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Deutsch-Polnisches Forum hat gezeigt, wo wir stehen

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(Ein Kommentar von Daniel J. Lemmen)

 

Oftmals sagen Bilder mehr als tausend Worte. Dies gilt möglicherweise auch für das 18. Deutsche-Polnische Forum, das am 19. April in Warschau stattfand. In den veröffentlichen Fotos des polnischen Außenministeriums findet sich ein Bild, das unmittelbar zu Beginn der Veranstaltung geschossen wurde. Wir blicken in der ersten Reihe ausschließlich in skeptische, besorgte, ernüchternde und verstimmte Gesichter. Beide Außenminister blicken gemeinsam – wenn auch nicht ohne Sorgen – nach vorne. Während auf dem vorausgegangenen Forum allerdings Außenminister Frank-Walter Steinmeier und sein Amtskollege Grzegorz Schetyna demonstrativ nebeneinander Platz nahmen, war die klaffende Lücke zwischen Steinmeier und dem neuen polnischen Außenminister Waszczykowski auf dem diesjährigen Treffen allerdings nicht zu übersehen. Die Platzanordnung der beiden Diplomatiechefs ist weniger als Fehler zu sehen, sondern vielmehr als ein nicht geplanter symbolischer Ausdruck dessen, wie man derzeit zueinander steht. 

Ebenso bemerkenswert ist ein Blick auf den polnischen Außenminister und seinen Botschafter in Berlin. Die Stimmung zwischen dem diplomatischen Vertreter Polens und seinem Warschauer Dienstherren ist nicht nur auf Grund einer unterschiedlichen Sichtweise der Beziehungen zu Berlin gestört. Vor wenigen Wochen wurde bekannt, dass Waszczykowski unter anderem seinen Botschafter in der deutschen Hauptstadt darüber informiert habe, dass er bald durch einen Nachfolger ersetzt würde.

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Das Foto beschreibt die Stimmung des Forums im Allgemeinen sehr gut, denn sie war nicht die beste – zumindest war sie sehr angespannt. Vergleicht man dieses Forum mit dem Vorausgegangenen konnte selbst der ungeübte Teilnehmer feststellen, dass die Beziehungen grundlegend belastet sind. Während man noch auf dem Deutsch-Polnischen Forum 2014 einen sehr herzlichen Umgang miteinander pflegte und einen den deutschen Außenminister auf Schritt und Tritt folgenden Amtskollegen Grzegorz Schetyna sehen konnte, war das Verhältnis zwischen Steinmeier und Waszczykowski auf dem aktuellen Treffen eher als (in weiten Teilen) höflich und diplomatisch zu beschreiben.  Darüber half auch nicht die gegenseitige Anrede der beiden Minister als „lieber Witold“ und „drogi Frank-Walter“ hinweg.

 

Waszczykowski trug seine Rede ohne Elan vor. Es wirkte als absolvierte er ein Pflichtprogramm, zu dem ihm die Begeisterung jedoch fehlte. Steinmeier entschuldigte beide später damit, dass man bis in die frühen Morgenstunden miteinander gesprochen habe. Ob es nun am fehlenden Schlaf oder einem generellen Mangel an Enthusiasmus für die derzeitigen Beziehungen lag, ist unklar. Klar hingegen war die Kritik des Warschauer Chefdiplomaten an angeblichen Versäumnissen der deutschen Seite im Hinblick auf eine Unterstützung der Polonia in Deutschland.

Steinmeier fiel während seiner Rede vor allem durch zwei Bemerkungen auf. Er erinnerte an den „Beginn der deutsch-polnischen Beziehungen“ vor mehr als 1000 Jahren, als der römisch-deutsche Kaiser Otto III. zum Grab des Heiligen Adalbert (Św. Wojciech) in Gnesen (Gniezno) pilgerte. Dort traf er auf den Piasten-Fürsten Boleslaus den Tapferen (Bolesław Chrobry). Besiegelt wurde jenes historische Treffen, das als Akt von Gnesen bekannt ist, wahrscheinlich mit einem „deftigen Fest-Gelage“, das „jedenfalls nicht vegetarisch“ gewesen sei. Steinmeier spielte mit dieser Bemerkung auf eine Aussage Waszczykowskis an, der Anfang des Jahres eine vermeintliche „Welt aus Radfahrern und Vegetariern“ kritisierte. Die Äußerung des deutschen Außenministers hatte einen Teil der deutschen Gäste mit ihren Lachern auf seiner Seite. Vielen polnischen Vertretern konnte sie lediglich ein müdes bzw. höfliches Lächeln abgewinnen. Es war, der gescheiterte Versuch, die Stimmung zwischen beiden Partnern zu verbessern.

Auch die deutsche Seite zeigte Kritik an Polen. Steinmeier erinnerte an die Verfassung vom 3. Mai 1791, die als eine der ersten modernen Verfassungen weltweit gilt. Sie enthielte „die Prinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung“. Diese seien „tiefverwurzelte polnische und europäische Verfassungsprinzipien“. Daran sollte man festhalten. Dies war eine für die polnische Seite deutlich wahrnehmbare Kritik am Vorgehen um das Verfassungsgericht in Polen.

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Natürlich erinnerten beide Außenminister ebenfalls an das Verbindende, vor allem an den bevorstehenden 25. Jahrestag des gemeinsamen Nachbarschaftsvertrags. Beide gaben sich große Mühe sich als gute Nachbarn zu präsentieren. Dennoch war – vor allem im Vergleich zu früheren Veranstaltungen dieser Art – die Tatsache eines sich veränderten Verhältnis deutlich spürbar.

Interessant war ein Satz des deutschen Außenministers, wonach Regierungen kämen und gingen, es aber die Völker seien, die eine Freundschaft prägten. Der Tenor dieser Aussage fand sich auch in zahlreichen Gespräche mit deutschen Vertretern auf dem Deutsch-Polnischen Forum wieder. Dort hieß es nicht selten, dass man die nächsten maximal vier Jahre einfach aussitzen müsse, bis dann eine deutschlandfreundliche Gruppierung zurück an die Macht käme.

Ein fataler Trugschluss. Würde man nach diesem Credo handelt, wären die nächsten Jahre verlorene Jahre. Dies wäre nicht nur bedauernswert im Hinblick auf die anstehenden Jubiläen (neben dem Nachbarschaftsvertrag, feiern wir auch 25 Jahre Deutsch-Polnisches Jugendwerk und Weimarer Dreieck). Das gemeinsame europäische Haus steht derzeit vor schwierigen Problemen und Herausforderungen, die auch eine starke polnisch-deutsche Zusammenarbeit benötigen. Steinmeier hat Recht, wenn er sagt, dass die deutsch-polnischen Beziehungen vor einer „Reifeprüfung“ stehen. Ein bloßes Aussitzen von bilateralen Problemen ist allerdings kein Ausdruck von Reife. Das diesjährige Forum diente hierbei vielleicht weit weniger zur wirklichen Lösung von bestehenden Problemen, als vielmehr zu einer realistischen Feststellung des Status-Quo zwischen Berlin und Warschau.

 

 

FOTO: MSZ/Twitter

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