Tief in den oberschlesischen Wäldern östlich von Ratibor war über Jahrhunderte das größte Zisterzienserkloster Oberschlesiens: Kloster Rauden! Nach der Säkularisation im Jahr 1810 wurde die Anlage zum Sitz der Fürsten von Ratibor. Heute ist die alte Klosteranlage frisch renoviert.
Im Jahre 1258 gründete Herzog Wladislaus I. von Oppeln in den Wäldern zwischen Ratibor, Sohrau und Gleiwitz ein Zisterzienserkloster, das er in den Folgejahren reich mit Gütern ausstattete. Die Mönche erbauten hier eine Backsteinkirche und ein Kloster aus Holz. Sie verbesserten den Ackerbau, führten die Forstwirtschaft und verschiedene Industrien ein. Auch erweiterten sie die ihnen überlassenen Dörfer mit Siedlern aus dem Westen. Die Hussitenzüge ab 1428, der Dreißigjährige Krieg und die Schlesischen Kriege fügten dem Kloster jedoch zahlreiche Schäden zu.
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In der Mitte des 17. Jahrhunderts besaß das Kloster zwölf Dörfer, große Forsten und gewinnbringende Industrieanlagen wie Eisenhütten, Kupferhämmer und Glashütten. Dementsprechend war es dem Konvent möglich, das Kloster neu aus- und umzubauen. So wurden zwischen 1671 und 1680 neue Konventsgebäude errichtet. Nur wenige Jahrzehnte später wurde die Kirche barock umgestaltet und erweitert. Im Kloster bestand zwischen 1744 und 1816 eine Lateinschule mit Internat. Ein anderes Gebäude diente als Bibliothek, die etwa 18.000 gedruckte Bände enthielt. Damit war das Kloster Rauden eine wichtige Zentrale der Bildung in Oberschlesien.
Mit der Säkularisation im Jahre 1810 ging auch in Rauden die Zeit des Zisterzienserordens zu Ende. Die Güter wurden zur Staatsdomäne, die Kirche wurde zur Pfarrkirche der Gemeinde umfunktioniert. 1812 kam die Staatsdomäne zusammen mit anderen Gütern zur Herrschaft Ratibor. 1820 wurde sie dem Landgrafen Viktor Amadeus von Hessen-Rothenburg als Entschädigung für Landverluste nach den Grenzziehungen von 1815 übergeben. Landgraf Viktor erhielt nur ein Jahr später vom preußischen König die Würde eines Herzogs von Ratibor und machte Rauden zum Sitz eines Mediatherzogtums. Das alte Kloster wurde zum Schloss ausgebaut. Sein Erbe wurde 1834 Prinz Viktor von Hohenlohe-Waldenburg-Schillingfürst. Als herzogliche Residenz gewann der Ort an Strahlkraft für ganz Oberschlesien. Im Zweiten Weltkrieg wurden Schloss und Kirche fast vollständig vernichtet. In den letzten Jahrzehnten wurden diese aber wiederhergestellt. Heute enthält das ehem. Klostergebäude ein Bildungszentrum der Diözese Gleiwitz.
Besonders sehenswert ist hier die Klosterkirche. Der erste frühgotische Kirchbau wurde um das Jahr 1300 beendet. Zwischen 1696 und 1716 wurde die Klosterkirche barock umgestaltet. 1790 wurde der Umbau durch die Gestaltung einer neuen Fassade im Barockstil beendet. Nachdem die Kirche 1945 ausgebrannt war, wurde sie zwischen 1947 und 1950 wiederaufgebaut. Das Innere wurde dabei regotisiert. Die Kirche enthält eine barocke Marienkapelle aus den Jahren 1723 bis 1726. Darin befindet sich das Gnadenbild der „Muttergottes von Rauden“ („Die Demütige“).
Im Norden an die Kirche schließt sich das quadratische Klausurgebäude an, das zwischen 1671 und 1680 auf gotischen Mauerresten errichtet wurde. Es hat zwei Stockwerke, Kreuzgang und Klostergarten. Nördlich schließt sich der Abtspalais aus der Zeit um 1730 an. Nördlich vom Klostergebäude befindet sich ein Landschaftspark im englischen Stil, der in der jetzigen Form etwa um 1849 angelegt wurde.
Zum Reiseführer:
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Der Reiseführer ist online unter www.orf-oberschlesien.de erreichbar.