Deutsche oder Personen aus dem deutschsprachigen Raum besuchen immer öfter Polen. Die Gründe für diese Besuche sind verschieden. In den meisten Fällen handelt es sich um Urlaub, aber auch um Einkäufe zu machen. Ist das schon Einkaufstourismus? Warum Reisen manche Leute über 200 Kilometer, um in Polen zu shoppen? Wie wichtig sind dabei die Preise und die Qualität der Waren in den Geschäften und Einkaufszentren? Die Antworten auf diese Fragen haben Paulina Kuc und Piotr Piela gefunden.
Warum kaufen Ausländer gerne in polnischen Geschäften und Einkaufszentren ein?
“In Polen ist alles günstiger” – dieser Mythos gehört schon seit längerer Zeit der Vergangenheit an. Preisunterschiede sind auf jedem Fall zu finden, doch vieles hängt davon ab, was man kauft und wo. Alles andere als unwichtig ist auch die Häufigkeit, mit der man shoppt und dementsprechend der Überblick in den Preisen im Inland sowie Ausland. “Bei Lebensmitteln, Gütern des täglichen Verbrauchs, Essengehen, Hotels ca. die Hälfte dessen, was man in Deutschland zahlen würde. Fahrkarten für die Bahn unschlagbar preiswert. Markenartikel, die aus dem Ausland importiert werden, wie beispielsweise Schuhe, Brillengestelle, Kleidung kosten etwa dasselbe wie in Deutschland, d.h. für Polen dann recht teuer.” – bemerkt Hannah Plagge. “Die Preise zwischen Polen und Deutschland sind gleich, bis auf wenige Ausnahmen” – sagte Wolfgang Niepel. Dies bestätigt auch Eva Smyczkowski, die die Preise als vergleichbar bezeichnete. “Die Preise sind viel günstiger als in Deutschland. Aber in Polen verdient man viel weniger als hier” – bemerkt Georg Luszczewski. Seine Meinung bestätigten auch im Gespräch mit PolenJournal.de, die Vertreter von Einkaufszentren. “Der Preis und die Verfügbarkeit sind die größten Vorteile” – sagte Łukasz Tomczak, der geschäftsführende Direktor des Danziger Einkaufszentrum Manhattan. Laut Maciej Tatała, dem Direktor von NoVa Park in Landsberg an der Warthe spielt neben den konkurrenzfähigen Preisen auch die Qualität, die man als vergleichbar einstufen kann, eine fundamentale Rolle.
Beliebte Waren und Produkte
Anhang der Umfrage, die unter Personen durchgeführt wurde, die in Polen einkaufen, kann man nicht eindeutig sagen, welche Produkte äußert beliebt sind. Die Befragten nannten an erster Stelle Mode und Kleidung. “Mode, weil in Polen
andere, schönere Kleidung im Angebot stehen” – glaubt David Lis. “Klamotten kaufe ich fast nur in Polen, weil die Deutschen keinen Geschmack haben” – erklärte Till Scholtz-Knobloch. Diese Aussagen bestätigt auch Łukasz Tomczak: “Es überwiegt Mode. Vor allem die deutschsprachigen Kunden wissen eher unbekannte, lokale Firmen, die Sonderkleidung herstellen (z.B. polnische Produkte, Pelze usw.) zu schätzen. Sehr beliebt ist auch die Drogeriebranche, vor allem in diesen Punkten, wo man auch zusätzliche Leistungen in Anspruch nehmen, kann z.B. Schönheitssalons” – erklärte der geschäftsführende Direktor des Danziger Einkaufszentrum Manhattan. Im Landsberger NoVaPark überwiegen vor allem Schmuck, Elektro- und Haushaltsgeräte, Computer oder Handys. “Deutsche preisen auch polnische Lebensmittel” – so Maciej Tatała. Woher solch gravierende Unterschiede? Die Lokalisierung der Geschäfte könnte der Grund sein. Danzig liegt weiter von der deutsch-polnischen Grenze entfernt als Landsberg an der Warthe. Dementsprechend kann der Transport von größeren und teuren Waren als weniger problematisch gesehen werden, wenn man nicht weit von der Grenze einkauft.
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Einkaufstourismus?
Einkaufstourismus ist keinesfalls ein unbekanntes Phänomen im deutschsprachigen Raum. Hier kann man z.B. auf die Schweizer verweisen, die vielmehr als die Deutschen verdienen. Gleichzeitig sind aber die Lebensunterhaltungskosten viel höher im Alpenland als in der Bundesrepublik. So darf man sich auch nicht wundern, dass in den Grenzregionen viele Schweizer ins Auto steigen, um nach Deutschland zu fahren, um dort einzukaufen und wieder zurückzukehren. “Die Woiwodschaft Lebus und vor allem die grenznahen Städte sind auf Einkaufstouristen aus Deutschland eingestellt. Ein gutes Beispiel sind hier Słubice, wo viele Unternehmen sich nach deutschen Touristen richten.” – erklärte Tomasz Molski, aus der Westlichen Industrie- und Handelskammer (ZIPH). Was ist damit gemeint? “Anzeigen und Werbungen in deutscher Sprache, sowie das Angebot, das an die Nachfrage der deutschen Kunden gebunden ist” – fügte Molski hinzu. Auch in anderen Städten, die im deutsch-polnischen Grenzraum gelegen sind, dürfte es ähnlich sein. Interessant – im Danziger Einkaufszentrum Manhattan, kann man von Einkaufstourismus sprechen, aber nicht mit Blick auf Deutsche. “Ich persönlich würde diesen Ausdruck nicht mit Verweis auf unsere deutschen Besucher verwenden. Ganz anders ist es aber mit Russen, die des Öfteren die Dreistadt besuchen nur, um einzukaufen. Der deutsche Kunde scheint das Handels-Leistungs-Unterhaltungs-Angebot bei Gelegenheit zu nutzen, während andere Bedürfnisse, vor allem touristische realisiert werden. Der russische Kunde kann wiederum nur herkommen, um zu shoppen, was auch die Tax-free-Zone begünstigt” – erklärt Łukasz Tomczak. Was folgt daraus? Je näher zur Grenze, desto öfter ist Einkaufen der Hauptgrund für den Besuch in Polen. “Gerade in grenznahen Gebieten, fahren sehr viele deutsche nach Polen zum Einkaufen. Aus Gesprächen weiß ich, dass diese Menschen wöchentlich fahren” – erklärt Conny Renner, die selber alle zwei Wochen eine Strecke mit 250 Kilometer fährt. In Städten, die Besucher durch ihr breites touristisches Angebot locken, wird vor allem bei Gelegenheit eingekauft. „Ich fahre nicht nach Polen, um einzukaufen. Aber wenn ich in Polen bin, kaufe ich natürlich auch da ein” – sagte Hannah Plagge.
Handelsverbot am Sonntag
Mit Blick auf eine potenzielle Shoppingtour nach Polen ist das seit März geltende Handelsverbot am Sonntag enorm wichtig. Laut dem neuen Gesetz darf man 2018 nur an zwei Sonntagen im Monat einkaufen, was sich als problematisch für viele Ausländer erwies, die an der Weichsel einkaufen. “Eine Meldung, die sehr breit in den polnischen Medien diskutiert wurde, gelangte nicht unbedingt an die ausländischen Kunden und Touristen. Erste Erfahrungen deuten darauf, dass die Kunden nicht wissen, wann ein verkaufsoffener und wann ein verkaufsfreier Sonntag ist. So sind sie auch nicht in der Lage sich an das Handelskalender anzupassen und kommen oft zufällig ins Einkaufszentrum” – erklärt der geschäftsführende Direktor des Danziger Einkaufszentrum Manhattan. Diese These bestätigt auch Till Scholtz-Knobloch, der das Handelsverbot am Sonntag als “lästig” bezeichnet, denn es ist unmöglich sich verkaufsoffene Sonntage zu merken. Insofern ist das neue Gesetz problematisch nicht nur für Urlauber aber auch Einkaufstouristen. “Deutsche Kunden kauften und kaufen bei uns ein auch am Sonntag, denn in Deutschland sind an diesem Tag alle Geschäfte geschlossen. Mit dem Inkrafttreten des Gesetzes bekommen wir immer mehr Anfragen, ob das Einkaufszentrum am jeweiligen Sonntag offen ist. Die neue Gesetzgebung könnte also dazu führen, dass weniger Leute aus Deutschland nach Landsberg kommen, um einzukaufen” – meint Maciej Tatała, der Direktor von NoVa Park. Unter den Befragten von PolenJournal.de mangelte es aber nicht an Verständnis für das neue Gesetz. “Für mich als Urlauber ist es nicht gut, aber die Leute sollen ihren freien Sonntag haben” – sagte Georg Luszczewski. “Ich finde es in Ordnung. War auch sehr erstaunt, dass, als ich das erste Mal in Polen war, die meisten Geschäfte auch am Sonntag auf hatten“ – fügt Hannah Plagge hinzu.
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Im Endeffekt, ob man über Einkaufstourismus im Fall einer Stadt oder Region sprechen kann, entscheidet gleich eine ganze Reihe von Faktoren. Zu den wichtigsten zählen die Lokalisierung und das touristische Angebot. Je näher zur Grenze – desto mehr kommen, um einzukaufen. Je größer die Entfernung, je mehr Sehenswürdigkeiten und Attraktionen, desto öfter wird nur nebenbei geshoppt. Dann kommt auch eine größere Rolle dem Leistungs- und Gastronomieangebot zu. Welchen Einfluss wird die neue Gesetzgebung auf dem Handel und Einkaufstourismus haben? Noch ist es zu früh, um diese Frage klar zu beantworten. Fest steht jedoch, dass im Bereich der Information über die verkaufsoffenen Sonntage wissen Touristen, aber auch oft Polen, weiterhin zu wenig.