Lichtwerbung erinnert viele Personen an die Zeiten der Volksrepublik Polen. Wenn man heute Warschau/Warszawa besichtigt, kann man die alten Neonanlagen noch hier und dort finden. Dies ist nur ein kleiner Bruchteil, der übrig geblieben ist. Dazu kommen noch die gegenwärtigen Anlagen. Die Geschichte der Lichtröhre kann man in Kamionek ergründen – einen Teil des Bezirks Praga Wschodnia. Dort finden wir das Neonmuseum – eine der besten “Instagram-Locations” der Stadt.
Die Tatsache, dass junge Menschen bereit sind, das Stadtzentrum zu verlassen um ein perfektes Foto für soziale Medien zu schießen, zeugt davon, dass sie vor allem die ästhetischen Aspekte der Lichtwerbung – in diesem Fall, der Neonanlagen – schätzen. Witold Urbanowicz aus dem Neonmuseum stimmt mir zu. “Erstaunlicherweise, wecken die Neonanlagen keine negativen Konnotationen mit dem Kommunismus,” stellt Urbanowicz fest. “Viele Bewohner der polnischen Städte erinnern sich sehr gerne an die Lichtwerbeanlagen. Man vermisst Werbungen, die vor Jahrzehnten verschwunden sind. Wir werden oft nach konkreten Anlagen gefragt – was geschah mit der blinkenden Kuh aus der Milchbar an der Krucza-Straße? Die junge Generation kennt natürlich diese Lichtwerbungen nicht. Sie schätzt aber sehr ihre ästhetische Seite, also etwas, was die gegenwärtigen Werbungen nicht haben – besonders heute, wenn die Städte mit ihnen überflutet werden. Außerdem ist das Neonlicht irgendwie aufregend.”
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Von einem hellen Schein zu Packards Neonanlagen
Die Geschichten über ein buntes Warschau, das mit Neonlicht leuchtete, wecken das Interesse an der Vergangenheit dieser Werbungsform. Irgendwie scheint sie sowohl den Glanz als auch den Schatten der Volksrepublik Polen wiederzugeben. Machen wir uns auf eine Reise zu den Ursprüngen der Lichtreklame, genauer gesagt – der Neonanlagen.
Warschau auf alter Postkarte, Foto: Neonmuseum
1675 beobachtet der französische Astronom Jean Picard einen leichten Schein über den Quecksilberspiegel in dem gerade entdeckten Toricelli-Barometer. Ab diesem Augenblick ist es noch ein langer Weg bis zu den uns bekannten Neonanlagen. Im 18. Jahrhundert waren die Vorführungen mit leuchtenden Kugeln in Europa sehr beliebt, aber erst 1857 gelingt es dem deutschen Physiker und Glasbläser Heinrich Geissler, die erste dichte gläserne Niederdruck-Gasentladungsröhre zu konstruieren. Ein halbes Jahrhundert wird es dauern, bis der französische Chemiker und Erfinder Georges Claude zusammen mit dem deutschen Gelehrten Carl von Linde die Generierungsmethode des Flüssigsauerstoffs erfinden. Noch bevor es dazu kommt, arbeiten Sir William Ramsay, Lord Rayleigh und Morris W. Travers an der Ausgliederung von Argon und Helium und entdecken Neon, Krypton und Xenon. In dem von Claude und von Linde entwickelten Prozess werden nämlich Gase abgestürzt, die das Leuchten der Röhre ermöglichen. Die Experimente von Claude mündeten in der Erfindung neuer Beleuchtungen – der Neonlampe, deren Einsatz in der Werbungsindustrie schnell ausprobiert wurde. Die Verwendung anderer Gase als Neon, der die Rühre orangen-rot aufleuchten ließ, eröffnete neue Möglichkeiten. Die erste Neonanlage wurde in Frankreich, Paris, über einen Friseursalon an der Avenue de Champs Elysees montiert. Die Aufschrift “Cinzano” erleuchtete die Dunkelheit.
Der Erste Weltkrieg beendet die Entwicklung der Neonanlagen auf dem Alten Kontinent. Claude macht sich auf den Weg nach Amerika, wo zwei Zwillingswerbeanlagen für Packard entstehen und bald die leuchtenden Röhren solche Metropolen wie Las Vegas und Chicago erhellen werden.
Nach dem Krieg greift zuerst die Künstlerin Sonja Delaunay nach der Neonanlage und schöpft in Frankreich den legendären “Zig-Zag”. In kurzer Zeit werden viele große europäische Städte mit Lichtwerbung überflutet, darunter zum Beispiel Berlin. Der Trend erreicht schließlich auch Warschau – eine damals zerstörte und armselige Stadt, wo mit der wirtschaftlichen Entwicklung am Anfang nur die Anzahl von kitschigen Werbeschildern wuchs. Auf die erste Neonwerbeanlage musste man bis 1926 warten. “Neon” von Philips erleuchtete die Ecke der Straßen Marszałkowska und Aleje Jerozolimskie. Vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs erkrankte auch Warschau an dem Neon-Fieber, welches sich eher im Stadtzentrum ausgebreitet hat. Die Neonanlagen waren damals selbst schlicht gehalten. Die damalige Presse lobt die Lichtreklame und kritisiert das Lichtchaos zugleich, die Einführung konkreter Maßnahmen fördernd. Während der Verdunkelungsaktion 1939 werden alle Lichter der Stadt erloschen und erst nach sechs Jahren wieder aufleuchten.
Warschau auf alter Postkarte, Foto: Neonmuseum
Neonlicht in den Trümmern
Damit sind wir an jenen Augenblick in der Geschichte angekommen, der uns eigentlich am meisten interessiert – die Nachkriegszeit und die Zeiten der Volksrepublik Polen. Kurz nach dem Krieg und trotz der Vernichtung der Stadt, leuchteten die Neonanlagen der kleinen Geschäfte, die sich im Erdgeschoss befanden. Es gab noch keine Stadtbeleuchtung also mussten die Neonanlagen, wie kleine Lichtinseln ausgesehen haben. Die kommunistische Regierung bremste die Entwicklung jeglicher Werbungsformen, denn diese wurden für reaktionär und bürgerlich gehalten. Außerdem war Werbung in der Zentralverwaltungswirtschaft unnötig. Die Neonanlagen wurden zum Dekor oder Informationsträger, obwohl sie nicht zu der monumentalen sozialistischen Architektur passten.
Das Interesse an den Neonanlage erwacht erst nach dem Tod von Stalin. Es entsteht die berühmteste Lichtwerbung Warschaus – die Mehrfarbige Anlage des Einkaufszentrums Dom Towarowy (jetziger Smyk), die von den Deutschen im Gegendienst für die Bereitstellung von Ausstellungsflächen angefertigt wurde. Die Werbung erleuchtete den Raum zwischen den Straßen Marszałkowska und Nowy Świat. In den 50er Jahren war Lichtwerbung sehr populär, was die Stadt im größten Teil der Presse zu verdanken hatte, die darauf bestand, die neuesten Trends aus Hamburg, Paris oder Kopenhagen zu präsentieren. Die Redaktion von “Stolica” wagte es, eine Umfrage durchzuführen, in der die Bewohner zeigen sollten, welche ausländische Lösungen sie gerne in Warschau sehen würden. Der Publizist Artur Hojniczy gab öffentlich zu, dass die Hauptstadt wunderschön aussehen könnte und dass ohne großen Arbeitsaufwand. Andere Zeitungen stimmten der Idee zu und die Regierung, die die Lüge aufrechterhalten wollte, dass die Wünsche und Nöte der Gesellschaft erhört werden, musste nachgeben. Warschau sah außerdem schlechter aus als zum Beispiel Katowice, wo die Regierung mit der Wirtschaft eng zusammengearbeitet hat und die dazu bereit war, viel Geld in die Beleuchtung der Stadt zu investieren.
Schon bald konnte man in Warschau alle möglichen Arten der Neonanlagen finden. Zu den häufigsten zählten Schilder mit Block- oder Handschrift aus Blech, dessen Konturen durch Lichtröhren beleuchtet wurden. Es gab auch Schilder aus durchsichtigem Kunststoff mit Buchstaben die nicht leuchteten, aber durch die Röhren beleuchtet wurden, und solche, wo die Elemente aus den Lichtröhren auf durchsichtigen Flächen montiert wurden. Zu den interessantesten gehören aber die Neonanlagen, die nur aus Lichtröhren bestanden. Diese Spitzenkompositionen wurden von den Künstlern zur Kunst erhoben.
Warschau auf alter Postkarte, Foto: Neonmuseum
Neonanlage und die Lichtwerbung
Es fällt schwer die Funktion von Neonanlagen zu präzisieren – dem Werkzeug des Konkurrenzkampfes, der in der zentral verwalteten Güterdistribution nicht vorkam. Dies führte dazu, dass zwischen der Bezeichnung “Neonanlage”, hinter welcher sich das graphische Zeichen verbarg, und “Lichtwerbung” nicht mehr das Gleichheitszeichen gestellt werden konnte, was für den Westen ein Rätsel darstellte und bestimmt für die heutige Generation schwer zu begreifen ist. Witold Urbanowicz versucht zu helfen und erklärt: “Die Neonanlagen hatten nach dem Krieg keinen kommerziellen Charakter. Sie sollten nicht für etwas werben, ihre Funktion war das Beleuchten und Verschönern der Stadt – sie sollten informieren, ausbilden und unterhalten.” Diese Einsicht befolgte die Regierung auch, wenn sie die Neonisierungsaktionen Warschaus durchgeführt hatte. “Oft wurden Entschlüsse getroffen, über die Neonisierung eines ganzen Bezirks oder der gesamten Straße. Neonanlagen bekamen dann alle Geschäfte, egal ob sie gebraucht wurden oder nicht: Reinigungen, öffentliche Bibliotheken, Kiosks, Nähwerkstätte usw.”, erklärt weiter Urbanowicz. “Es entstanden soziale Werbungen, wie PKO Twoim bankiem’ (de. ,PKO – Deine Bank’), ,Książeczka PKP drogą do własnego mieszkania’ (de. ,Das PKP-Buch – Weg zu eigener Wohnung’), ,Zwiedzajcie ZOO’ (de. ,Besuchen Sie das Zoo’). Es wurde für Produkte geworben, die der durchschnittliche Kunde nicht gebraucht hat (Werkzeugmaschinen, Buchungsmaschinen aus der DDR) und es gab Lifestyle-Werbungen, wie wir sie heute nennen würden, die für nichts geworben haben.”
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Präziser Mechanismus
Der Weg vom Entwurf zur Realisation war lang, bestand aus mehreren Etappen und dauerte manchmal von zwei bis drei Jahren. Die Kontrolle verhinderte aber den Neonchaos und ermöglichte, richtige Kunstwerke zu schaffen. Die Mehrheit der Neonanlagen in der Volksrepublik Polen wurde durch das von der Stadt berufene Unternehmen für Werbungsdienste “Reklama” (P.U.R.) angefertigt. Gleichzeitig funktionierten auch zwei kleinere Genossenschaften – “Lumen” und “Spójnia”, die aber keine große Karriere machten. Die Künstler, die die Neonanlagen entworfen haben, waren in große Werkstätten zusammengeschlossen. Trotz der Kontrolle seitens der Regierung, kann man von einer wahrhaft polnischen Stilistik der Projekte sprechen. “Heute kann jeder Werbung selbst entwerfen. Nach Ergebnissen muss man nicht lange suchen. Damals war der Entstehungsprozess der Werbungen sehr geordnet. Gleichzeitig zeugten die Neonanlagen von großer Kreativität,” präzisiert Witold Urbanowicz. “Drei Etagen hohe Neonblumen hangen über den Blumengeschäften, ein Elefant mit Klee lud dazu ein, am Gewinnspiel teilzunehmen, und eine blinkende Kuh aus der Flasche begrüßte die Kunden einer Milchbar.”
Ein solches Warschau machte bestimmt einen guten Eindruck und so hat es sich im Bewusstsein vieler Polen eingeschrieben. Neben den positiven Stimmen sind aber auch negative zu hören. Die heutigen Veröffentlichungen über die Neonanlagen der damaligen Zeit deuten oftmals darauf hin, dass es sich um einen “von damaligen Spielfilmen kreierten Mythos handelte, denn für die Produktion wurden immer die besten Stadtteile ausgewählt – mit prächtigen Neonanlagen und Schaufenstern”. Die Bemühung um die Verschönerung der Stadt wird hingegen als Schaffen von “Imitation der Lebensprozesse, die typisch für Großstädte sind”, genannt, die aus der Hauptstadt Polens eine “geschminkte Leiche” machten, anstatt einen “lebendigen großstädtischen Organismus”.
Foto: Neonmuseum
Das Ende der Scheinpracht
In den 70er Jahren näherte sich Polen dem Westen an und in Warschau entstanden kleine private Unternehmen, dessen Neonanlagen nach dem kapitalistischen Muster entworfen wurden. Die Regierung verlor langsam die Kontrolle über das System der Entstehung von Lichtwerbung. Das bürokratische Chaos zusammen mit weniger engagierten Künstlern, trug zur Anfertigung schlechterer Neonanlagen bei – betroffen waren sowohl der Inhalt, wie auch die Form. Auch die energetisch-ökonomische Krise wurde langsam spürbar. “Wenn der Staat nach Ersparnissen suchte, wurden die Neonanlagen zuerst ausgelöscht. Nicht konservierte und nicht funktionierende Werbungen verfielen ganz schnell. Dazu kamen noch die gesellschaftlichen, politischen und wissenschaftlichen Veränderungen. Nach dem Fall des Kommunismus entstanden neue Geschäfte usw.” präzisiert Urbanowicz. Nicht alle Neonanlagen gingen aber verloren. “Zu den interessantesten, die erhalten geblieben sind, gehören die Volleyballspielerin und das Männchen mit der Presse auf dem Plac Konstytucji, der Globus an der Kreuzung der Straßen Aleje Jerozolimskie und Bracka, Mit Neonlicht erleuchten auch die Eingänge im Kulturpalast. Besonders interessant ist die Typografie der Neonanlage von der Buchhandlung Stefan Żeromski an der Straße Aleje ,Solidarności’, ,Tkanina’ von Wilson-Platz und ‘Szafir’ aus der Wolska-Straße.
Die goldene Zeit haben die Neonanlagen schon hinter sich, aber das Interesse an ihnen wächst. Die Entstehung des Neonmuseums zeugt davon, dass man einen solchen Ort braucht. Wie startete die Initiative? “Alles fing mit Berlin an und war reiner Zufall”, beginnt Witold Urbanowicz zu erzählen. “Fotografin Ilona Karwińska, die in London wohnt, kam 2005 nach Polen zusammen mit einem befreundeten Grafiker – ,David Hill’. Als sie die Świętokrzyska-Straße entlang gefahren sind, bemerkte er die verwahrloste Neonanlage ,Dancing’ und sagte zu Ilona: ,Wow! Du musst ein Bild davon machen!’ Als Grafiker kennt David unterschiedliche Schriftformen, aber die alten aus den Neonanlagen waren ihm unbekannt. Und so hat es begonnen.”
Wieder zum leuchten erweckt
“Am Anfang sollte es ein kurzes Projekt sein”, führt Urbanowicz fort. “Wir haben eine Liste der Neonanlagen zusammengestellt, die fotografiert werden sollten. Darunter war auch das rot leuchtende Berlin. Die Neonanlage kommt aus dem Jahr 1974 und hing ursprünglich über einem Textil- und Kleidungsgeschäft, später über einem Geschäft mit Elektronik. Als Ilona mit dem Fotoapparat zurückgekommen ist, wurde die Neonanlage schon abgenommen, obwohl sie ein paar Tage davor noch prächtig geleuchtet hatte. Ohne viel nachzudenken, kontaktierte Ilona die Eigentümer, die zugegeben haben, dass sie die Neonanlage wegwerfen wollen, da sie von von den Tauben beschmutzt und alt ist. Auf diese Art und Weise vergrößerte sich die Anzahl der von uns geretteten Lichtwerbungen. Fotoausstellungen und später auch Veröffentlichungen sind sehr gut angekommen und erfreuten sich großem Interesse, weswegen wir festgestellt haben, dass wir die Neonanlagen an einen Ort zeigen wollen – vor allem aufgrund ihrer Größe und Zerbrechlichkeit. Die Rede ist doch vom Glas.
Foto: Neonmuseum
Die Idee für die Gründung des Museums kam 2010 während der Nacht der Museen in Breslau (Wrocław), wo wir zu Gast waren. Die Neonanlagen wurden auf der Terrasse von Ilonas Schwester und im Lagerraum von ihren Bekannten aufbewahrt. Dies war aber nur eine vorübergehende Lösung. Es dauerte ein wenig bis wir den richtigen Platz gefunden haben. Glücklicherweise sind wir auf großes Interesse seitens der Besitzer von Soho Factory im Warschauer Kamionek, in der Nähe des Bahnhof Warschau Ost (Warszawa Wschodnia) gestoßen. Wir öffneten die Tür für die Besucher im Mai 2012 während der Museumsnacht,” so Urbanowicz.
Das Museum beschäftigt sich mit der Rettung alter Neonanlagen, die nicht mehr in ihrer alten Lokalisation hängen durften. “Wir führen eine Art Neon-Notdienst und so gelangen ungewollte, aber wertvolle Anlagen zu uns,” verrät mein Gesprächspartner. “Wir führen auch die Aktion ,Akcja Renowacja’ durch, in dessen Rahmen wir die alten Neonanlagen erneuern – auch in der Stadt. Wir haben viele Lichtwerbungen erneuert oder an der Erneuerung teilgenommen – z.B. die Neonanlage ,Mydła Farby’ aus der Nowolipki-Straße, ,Księgarnia im. Stefana Żeromskiego’. Wir wirkten auch bei der Rekonstruktion der Anlage vom Cafe Jaś i Małgosia an der Straße Al. Jana Pawła II. mit. In unserem Museum sind auch Werbungen zu finden, die im Rahmen dieser Aktion erneuert wurden.”
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B wie Berlin
Im Neonmuseum kann man sich schnell von dieser Werbungsform überzeugen lassen. Die komplizierten Konstruktionen sind wahre Kunststücke und erinnern gar nicht an die heute bekannten Werbeformen. Zurzeit befinden sich in der Sammlung über 100 Neonanlagen. Die meisten stammen aus Warschau, aber es gibt auch andere – “wir haben auch Ausstellungsstücke aus anderen Städten. Seit kurzer Zeit sind wir im Besitz von Anlagen aus dem Ausland, genauer gesagt aus der ehemaligen Tschechoslowakei, Ungarn und Deutschland.” Ich bitte Witold Urbanowicz, die interessantesten Neonanlagen der Sammlung zu zeigen. “Zu den interessantesten Anlagen zählt ,Berlin’ mit der Schriftform, die an Zirkusse oder Western erinnert. Ein wahres Juwel in unserer Sammlung ist das Symbol der Warschauer Bibliotheken, eine Meerjungfrau, die auf einem Buch sitzt. Erwähnenswert sind auch die Blumen unterschiedlicher Art aus einem Warschauer Blumengeschäft oder das Cocktailglas mit Strohhalm. Wir haben noch andere interessante Neonanlagen – z. B. die wunderschöne Aufschrift ,Bajeczny’, wo die Neonröhre keine Unterlage hat, oder ,Syrena’ aus dem Kino in Elbląg (Elbing), die in Teile zerschnitten aufgefunden und von uns zusammengesetzt wurde.”
Anspruchsvolle Werbung
Wenn man die Entstehung neuer Restaurants, Klubs und Bars, manchmal sogar Kulturinstitutionen, beobachtet, fällt ins Auge, dass die Neonanlagen langsam wiederentdeckt werden, denn sie passen sehr gut zum Trend der stimmungsvollen Räumlichkeiten. Kann man aber von einer Renaissance der Neonkunst sprechen? “Auf jeden Fall! Ich finde auch, dass wir einen recht großen Anteil daran haben. Die Neonanlagen sind aber keine Form der Massenwerbung – vielmehr ist es eine Werbungsform für Kenner. In Neonanlagen investieren Plätze – Restaurants, Geschäfte, Bäckereien, Konditoreien und Cafés – die sich auszeichnen wollen”, erklärt Witold Urbanowicz. “Obwohl die Neonanlagen teurer sind und konserviert werden müssen, sind sie eine lohnende Werbungsform – ausdrucksstark, aber trotzdem angenehm für die Augen. Uns freut die Tatsache, dass die neuen Neonanlagen nicht nur ein bloßes Firmenlogo sind, sondern mit genau durchdachter und kreativer Form begeistern. Viele Interessierte bitten uns um Hilfe bei der Gestaltung und Anfertigung einer Neonanlage.”
“Erwähnenswert ist auch der Wettbewerb ,Nowy Neon dla Warszawy’ (de. ,Neue Neonanlage für Warschau’), der uns helfen sollte, ein Neonsymbol für die Hauptstadt zu finden. Die Form wurde nicht festgelegt, genau wie der Ausstellungsort. Die Bewohner von Warschau haben sich für die Neonanlage ,Miło Cię Widzieć’ (de. ,Schön dich zu sehen’) von Michał Lewczyk entschieden. Sie wurde an einem ungewöhnlichen Ort aufgehangen, nämlich auf der Brücke Most Gdański.”
Es sieht danach aus, dass die Neonanlagen nie vollkommen erloschen werden – trotz aller Widrigkeiten des Schicksals und großer Konkurrenz. Es wird ständig Menschen geben, für die ihr Licht etwas Besonderes ist – in manchen Personen weckt es Erinnerungen, für andere steht es für Spaß und gute Stimmung. In dem Licht der Neonanlagen gewinnt der graue Alltag an Farbe.