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Michelsbaude – das verschwundene Wirtshaus

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Nach der Lektüre des Buches von Marcin Wawrzyńczak wird die Wiese Michelsbaudenplan im Isergebirge für jeden Liebhaber des Isergebirges nie mehr dieselbe sein. Von nun an wird er immer das Bild eines alten Wirtshauses vor den Augen haben – das Ziel ehemaliger Wanderer.

Im Laufe der Zeit verändert sich einiges auf den Landkarten – Gebäude verschwinden und an ihrer Stelle werden neue erbaut. Im Fall des Wirtshauses Michelsbaude haben wir es mit der leeren Wiese Jelenia Łąka / Michelsbaudenplan zu tun, wo man nicht die kleinste Spur des Gebäudes mehr finden kann. Auf den Seiten seines Buches “Michelsbaude. Historia nieistniejącej izerskiej gospody” (dt. “Michelsbaude. Geschichte eines verschwundenen Wirtshauses”) belebt Marcin Wawrzyńczak das Bild des Wirtshauses, worüber er im Gespräch mit PolenJournal.de erzählt.

Marcin Wawrzyńczak – geboren 1968 in Warschau, wohnte seit 2002 außerhalb der Stadt und seit 2009 lebt er im Isergebirge. Der gelernte Englischübersetzer führte in den Jahren 1985-1988 das Fanzine “EternalTorment”, in den Jahren 2005-2009 den Blog “Soulside Story” und ab 2009 den Blog “NajstarszeDrzewa”. Im Dezember 2018 veröffentlichte er seine erste Monografie “Michelsbaude. Historia nieistniejącej izerskiej gospody” in seinem privaten Verlag Wielka Izera.

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Emanuela Janda, PolenJorunal.de: Sie sind ein Übersetzer, Verleger, Fotograf und Blogger… Solche Infos zumindest kann man über Sie im Internet finden. Erzählen Sie bitte etwas mehr über sich. Wie verbinden Sie so viele unterschiedliche Hobbys?

Marcin Wawrzyńczak: Ich habe in den Bezirken Warschaus Bielany und Żoliborz angefangen, mit dem Wilson-Platz / Plac Wilsona als geistigem Zentrum, dann bin ich in den Osten des Landes gezogen, später in Richtung Nordosten und schließlich gelang ich in die südwestlichen Gebiete Polens. Jedes Mal war es von einem äußersten Teil des Landes in den nächsten. Zu meinen ersten Erinnerungen zählt die Schreibmaschine meiner Mutter im Einkaufszentrum Arkady an der Marszałkowska-Straße. Mit dem Übersetzen habe ich Anfang der 90er Jahre begonnen, zuerst war es die Belletristik, dann waren es Nachrichten und später die Gegenwartskunst. So ist es bis heute geblieben. Die Fotografie habe ich in der Grundschule entdeckt – den Fotoapparat Smiena, die Dunkelkammer bei meinem Freund, dann die Konzertfotografie. Ich habe dieses Hobby mit der raschen Entwicklung der digitalen Kamera für mich wiederentdeckt. Meine ersten Veröffentlichungen schaffte ich noch in den 80ern als einer der Pioniere der Metalzinszene. Die zwei Blogs dienen der Beschreibung meiner Wohnorte, die sehr einzigartig sind – der Kreis Sejna und das Isergebirge. Darüber hinaus interessiere ich mich für Wahrsagung aus dem Flug der Vögel, Numerologie, Astrologie, ein bisschen für Tarot, Entheogenen, Taoismus, Zen und Affirmationen.


Jelenia Łąka / Michelsbaudenplan kann man unterschiedlich erreichen:
• aus Jakuszyce / Jakobsthal mit dem Pferdelochweg / Dukt Końskiej Jamy (ca. 40 Minuten),
• vom wegkreuzung bei Theisenhübel / Rozdroże pod Cichą Równią (ca. 10 Minuten),
• aus Orle / Karlsthal (ca. 60 Minuten)
• von der Brücke über dem Kobelwassen / Kobyła (an der Route Orle – Górzystów-Hütte / Chatka Górzystów) – ca. 40 Minuten.

Ihre auf die Fotografie konzentrierten Blogs lassen den Schluss ziehen, dass sie einen Drang nach Dokumentierung und Archivierung von Erlebnissen und Beobachtung fühlen. Ist es wahr? Meine Frage resultiert auch aus ihrem Buch über Michelsbaude, worüber wir gleich zu sprechen kommen. Es handelt sich auch um eine Archivarbeit und Quellensammlung. Auch früher neigten Sie dazu, bestimmte Informationen aufzusuchen und den Lesern zu präsentieren, z.B. in dem Fanzine über die polnische Heavy-Metal-Szene.

Ich bevorzuge das Dokumentieren und Berichten in einer ästhetischen Form anstatt mir selber etwas Fiktives auszudenken. Die Verbindung von Text und Bild begleitet mich die ganze Zeit. Ich sehe es in dem Horoskop in der Konjunktion von Merkur und Venus – Merkur als Text, Mitteilung, Inhalt und Venus als Form, Ästhetik. In den 80er Jahren kommt noch Merkur als Herrscher über die Post und Korrespondenz hinzu, denn so konnte man sich mit dem Rest der Welt verständigen. Jetzt hat mich Merkur als Patron der Wanderer unterstützt, er hat mir die Flügel verliehen, wenn ich nach acht-stündiger Wanderung ohne Essen von Groß-Iser / Izera nach Michelsbaudenplan / Jelenia Łąka mit Mühe lief. Während der Quellenarbeit über Michelsbaude schwebte der Venustransit über Pluto und Uranus – chthonische Zeichen, unterirdische, geheime und versteckte – und so waren auch meine Anfänge des Abenteuers mit Michelsbaude. Etwas wartete unter dem Moos und wollte an die Erdoberfläche gelangen, um etwas zu erzählen. Es wartete auf eine gute Gelegenheit.

Auf dem Blog “Soulside Story” haben Sie geschrieben, dass Sie zusammen mit ihrer Frau bemerkt haben, dass sie Menschen der Berge und nicht des Wassers sind. Wie ist es dazu gekommen, dass sie in die Berge gezogen sind, und ist es dort wirklich nicht so einsam?

Die Gewässer sind nostalgisch, wehmütig, weinerlich, sie versammeln sich nach unten, sind voller Wassernixen und trügerischen Dämonen. Die Berge hingegen zeigen nach oben und erheben den Menschen in Richtung der Wolken und Gedanken über höhere Werte, sie lassen die Welt aus einer breiteren Perspektive erblicken, geben mehrere Blickwinkel – anders als flache Gebiete, die nur aus Erde und Himmel bestehen. Das Hirschberger Tal ist so reich in jeder Hinsicht – Natur, Bodenschätze, Sehenswürdigkeiten, Inspiration. Damit zieht er seit Jahrhunderten oder sogar Jahrtausenden die Menschen an. Ich kenne keinen größeren Kulturkessel außer den größten Städten im Land. Gleichzeitig ist hier stets die Tradition des Lokalen, des Wanderns, lokaler Geschichte und künstlerischer Kolonie lebendig. So entsteht eine einzigartige Gesellschaft, die hier und jetzt eine Art eines einmaligen europäischen Experiments in Polen schafft.

 

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Was hat Sie zu der Arbeit an einem Buch über ein nicht mehr existierendes Wirtshaus inspiriert? Wie hat es begonnen?

Von meiner Wanderung auf den Michelsbaudenplan / Jelenia Łąka, wo ich erfolglos im Frühling nach Hirschgeweih gesucht habe. Ich fragte mich, wie die Wiese früher hieß? Ich habe es auf einer Landkarte aus dem Jahre 1935 geprüft – “Michelsbaudenplan”, eine leere Wiese. Und auf der Landkarte aus 1885 – “Michelsbaude” und ein Häuschen.

Auf dem Portal lubimyczytać.pl haben Sie festgehalten, dass die Arbeit am Buch ihre “rationelle Weltanschauung” geschwächt hat. Sie nennen eigenartige Zufälle, Geister, Zeichen, Spuren…

Als ich schon am Thema Michelsbaude forschte, fand ich zufälligerweise eine verrostete Metalltafel. Nachdem ich sie zu Hause abgekratzt hatte, wurde eine Aufschrift sichtbar. Die Reproduktion kann man im Buch sehen. Als ich die Wege ging, dessen Geschichte ich schon kannte und die keiner seit langer Zeit nicht mehr benutzt hatte, konnte ich mich immer mehr in die früheren Bewohner einfühlen. Es gibt dort Steine, die sie berührt haben müssten, Spurrillen, durch welche sich die Räder ihrer Fuhrwerke gerollt haben mussten, Fundamente ihrer Häuser. Dies alles scheint mit einer mythischen Energie geladen zu sein, die wohl aus dem Fakt entsprungen ist, dass die plötzlich unterbrochene Anwesenheit ehemaliger Bewohner, sich in die Geschichte gewandelt hat, in einen Mythos, in epische Figuren – vor allem an einem solchen Ort wie diesem – einer einsamen Wiese, die von allen Seiten mit Bergen umgeben ist, weit von anderen Menschen.


Ludwigsbaude, 1908 | Foto: aus der Sammlung von Wratislaviae Amici – www.polska-org.pl

Auf über 100 Seiten präsentieren Sie die Geschichte von Michelsbaude aus unterschiedlichen Perspektiven.

Um ehrlich zu sein, wird die Baude nur ein paar Mal erwähnt, oft sehr lakonisch, deshalb habe ich zu diesen Texten alle möglichen Materialien hinzugefügt, die mit ihr verbunden sind. Sie geben die Sache nicht direkt wieder, aber lassen sich die Realität dieser Zeiten besser vorstellen. Dies war mir sehr wichtig, denn die Geschichte des Alltagslebens ist für mich die interessanteste Historiografie – was sie gegessen haben, wo sie geschlafen haben, womit sie sich beschäftigt haben, welche Kleidung sie getragen haben usw. Auf meiner Suche bin ich auf einige interessante Beschreibungen von Reisenden gestoßen, die nie ins Polnische übersetzt wurden, darunter ein paar, deren Autoren sich sehr nahe von Michelsbaude aufgehalten haben, vielleicht sogar dort eine Pause gemacht haben. Das war ein weiterer Moment mit beinahe metaphysischem Schauder – das Innere der Baude mit den Augen von einer Person, die vor 200 Jahren gelebt hatte, dank der Literatur und Deduktion, zu sehen; solche Einzelheiten entdecken wie “Morgens wurde der Kaffee in einer Bunzlauerkanne serviert” und dies in solch großem zeitlichen Abgrund – einfach unglaublich.

Wie war das Wirtshaus?

So arm, wie man sich das nur vorstellen kann. So wie das Isergebirge klischeehaft für den ärmsten Cousin des Riesengebirges gehalten wird, so war die Michelsbaude die ärmste Verwandte von anderen Plätzen dieser Art – z.B. des in der Nähe liegenden Wirtshauses Schneider in Orle / Karlsthal oder der von einer hier wichtigen Familie Adolph geführter Neuen Schlesischen Baude (Nowa Śląska Buda) also der Berghütte auf der Grenzwiese / Hala Szrenicka. Sie war nicht nur als ein “einfaches Wirtshaus” beschrieben (so wurde auch das Wirtshaus Izerski Młyn / Isermühle bei der Brücke über dem Lämmerwasser/ Jagnięcy Potok beschrieben), aber sogar als “sehr einfaches Wirtshaus”. Laut einer Beobachtung aus dem Jahr 1903 “gab es in der Michelsbaude nichts außer Schnaps. Die Bewohner sind wegen ihres einsamen Lebensstils wortkarg und mürrisch”. Dies war aber schon die Endetappe, kurz vor dem physischen Existenzende der Hütte, das wahrscheinlich 1908 stattfand. Sieben Jahrzehnte früher, also 1832 schrieb man so: “[…] ich bin glücklich an die einsame Michelsbaude angekommen, die mir aus dem Hohen Iserkamm / Wysoki Grzbiet Martin gezeigt und für Mittagessen empfohlen wurde”. Während der ersten hundert Jahre ihres Bestehens war die Michelsbaude mit dem Glaserhandwerk verbunden – bis die Straße nach Jakobsthal / Jakuszyce um 1850 gebaut worden ist, verlief hier auf den Rücken der Gepäckträger die ganze Produktion aus Orle / Karlsthal und Dolina Nadziei / Hoffnungstal, hier zogen wichtige Gäste, die die Glashütten besichtigen wollten, vorbei, genau wie Glashütteneigentümer und -arbeiter, die eng mit der sehr interessanten Geschichte der europäischen Glasproduktion verbunden waren. Der Kurier musste mit der Probe des ersten nordeuropäischen Millefioriglases, dessen Technologie in dem Hoffnungstal im Sommer 1833 ausgearbeitet worden ist, was ein Ende des Monopols des venezianischen Murano gesetzt hatte, an der Michelsbaude vorbeigefahren sein. Wer weiß, ob er die kostbare Ware aus dem Koffer nicht rausgenommen hatte, um auf die Versammelten Eindruck zu machen. Das Wirtshaus stand an der Alten Zollstraße / Stara Droga Celna und war höchstwahrscheinlich am Anfang ein Forsthaus, dass mit der Zeit Alkoholausschank angeboten hatte, denn das brauchten die Träger, die von Orle / Karlsthal nach SzklarskaPoręba / Schreiberhau einige Stunden marschieren mussten. Auf diesem Weg gab es keine andere Möglichkeit, etwas zu trinken.

In den Mauern von Michelsbaude waren die unterschiedlichsten Menschen…

O ja, eine gute Bemerkung, für die ich dankbar bin. Zweifellos haben sich hier die unteren Gesellschaftsschichten mit den höheren gemischt, also Räuber, Fuhrmänner, Kohlenhändler und Holzfäller mit den Gläsern (Malern, Goldschmieden, Schleifern usw., die zwischen Schreiberhau und den Hütten hin und her gefahren sind) – obwohl sie schon den höheren Klassen angehört haben – und mit den Elitten also den Hüttenbesitzern und Direktoren, und ihren Gästen, wie der Botschafter der USA in Preußen, der zukünftige Präsident, seine Exzellenz John Quincy Adams.

Indem sie über Michelsbaude schreiben, sprechen sie auch das Thema der deutsch-polnischen Kultur an.

Das ist ein sehr wichtiger Aspekt dieser Sache, vor allem für jemanden, der in Warschau großgezogen wurde, mit ihrem aufständischen Ethos, dem Trauma, ohne materielle Sicherheit für die Zukunft, für jemanden, der in den 70ern großgezogen wurde und viel durchdenken und verarbeiten musste, um zu dem Schluss zu kommen, dass er in die deutsche Sprache und Kultur hinein dringen will, deutsche Vor- und Nachnamen hören will und mit der deutschen Sprache etwas zu tun haben will usw. Am Anfang war es gar nicht so selbstverständlich. Aber wichtiger als die persönlichen und geschichtlichen Umstände ist die Tatsache, dass dank der Landschaft, dank konkretem Platz, die Polen und Deutschen die Möglichkeit haben, einen Dialog miteinander zu führen. Dies scheint am wichtigsten zu sein, und deshalb freue ich mich, dass ich als Übersetzer hier eine Brücke zu schlagen helfen kann, was eine weitere Domäne von Merkur ist. Ich finde, dass eines Tages auf dem Michelsbaudeplan ein Gedenktreffen für Polen, Deutsche und Tschechen veranstaltet werden könnte, um sich so am Dialog zu beteiligen, die Möglichkeit zu geben, einfach miteinander zu sprechen.


Wielka Izera / Gross Iser, vor 1938 | foto: aus der Sammlung von Wratislaviae Amici – www.polska-org.pl

Als sie an dem Buch gearbeitet haben, mussten sie bestimmt auch über die potenziellen Leser denken. Wen wird ihre Veröffentlichung am meisten interessieren?

Eigentlich habe ich mir darüber nicht viele Gedanken gemacht, ich sah mich viel mehr als Medium, das eine Geschichte erzählt, die erzählt werden wollte. Sie kann jeden Leser ansprechen, weil sie handlungsreich und offen ist, und stellt mehr Fragen, als sie Antworten gibt. Wer Mal in Jakobsthal / Jakuszyce Ski gelaufen ist, fuhr sehr wahrscheinlich durch die Hirschwiese vorbei – damit sind wir bei einer sechsstelligen Leserzahl.

Wie schwer war es an bestimmte Quellentexte zu kommen? Was war für sie die größte Herausforderung?

Am schwierigsten war die Umwandlung des ersten Essays in ein Buch – also das Prüfen aller Quellen, Zitate, Daten, Namen, Titeln, Umlaute usw. – nachdem ich die Geschichte losgeworden bin, also als ich die erste Euphorie schon hinter mir hatte. Dieser mühsame Prozess gelang nur dank Unterstützung und Engagement guter Menschen. Ich kann nur verraten, dass die Endfassung die Nummer 14 hat. Denken Sie daran, dass an meiner Seite keine Institution steht. Sehr schwer fiel mir am Anfang das Nachgehen der persönlichen Konnektionen, es dauerte einige Monate, bis ich mir im Kopf die Ereignisse, Geburten und Tode geordnet habe. Probleme gab es anfänglich auch mit dem Verstehen von deutschsprachigen Notizen. Indem ich aber bemerkte, dass die Affirmationen über das Finden des eigenen Wegs angefangen haben zu wirken, dass ich mir meinem Weg quasi ausgetreten habe, was ich auch physisch meine, biss ich in das Ganze gierig und leidenschaftlich hinein und begann somit selbst aus dem Deutschen zu übersetzen. Große Hilfe leistete die Germanistin Jowita Selewska, die auch Mitautorin des Buches ist und deren Rolle ich an dieser Stelle unterstreichen will.

 

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Um “Michelsbaude. Historia nieistniejącej izerskiej gospody” herauszugeben, haben Sie ihren eigenen Verlag gegründet. Woher kam dieser Entschluss? Haben Sie versucht, das Buch woanders zu veröffentlichen?

Als Übersetzer, der seit 15 Jahren mit Werkverträgen gearbeitet hatte, spürte ich, dass die Zeit kam, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Ich habe die Energien verbunden und, während eines Spaziergangs am Wilden Mann / Dziki Potok, nicht weit von Michelsbaude entfernt, habe ich mir den Namen ausgedacht. Ich habe es schnell geprüft, numerologisch war er ideal, und so habe ich den ersten Schritt in Richtung, ein Verleger zu werden, gemacht. Ich habe mich natürlich früher hier und dort erkundigt, aber ich wollte die kreative Kontrolle über das Projekt haben und solchen Leckerbissen nicht aus den Augen verlieren.

Der Veröffentlichungsprozess ist bestimmt nicht einfach. Auf welche Hindernisse sind sie noch gestoßen?

Eigentlich habe ich darüber schon vorhin gesprochen, es handelt sich um die ganze Redaktionsarbeit. Die Vorbereitung zum Druck war schon einfacher, obwohl ich auch einige Nüsse knacken musste. Dank guter Menschen –  hier muss ich Jacek “Ponton” Jankowski (DTP) und Arkadiusz Makowiecki (Umschlag) erwähnen – hat es geklappt.

Ich zitiere noch mal ihre Worte: “Diese Geschichte dauert weiter, sie hat erst begonnen”. Meinten Sie damit die Geschichte von Michelsbaude oder ihr Abenteuer mit dieser Geschichte?

Es geht um die Geschichte von Michelsbaude – dass sie sich entwickelt, dass wir noch viele Sachen nicht wissen, obwohl wir die Chance haben, es zu erfahren – angefangen von ihrem Aussehen. Es gibt noch Dutzende andere Quellen, die man nicht durchsucht hatte – Privatarchive, Familienandenken und Erinnerungen, Fotosammlungen… Ich weiß, dass wir eine Stecknadel im Heuhaufen suchen, aber das macht die Sache umso interessanter.


Izera / Groß-Iser | Foto: Marcin Wawrzyńczak

Haben Sie noch irgendwelche andere Leerstellen auf der Landkarte des Isergebirges gefunden? Spuren anderer außerordentlicher Plätze, dessen Geschichte Sie erzählen möchten?

Die Spuren von anderen ehemaligen Wirtshäusern im Isergebirge sind noch manchmal gut zu sehen, aber ich habe den Eindruck, dass die Michelsbaude sich in einer anderen Liga befindet – in einer epischen, heroischen, mythischen Liga, die etwas von Borges und etwas von “Dem Tal der Issa” von Czesław Miłosz hat. Dabei kommt man nicht an Präsidenten, Geheimnisse von Glas, Jan Kasprowicz, Ida Orloff, die Gebrüder Hauptmann nicht vorbei. Die Michelsbaude ist etwas mehr als nur eine einfache Hütte und ein Wirtshaus für Reisende. Aus irgendeinem Grund beflügelte sie die Fantasie und inspirierte viel mehr, als andere Bauten dieser Art – und so blieb es bis heute. Vielleicht liegt es daran, dass sie die einsamste Hütte im ganzen Gebirge war und das sie noch “in der alten Welt” zugrunde ging.

Sie sind jetzt auf der Promotionsetappe ihres Buches. Haben Sie darüber nachgedacht, es ins Deutsche zu übersetzen?

Da es sich im größten Teil aus Zitaten aus deutschsprachigen Quellen zusammensetzt, würde es eine neue Konzeption brauchen, aber es ist schon möglich und ich hoffe, dass es zu einer deutschen Veröffentlichung kommt – wenn auch nur wegen der Entdeckung von “Anna aus Michelsbaude” in “Der versunkenen Glocke. Ein deutsches Märchendrama” von Gerhart Hauptmann, einem Motiv, das den Wissenschaftlern entgangen ist, und wegen des Schlüsselabschnitts bei John Quincy Adams und “Bauden-Roberta”. Dies alles sind Fußnoten zu einem kleinen Abschnitt der deutschen Kulturgeschichte, aber sie enden bei den Nobelpreisträgern.

Was haben Sie sich für dieses Jahr vorgenommen?

Ich will das Buch “Podróżnicy w Górach Olbrzymich” (dt. Reisende im Riesengebirge” – eine Anthologie von Quellentexten mit Berichten von Augenzeugen aus dem Isergebirge und Riesengebirge um 1733-1929 veröffentlichen, wobei besonders viel Interesse der mir nahen Umgebung von Szklarska Poręba /Schreiberhau und Świeradów-Zdrój / Bad Flinsberg geschenkt wird. Ich habe bereits die mehr oder weniger großen Textabschnitte von ca. 20 Autoren übersetzt und mich dabei statt an Sehenswürdigkeiten, mehr auf das Alltagsleben und Realien der Epoche konzentriert. Die Texte wurden noch nie ins Polnische übertragen, obwohl sie unser Wissen darüber erweitern, wie die Menschen gelebt haben und im Iser- und Riesengebirge vor 100-200 Jahren gewirtschaftet haben. Sie werden bestimmt auch für die gegenwärtigen deutschen Leser interessant sein, vor allem für diejenige, denen die Sudeten nahe stehen. Aus diesem Grund plane ich eine zweisprachige Veröffentlichung, drücken sie bitte die Daumen.

In Vorbereitung ist auch “Leśny rewir Orle oraz kolonie Tkacze i Domy nad Kobyłą” (dt. Waldrevier Karlsthal und die Weberkolonien und die Kobelhäuser”. Es handelt sich um ein kleines Büchlein mit der Kopie einer 120 Jahre alten Landkarte, die bestimmt für alle Skiläufer, Radfahrer und Wanderer in der Gegend um Jakobsthal / Jakuszyce, Karlsthal / Orle, die Siedlung Groß-Iser / Izera und der Grube Stanisław interessant wird. Es ist eine Art Reiseführer, der an geschichtlichen Namen und Ortschaften orientiert ist.

Was die kurzfristige Pläne angeht, möchte ich gerne festlegen, wo sich die Tagebücher Carl Hauptmanns befinden. Ich will wissen, welchen Weg die Gebrüder Hauptmann mit ihren Ehefrauen am 3. Juli 1890 gegangen sind, als sie während eines Ausflugs aus Bad Flinsberg / Świeradów Zdrój nach Bad Warmbrunn / CiepliceŚląskie-Zdrój Schreiberhau / Szklarska Poręba entdeckt haben, was ihr Leben später verändern sollte. Es ist wohl möglich, dass sie an einer einsamen Berghütte vorbeigegangen sind…

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