Wenn Oberschlesien eine traditionelle Hauptstadt hat, dann ist es Oppeln. Die Stadt an der Oder wahr Jahrhunderte Residenz der oberschlesischen Piasten, später Sitz der habsburgischen sowie der preußisch-deutschen Landesregierungen. Heute ist Oppeln Hauptstadt der gleichnamigen Wojewodschaft.
Ursprung der Stadt ist eine slawische Siedlung auf dem Ostówek, der Nordspitze der Insel Pascheke. Hier wurden bei Erdarbeiten 1930 bis 1933 Reste einer altpolnischen Stadt gefunden, die einmalig für ganz Schlesien und Polen sind. Die dazugehörige Burg wurde vermutlich um das Jahr 1000 Kastellanei, also Verwaltungssitz, später entstand hier die Residenz der Oppelner Piasten. Die Pfarrkirche dieser Siedlung war vermutlich die Adalbertkirche auf einer östlichen Anhöhe des Oderufers.
Seit 1202 gehörte Oppeln zum schlesischen Teilherzogtum Oppeln-Ratibor. Im Jahre 1217 werden hier erstmalig „hospites“, d.h. Gäste, vermutlich erste deutsche Siedler, urkundlich genannt, denen Herzog Kasimir (1211 – 1229) die Schenken des Marktes und verschiedene Freiheitsrechte verlieh. Stadtpfarre wurde die 1223 erstmals belegte Kreuzkirche, die bereits vor 1239 zu einem Kollegiatstift ausgebaut wurde.
Nach den Verwüstungen des Mongolensturmes 1241 wurde die Stadt erneut im Schachbrettmuster nach deutschem Recht mit dem Ring in der Mitte gegründet. Zu dieser Zeit entstand auch die Franziskanerkirche zur Heiligen Dreifaltigkeit. Die alte Pfarrkirche St. Adalbert wurde 1295 den Dominikanern übergeben. Bis 1532 war die Stadt Residenz der Oppelner Piasten, die jedoch über ein wechselnd großes Herzogtum geboten. Zu dieser Zeit war die Stadt gemischtsprachig, polnisch-deutsch.
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Die Reformation fand früh Eingang in der Stadt Oppeln, konnte sich aber nicht voll durchsetzen. Evangelische Gottesdienste wurde v.a. 1557 bis 1604 in der ehem. Dominikanerkirche gehalten. 1629 wurde die Stadt mit militärischer Gewalt endgültig wieder katholisiert. 1668 errichteten die Jesuiten hier eine Residenz. Im 18. Jahrhundert stagnierte die wirtschaftliche Entwicklung der Stadt. Die Anzahl der Bürgerhäuser sank auf 208. Nach der Übernahme Schlesiens durch Preußen wurden 1810 die Klöster der Stadt aufgelöst. Die Kreuzkirche wurde vom Kollegiatstift zur normalen Pfarrkirche. Die Franziskanerkirche wurde ab 1811 zur evangelischen Kirche der Stadt. Mit der Neuorganisation des preußischen Staates nach den Befreiungskriegen wurde Oppeln 1816 zum Sitz der Regierung für ganz Oberschlesien. Die Bevölkerung nahm massiv zu, wobei der deutschsprachige Anteil jetzt deutlich überwog. 1843 wurde Oppeln an das preußische Eisenbahnnetz angeschlossen. Die zunehmende Industrialisierung beschleunigte das Stadtwachstum erneut. Bei der Volksabstimmung im Jahre 1921 stimmten 95% der Oppelner für den Verbleib Oberschlesiens im Deutschen Reich. Beim Einmarsch der Roten Armee im Frühjahr 1945 wurde ein Großteil der Innenstadt von Oppeln zerstört. Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden alle deutschsprachigen Bürger der Stadt vertrieben. Ansiedler aus Zentral- und Ostpolen ersetzten sie bald. 1950 wurde in der Volksrepublik Polen die Wojwodschaft Oppeln gegründet, die 1999 nur knapp ihrer Auflösung entgang. 1972 wurde Oppeln zum Sitz eines eigenständigen Bistums, 1994 wurde hier auch eine Universität gegründet.
Zu den wichtigsten Sehenswürdigkeiten von Oppeln gehören das Rathaus und der Ring, die Kathedrale zum hl. Kreuz mit ihrem berühmten Marienbild, die Filiallkirche zur hl. Dreifaltigkeit mit der Piastenkapelle sowie der Turm des Alten Piastenschlosses.
Vom ehemaligen Rathaus der Stadt Oppeln hat sich leider nichts erhalten. In den 1860er Jahren wurde an das alte Gebäude ein neuer Turm nach dem Vorbild des Palazzo Vecchio in Florenz angebaut. In den 1930er Jahren wurden die angrenzenden Wohnhäuser und Kramläden abgerissen. Als der Turm mit dem alten Fürstensaal 1934 einstürzte, musste er anschließend restauriert werden. Die schönen dreigeschossigen Bürgerhäuser am Ring mit ihren barocken und klassizistischen Fassaden wurden nach 1945 alle rekonstruiert. Hier gibt es heute mehrere Restaurants und Cafés mit Außenterrassen auf dem Ring.
Als „Oppelner Venedig“ werden die Gebäude im Westen der Altstadt, welche an den Mühlgraben grenzen, bezeichnet. Dazu gehört z.B. die Alte Synagoge in der Hospitalstrasse (ul. Szpitalna). Der Rechteckbau aus dem Jahre 1840 wurde 1897 nach dem Bau der neuen Synagoge an die Verlagsfirma Erdmann Raabe verkauft. Derzeit wird das Gebäude als Buchhandlung genutzt. Die Hauptfassade zeigt zur Mühlgrabenseite. Im Süden kreuzt die „Groschenbrücke“ (auch „Pfennigbrücke“ oder „Grüne Brücke“) den Mühlgraben. Sie stammt aus dem Jahre 1903 und hat ihren Namen daher, weil hier früher ein Zoll erhoben wurde.
Von besonderer Bedeutung sind das Museum des Oppelner Schlesiens (Muzeum Śląska Opolskiego) in der Oppelner Altstadt sowie das Museum des Oppelner Dorfes (Muzeum Wsi Opolskiej) im Außenbezirk Birkowitz.
Zum Reiseführer:
Nach seinen wissenschaftlichen Publikationen zur Geschichte und Kultur Oberschlesiens sowie seinen zahlreichen Reisen in die Region stellt Prof. Dr. Ralph Wrobel jetzt einen Überblick über die Geschichte des Landes sowie seine Sehenswürdigkeiten als „Online-Reiseführer Oberschlesien“ ins Internet. Mit vielen farbigen Fotos, Übersichtskarten und Beschreibungen nimmt er Sie mit auf die Reise durch das Land „fern von gebildeten Menschen, am Ende des Reiches“, wie es im ausgehenden 18. Jahrhundert Johann Wolfgang von Goethe noch schrieb. Wie dabei deutlich wird, handelt es sich bei Oberschlesien heute um eine multikulturelle Landschaft im Herzen Mitteleuropas, die eine Reise wert ist.
Der Reiseführer ist online unter www.orf-oberschlesien.de erreichbar.