hoffen wie die Deutschen ohne ein Tempolimit auf den Autobahnen unterwegs sein zu können. Aber auf eines kann man sich in Europa verlassen, es geht in der Regel geordnet zu und dafür sorgen viele Regeln, Gesetze und Vorschriften, an die sich zu halten nicht immer leicht fällt oder Sinn macht, sind es nun bestimmte Steuern, Geschwindigkeitsbegrenzungen oder Ähnliches. Aber ich bin ein Befürworter, dass man sein Auto korrekt anmelden soll und der Staat auch ungefähr weiss, wo er seine Bürger antreffen kann, wenn er Ihnen einen Wahlbenachrichtigung zukommen lassen möchte. In der Regel muss man für solche Dinge zu einem Amt gehen, bestimmte Formulare ausfüllen und das war es. So verhielt es sich auch in meinem Fall, als ich im Herbst 2015 nach Polen ausgewandert bin. Nun werden sich einige fragen, weshalb ich mich als Bürger eines Staates der europäischen Union überhaupt anmelden und registrieren lassen muss, da es doch eine gewisse persönliche Freizügigkeit innerhalb der EU gibt, wodurch sich jeder, ob nun aus Irland, Litauen, Belgien oder Portugal in den 27 Mitgliedstaaten der europäischen Union frei aufhalten, bewegen und niederlassen darf. Das ist natürlich richtig, trotzdem möchte das Land, in welchem eine Person vorübergehend lebt, auch darüber informiert werden, was nachvollziehbar und verständlich ist. Der Vorteil ist, dass sich EU-Bürger frei bewegen und niederlassen dürfen und es ihnen niemand verbieten kann oder auch möchte, aber wer sich länger als 6 Monate in einem EU-Land aufhält, muss sich anmelden und registrieren lassen. Gesagt, getan. 

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Bitte einmal hier unterschreiben

Wie in jedem Land muss man dazu viele Formulare ausfüllen und Unterlagen einreichen. Das ist natürlich zunächst aufwendig, aber es lohnt sich, wenn man später alles geschafft hat, dann fühlt man sich gleich noch mehr wie ein Einheimischer und ist vor lauter Stolz 2 m gewachsen, da man sich dieser doch sehr herausfordernden Prüfung gestellt und sie erfolgreich gemeistert hat. Da ich anfangs als selbstständiger Sprachlehrer tätig war, brauchte ich als erstes meine persönliche Steuernummer – die NIP. Diese bekommt man beim Finanzamt – dem Urząd Skarbowy. Das ist relativ unkompliziert, da jeder Arbeitgeber – und somit auch Sprachschulen – gern dabei hilft, diese zu beantragen. Falls nicht, kann man hilfreiche Infos auch auf englischer Sprache im Netz finden. Ich hatte das Glück, dass mir mein Arbeitgeber dabei geholfen hatte. Aber wie es immer so ist, ob nun in Polen oder Deutschland, irgendetwas fehlt immer oder passt den Sachbearbeitern im Amt nicht. Dabei hilft es wie in jedem Land die Landessprache, wenn auch nur ein wenig, zu beherrschen oder man erfragt, ob jemand mit Englischkenntnissen helfen könnte. Dies klappt in der Regel sehr gut und jeder bis 35 spricht auch Englisch. In meinem Fall war etwas nicht korrekt ausgefüllt, aber eine zuvorkommende Mitarbeiterin hatte mir geholfen und nach 15 min habe ich das Finanzamt verlassen und 14 Tage später hielt ich meine Steuernummer in den Händen. Der Vorteil war, dass ich nun in Polen legal arbeiten durfte, aber auch, dass ich in den Genuss von Steuervergünstigungen kam. Somit durfte ich die ersten 2 Jahre den reduzierten Steuersatz von 9 % anstatt den damals üblichen 18 %  zahlen, was ich als sehr netten sowie angenehmen Start in meine unternehmerische Tätigkeit empfand. 

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Eine Nummer für alles

Der nächste Schritt gestaltete sich allerdings etwas komplizierter, da ich mich nun in Polen registrieren musste. Hierzu waren viele persönliche Unterlagen und noch mehr Formulare nötig. Wieder einmal bekam ich Hilfe, da es bei diesem Prozess weniger Hilfe und Infomaterialien im Internet gab, jedenfalls im Jahre 2015. Aber trotzdem musste ich auf dem Amt zusammen mit meiner Sachbearbeiterin viele Dokumente überarbeiten und irgendwann kannten wir uns schon sehr gut, da ich sage und schreibe 4 Mal dort war, denn immer hat etwas gefehlt oder musste zusätzlich beantragt werden. Aber ich konnte mich noch glücklich schätzen, denn ich musste kaum warten, anders als meine Mitstreiter aus Nicht-EU-Ländern, denn für sie ist der Prozess bei weitem komplizierter und langwieriger. Kompliziert war auch, dass dieser Schalter nur 2 Mal die Woche für jeweils 1 h geöffnet war. Irgendwann war aber auch diese Formalität erledigt, und ich hielt nun auch meine Aufenthaltsgenehmigung in meinen Händen. Ein relativ schmuckloses Stück Papier, mit dem polnischen Adler und einem Stempel versehen. Dort war auch vermerkt, dass diese Anmeldung bis Frühjahr 2021 gültig ist. Was uns wieder an den Anfang der Geschichte bringt, da ich dachte, diese Tag läge soweit in der Zukunft. Wie ich mich doch nur so irren konnte. Aber wenigstens konnte ich mit meiner Aufenthaltsgenehmigung auch gleich meine PESEL beantragen, was das Leben in Polen um einiges leichter macht. Die PESEL ist grob gesagt nichts anderes als eine persönliche Registrierungsnummer. Jetzt werden einige sagen, Moment, es gibt doch schon eine Steuernummer, mehr braucht man doch in Deutschland auch nicht. Aber die PESEL ist mehr als das. Man könnte sie mit der Sozialversicherungsnummer in Deutschland vergleichen, aber sie wird in Polen für viele weitere Dinge und Situationen genutzt. Ob man nun studieren möchte, einen Kredit beantragt, zum Arzt geht oder einen Mobilfunkvertrag abschließen will, die PESEL wird benötigt oder es ist hilfreich sie zu besitzen. Von Ausländern wird es nicht unbedingt verlangt, da wie beschrieben, der Prozess um die PESEL-Nummer zu erhalten, doch etwas umständlich und zeitaufwendig ist, im Gegensatz zu den Polen, die ihre PESEL-Nummer automatisch erhalten. Sie besteht aus 11 Ziffern, wobei die ersten 6 das Geburtsdatum widerspiegeln, was sie nicht unbedingt fälschungssicher macht, was eine Freundin aus Krakau schmerzlich erleben musste, als sie sich nicht für einen Studiengang einschreiben durfte, da bereits jemand mit ihrer PESEL-Nummer sich für ein Studium registriert hatte…so kann es gehen. 

Die digitale Zukunft

Nun war es also wieder an der Zeit, meine Aufenthaltsgenehmigung zu verlängern, was 5 Jahre später um einiges leichter war, da vieles online erledigt werden konnte und somit um einiges entspannter und leichter war als zuvor. Ich habe auch erfahren, dass sich Personen, die länger als 5 Jahre dauerhaft in einem EU-Land gelebt haben, für eine unbefristete Aufenthaltsgenehmigung in Frage kommen. Daher hoffe ich nun, dass ich bald eine Karte mit meinem Foto in der Hand halten darf, die zeigt, dass ich schon fast ein ganzer Pole bin, aber zumindest ein waschechter Europäer. Der nächste Schritt ist mein deutsches Auto zu registrieren, was leider sehr kompliziert ist, jedenfalls in meinem Fall. Ich bin aber sehr dankbar, dass es relativ unkompliziert geklappt hat und ich vieles digital erledigen konnte. Auch wenn wir in Polen noch keine estnischen Verhältnisse haben, wo wirklich sämtliche Behördengänge und sogar die Wahlen elektronisch stattfinden, erfreut es mich, dass ich meine Steuererklärung einfach und schnell im Netz erledigen kann und auch wenn ich einen Termin beim Arzt brauche oder ein Rezept, kann ich alles mit meiner Handy-App bewerkstelligen und muss dann in der Apotheke einfach nur meine 11-stellige persönliche Identifikationsnummer angeben, und sofort bekomme ich, was ich brauche, sehr bequem. 

 

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Maximilian Broy

Zum Autor:

Geboren 1986 im damaligen Ost-Berlin, hat er sich schon früh für die weite Welt interessiert. Nach zahlreichen beruflichen Stationen, u.a. in einer Kunstgalerie, im Casino sowie in einem Hotel oder als Reiseleiter, fand er nach dem Studium der Geopgraphie und Anglistik in Potsdam seine Berufung als Sprachenlehrer im Ausland. Nach einem Halt in Budapest ging es 2015 nach Polen, wo er glücklich und zufrieden lebt und von Łódź aus das Land entdeckt.

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